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Handwerk

TTraditionsbäckerei verschwindet: Bäckermeister gibt gefrustet auf

Jetzt landet der Bäckerofen auf dem Schrott: Daniel Bräseke hat seine Bäckerei in Stotel aufgegeben.

Jetzt landet der Bäckerofen auf dem Schrott: Daniel Bräseke hat seine Bäckerei in Stotel aufgegeben. Foto: Hansen

Die Burgbäckerei in Stotel existiert nicht mehr. Daniel Bräseke hat den Betrieb aufgegeben. Dabei hatte der Bäckermeister das Geschäft vor ein paar Jahren mit großen Ambitionen übernommen.

Von Inga Hansen Sonntag, 26.01.2025, 14:55 Uhr

Stotel. Wer wissen möchte, was im deutschen Handwerk schiefläuft, muss nach Stotel schauen. Dort hat gerade ein 34-jähriger Bäckermeister, der seinen Job mit Leib und Seele betrieben hat, die Brocken hingeworfen. Daniel Bräseke hat die alteingesessene Burgbäckerei aufgegeben. Weil ihm eine Verdoppelung der Miete drohte und sich das Geschäft schlicht nicht mehr gelohnt hätte.

Dabei gehörte der 34-Jährige zu den Hoffnungsträgern des bedrohten Bäckerhandwerks. Er war 2016 eigens aus Brandenburg an die Nordseeküste gekommen, um seinen Traum zu verwirklichen – eine eigene Bäckerei zu betreiben. Dafür scheute er weder die 300 Kilometer in die Heimat noch Zehn-Stunden-Tage. Jetzt gibt er auf. „Das haut nicht mehr hin in Deutschland“, sagt der Bäckermeister resigniert.

Der Backofen landet auf dem Schrottplatz

Bräseke steht in der früheren Backstube an der Burgstraße. Den ganzen Tag lang hat er sie mit zwei Kumpels leergeräumt. Nur der große Backofen steht noch in Teilen da, vor acht Jahren für 30.000 Euro erstanden. Damals war der alte Backofen kaputtgegangen, erzählt Bräseke, ein neuer musste her. „Und jetzt landet er auf dem Schrottplatz“, sagt er.

Da war noch alles gut: 2016 hat Daniel Bräseke die kleine Bäckerei in Stotel übernommen.

Da war noch alles gut: 2016 hat Daniel Bräseke die kleine Bäckerei in Stotel übernommen. Foto: Archivfoto Grotheer

Den Frust darüber lässt er nicht so recht hochkommen, Gefühle schon gar nicht. Lieber fängt er an, die schweren Metallplatten auf den Anhänger zu schleppen. 25 Jahre jung war Bräseke, als er vor neun Jahren ins Cuxland kam. Ein Inserat im Internet hatte ihn gelockt. Stotels Bäcker Karl-Heinz Beckmann suchte damals händeringend einen Nachfolger. Beckmanns Vater hatte die Backstube in Stotel 1951 eröffnet, nun wollte der Sohn das Geschäft an den Nachfolger übergeben.

Für die Bäckerei von Prignitz nach Stotel gezogen

Nur den gab es nicht. Wie heute in so vielen Handwerksbetrieben fand sich in der Familie niemand, der den Betrieb weiterführen wollte. Da war Beckmann froh, als sich der junge Mann aus Prignitz für den Standort in Stotel interessierte.

Daniel Bräseke, der damals gerade die Meisterschule hinter sich gebracht hat, ergriff seine Chance. Ein Stück Brandenburg brachte er auch mit, die Prignitz-Semmel, mit Hartweizengrieß und Rapsöl. Vor allem aber brachte er Enthusiasmus mit. Bräseke hatte Pläne. Er baute den Lieferservice, den schon Beckmann angeboten hatte, kräftig aus und setzte sich jeden Morgen um 5 Uhr selber ans Steuer. Er begann, Schulen mit Brötchen zu beliefern, das Loxstedter Gymnasium, das Lloyd-Gymnasium, das Schulzentrum Carl von Ossietzky. Und träumte davon, an der Burgstraße ein eigenes Café zu eröffnen.

„Die Leute kaufen ihr Brot in der Stadt“

Doch das Dasein als Landbäcker blieb schwierig. Erst recht als durch den Ukraine-Krieg und die Inflation die Preise für Backwaren in die Höhe schossen. Das Aus für Bräsekes Lebenstraum kam abrupt. Nach dem Tod von Karl-Heinz Beckmann verkauften die Töchter das Haus. Und der neue Eigentümer, erzählt der Bäckermeister, wollte plötzlich das Doppelte an Miete. „Das warf der Laden nicht ab.“

Ende Dezember zog Bräseke die Reißleine. Schweren Herzens, wie er gesteht. „Doch es macht keinen Spaß mehr“, sagt er. Das Dorf, erzählt er, habe zu wenig bei ihm eingekauft, „die besorgen ihr Brot in der Stadt“. Dazu komme immer mehr Bürokratie. Mehr Auflagen, neue Deklarationspflichten, immer öfter Ärger mit dem Finanzamt. Dann noch die Nachricht, dass sein kleiner Betrieb die Corona-Hilfen zurückzahlen muss. Dem 34-Jährigen reicht es: „Es werden einem nur noch Steine in den Weg gelegt.“ Am 1. Februar fängt Daniel Bräseke bei der Bäckerei Itjen in Cuxhaven-Sahlenburg an. Als Angestellter.

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