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Preisanstieg

Teurere Versicherung: Autofahrer haben jetzt Sonderkündigungsrecht

Viele Autoversicherungen werden teurer, weil auch die Werkstattkosten immens gestiegen sind.

Viele Autoversicherungen werden teurer, weil auch die Werkstattkosten immens gestiegen sind. Foto: Arnulf Stoffel/Deutsche Presse-Agentur GmbH/dpa

Mittlerweile dürfte jeder Autofahrer wissen, wo er oder sie 2025 bei ihren Versicherungskosten liegen. Was wenige wissen: Wird‘s teurer, greift eine Sonderregelung.

Von Redaktion Donnerstag, 28.11.2024, 10:12 Uhr

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Landkreis. Auch im Dezember können die meisten Autofahrer noch ihre Kfz-Versicherung wechseln. Darauf weist der ADAC hin. Grund dafür seien die Prämienerhöhungen vieler Versicherer. „Wird der Beitrag für die Kfz-Haftpflicht, die Teilkasko oder die Vollkasko zum neuen Jahr erhöht, ohne dass der Leistungsumfang steigt, gilt nämlich ein Sonderkündigungsrecht“, teilt der ADAC mit.

Für Autofahrer, die ihre Kfz-Versicherung wechseln wollen, ist zumeist der 30. November der Stichtag für die Kündigung. Da das Datum in diesem Jahr auf einen Sonnabend fällt, läuft die Kündigungsfrist allerdings erst am 2. Dezember ab. Ob die Kfz-Versicherung teurer wird, zeigt sich in der Jahresbeitragsrechnung. Ist das der Fall, gilt das Sonderkündigungsrecht ab Erhalt der Rechnung einen Monat lang. „Gekündigt werden sollte schriftlich und mit Angabe des Grundes, also der Beitragserhöhung“, so der ADAC.

Verivox: Rekordpreiserhöhungen in der Autoversicherung

Die Autoversicherung 2025 wird im Allgemeinen teuer wie nie. Laut Kfz-Versicherungsindex des Vergleichs- und Maklerportals Verivox kosten Neuverträge derzeit fast ein Viertel (24 Prozent) mehr als vor einem Jahr. Das ist der Schnitt für alle drei Arten der Autoversicherung: Haftpflicht sowie Teil- und Vollkasko. Ursache ist laut Verivox der starke Anstieg von Ersatzteilpreisen und Werkstattkosten.

Die Preise für Vollkasko-Tarife haben demnach mit einem Plus von 25 Prozent am stärksten angezogen. Die Autohaftpflicht ist demnach 23 Prozent teurer als im Oktober 2023, Teilkasko 22 Prozent. Die Haftpflicht als gesetzlich vorgeschriebene Basisvariante zahlt nur für Schäden, die Autobesitzer an anderer Menschen Hab und Gut verursachen. „Kasko“ - abgeleitet vom italienischen Wort für „Helm“ - deckt hingegen auch Schäden am eigenen Fahrzeug. Auswertungszeitraum war 1. bis 25. Oktober. Im Zwei-Jahres-Vergleich sind Kfz-Versicherungsverträge laut Verivox sogar 40 Prozent teurer als im Herbst 2022.

Ein Besipiel: Für einen durchschnittlichen Autoschaden in der Kfz-Haftpflichtversicherung stiegen die Reparaturkosten von rund 2700 Euro im Jahr 2017 auf etwa 4000 Euro im vergangenen Jahr.

Schwerpunkt der Schnäppchenjagd: Nicht billiger, sondern weniger teuer

Das Unternehmen berechnet den Index gemeinsam mit dem Statistik-Experten Wolfgang Bischof von der Technischen Hochschule Augsburg. Die Zahlen beziehen sich ausschließlich auf den Abschluss neuer Policen, nicht auf die ebenfalls teurer werdenden Bestandsverträge. Alljährlich im November und Dezember wechseln Millionen Autobesitzer in Deutschland auf der Suche nach günstigeren Tarifen ihre Kfz-Versicherung. Schon im vergangenen Jahr ging es bei der alljährlichen Schnäppchenjagd weniger darum, eine billigere Versicherung zu finden, als den Preisanstieg etwas abzumildern.

Versicherer schreiben Milliardenminus mit Kfz-Policen

Nach Prognose des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wird die Branche in diesem Jahr bis zu zwei Milliarden Euro Defizit mit Kfz-Policen machen. Nach einer GDV-Hochrechnung aus dem September werden die Kfz-Beitragseinnahmen auf rund 33,6 Milliarden Euro steigen, die Kosten jedoch auf eine noch höhere Summe zwischen 34,9 und 35,6 Milliarden Euro. Bereits 2023 hatten die Kfz-Versicherer laut GDV mit Kfz-Policen einen Verlust in Höhe von mehr als drei Milliarden Euro hinnehmen müssen. Der GDV beklagt seit Jahren, dass die Kostensteigerungen für Autoreparaturen weit über der allgemeinen Inflationsrate liegen. Ein wesentlicher Faktor dabei sind die immer teurer werdenden Ersatzteile, ein zweiter die Werkstattkosten.

Ob und wie häufig Autofahrer die Kfz-Versicherung wechseln, ist offenbar auch altersabhängig. Wie eine Umfrage der ADAC Autoversicherung zeigt, entscheiden sich Frauen und Männer mittleren Alters besonders häufig für einen Versicherungswechsel. Während unter allen Autofahrern jeder Zweite (54 Prozent) in den letzten fünf Jahren die Kfz-Versicherung gewechselt hat, waren es in der Altersgruppe zwischen 30 und 49 Jahren sogar zwei von drei Autofahrern (65 Prozent), knapp die Hälfte dieser Wechsler sogar mehrfach.

Preiserhöhungen auch 2026 wahrscheinlich

„Ein Ende der Teuerungen ist noch nicht in Sicht und auch im kommenden Jahr werden die Preise weiter steigen“, sagte Wolfgang Schütz. „Die Versicherer werden voraussichtlich bis 2026 ihre Prämien anpassen, um wieder in die Gewinnzone vorzurücken.“ Grundlage der Daten sind die Angebote der an die 40 Versicherer, die ihre Verträge auf Verivox vertreiben.

Kfz-Versicherung: Tipps für eine günstigere Police

Tipp 1: Umstieg auf Teilkaskoschutz prüfen

Um an der Prämie zu sparen, kann man beispielsweise prüfen, ob die oftmals teurere Vollkaskoversicherung für das Fahrzeug noch sinnvoll ist oder ob sich der Umstieg auf einen Teilkaskoschutz lohnt. „Hier ist aber Vorsicht geboten, denn bei guter Schadenfreiheitsklasse kann die Vollkasko- günstiger sein als die Teilkaskoversicherung“, sagt Julia Alice Böhne vom Bund der Versicherten.

Tipp 2: Kilometerleistung anpassen

Beim Abschluss einer Kfz-Versicherung müssen Autofahrerinnen und Autofahrer angeben, wie viele Kilometer sie im Jahr fahren. Wer 12.500 Kilometer angegeben hat, die tatsächliche Kilometerzahl aber nur bei 7.000 lag, sollte dies dem Versicherer mitteilen und den Vertrag anpassen lassen.

„So kann man die Kosten für die Kfz-Police um durchschnittlich 14 Prozent senken“, sagt Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur von Verbraucherportal „Finanztip“. Das Anpassen der Kilometerleistung ist ihm zufolge oft rückwirkend fürs aktuelle Jahr möglich, einen neuen Vertrag müssen Versicherungsnehmer dann nicht abschließen.

Tipp 3: Selbstbeteiligung erhöhen

Um weniger zu zahlen, kann man auch die Selbstbeteiligung erhöhen. „Wichtig ist darauf zu achten, dass die Höhe der gewählten Selbstbeteiligung einen im Schadenfall nicht finanziell überfordert“, sagt Julia Alice Böhne. Empfehlenswert ist ein Selbstbehalt von 150 bis 300 Euro in der Teilkasko- und 300 bis 1.000 Euro in der Vollkaskoversicherung.

Tipp 4: Garagenrabatt nutzen

Wird das Auto inzwischen – anders als bei Abschluss der Kfz-Versicherung – nachts in einer Garage geparkt? Dafür gewähren viele Versicherer einen Rabatt. Daher sollte man den neuen nächtlichen Abstellort für den Pkw unbedingt dem Versicherer mitteilen, so Böhne. Der Rabatt, der bei fünf Prozent liegen kann, gilt für Einzel-, Doppel-, Sammel- und Tiefgaragen. Wer den Pkw in einem Carport unterstellt, kann ebenfalls mit einem Rabatt rechnen.

Tipp 5: Fahrerkreis verringern

Hat das Kind inzwischen ein eigenes Auto und nutzt nicht mehr das elterliche Fahrzeug? Das wirkt sich positiv auf den Kfz-Versicherungsbeitrag der Eltern aus: „Das bringt eine Ersparnis bis zu durchschnittlich 48 Prozent“, sagt Hermann-Josef Tenhagen.

Tipp 6: Werkstattbindung vereinbaren

Viele Versicherer bieten Rabatte bei Vereinbarung einer Werkstattbindung an – häufig um die 20 Prozent. Dadurch verpflichtet man sich, das Auto nach einem Kaskoschaden in einer vom Versicherer vorgeschriebenen Werkstatt reparieren zu lassen. Allerdings: Ist das Auto geleast, kreditfinanziert oder ein Neuwagen, ist Vorsicht geboten. „Möglicherweise hat man sich gegenüber dem Kredit- oder Leasinggeber verpflichtet, das Auto nur in vom Hersteller autorisierten Werkstätten reparieren zu lassen“, sagt Julia Böhne.

Tipp 7: Zahlweise umstellen

„Von Vorteil ist, den Beitrag für die Autoversicherung einmal im Jahr zu bezahlen“, sagt Hermann-Josef Tenhagen. Wer die Zahlweise von monatlich auf jährlich umstellt, spart laut „Finanztip“ bis zu durchschnittlich acht Prozent bei der Police.

Tipp 8: Preisnachlass bei mehreren Versicherungen

Wer bei einem Anbieter bereits zwei Versicherungen hat, kann einen Rabatt aushandeln, wenn er oder sie eine dritte Versicherung – etwa eine Kfz-Versicherung – abschließt.

Tipp 9: Sparen mit der Bahncard

Manche Versicherer gewähren bei der Kfz-Versicherung einen Rabatt, wenn Versicherungsnehmer eine BahnCard haben. Der Preisnachlass kann laut Tenhagen bis zu zwei Prozent betragen. Damit wollen Anbieter Autofahrer belohnen, die aus Klimaschutzgründen ihr Fahrzeug auch mal stehenlassen und auf die Bahn umsteigen.

Tipp 10: Sonderkündigungsrecht wahrnehmen

Mitunter kommt es vor, dass Versicherer eine Preiserhöhung bei der Kfz-Versicherung erst Ende November eines Jahres schicken – offenbar in der Erwartung, dass der Versicherungsnehmer oder die Versicherungsnehmerin dies hinnimmt. Aber: „In einem solchen Fall haben Versicherungsnehmer ein Sonderkündigungsrecht“, so Tenhagen. (dpa/tmn/tip)

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