Trauriger Jahrestag: Appell und Dank von Landrat Seefried

Zwei Jahre Ukraine-Krieg: Landrat Kai Seefried ist dankbar für die Solidarität mit den Opfern des Angriffskrieges. Foto: Schmidt
Vor zwei Jahren, am 24. Februar 2022, begann Russland den Angriffskrieg auf die Ukraine. Ein Krieg, dessen Auswirkungen schnell im Landkreis Stade spürbar waren – und es bis heute sind. Ein Überblick.
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Landkreis. Anlässlich des traurigen Jahrestages dankt Landrat Kai Seefried allen Menschen im Landkreis Stade, die sich solidarisch mit den Opfern des Krieges zeigen und die Aufnahme von Vertriebenen ermöglichen.
Rund sechseinhalb Millionen Ukrainer sind auf der Flucht, gut eine Million suchte Zuflucht in Deutschland. Mehr als 4500 Vertriebene wurden von der Ausländerbehörde des Landkreises registriert. Viele Menschen haben Wohnungen zur Verfügung gestellt und unterstützen die Vertriebenen. Gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz betreibt der Landkreis eine Erstaufnahmeeinrichtung in Ottenbeck.
Engagierte Menschen unterstützen die Vertriebenen
„Das alles funktioniert nur, weil es hier im Kreishaus, in den Rathäusern, beim Jobcenter, aber auch in der Zivilgesellschaft überall im Landkreis Stade unzählige engagierte Frauen und Männer gibt, die zupacken und die Vertriebenen unterstützen“, betont Seefried. Besonders berührend seien die Hilfstransporte aus dem Kreis Stade gen Ukraine.
Zusammen mit den Einsatzkräften von Feuerwehren und Hilfsorganisationen gab es auch mehrere Hilfskonvois unter der Schirmherrschaft des Landrates. Auf den Konten des Deutschen Roten Kreuzes und der Johanniter Unfallhilfe wurden Spenden gesammelt, um Einsatzfahrzeuge, Medizinprodukte und andere Hilfsgüter im Wert von mehr als 100.000 Euro überführen zu können.
Die Spendenkonten für weitere Hilfsaktivitäten
Grischa Kaflowsky ist so etwas wie das Gesicht der Ukraine-Hilfe im Landkreis geworden. Der ehemalige Offizier der Sowjetarmee, der in den 1990er Jahren beruflich in Kehdingen zu tun hatte, floh Ende Februar 2022 mit seiner Frau und den Enkelkindern nach Assel. Seither pendelt er zwischen dem Landkreis Stade und seiner Heimat, organisiert und begleitet Hilfstransporte für die Ukraine.

Landrat Kai Seefried im Gespräch mit Grischa Kaflowsky (links) und dem Leiter der Feuerwehr- und Rettungsleistelle, Wilfried Sprekels (rechts). Foto: Landkreis/Schmidt
- Spenden können weiterhin unter dem Stichwort „Ukraine-Hilfe Landkreis Stade“ auf folgende Konten eingezahlt werden: DRK-Kreisverband Stade Flüchtlingshilfe, IBAN: DE91241910151009334600 sowie Johanniter-Unfall-Hilfe - Regionalverband Bremen-Verden, IBAN: DE 16 3702 0500 0004 3107 18.
Kaflowsky ist derzeit noch zu Hause in einem Vorort von Kiew. Anfang März wird er wieder in den Landkreis reisen, um humanitäre Hilfsaktionen vorzubereiten. „Ich bin den Menschen im Landkreis Stade so unendlich dankbar für ihre Unterstützung“, sagt er mit Blick auf die Hilfstransporte in den vergangenen zwei Jahren. „Mit dem gespendeten Equipment konnten viele Menschenleben gerettet werden.“ Weitere Hilfe sei unbedingt nötig - vor allem, was medizinisches Gerät angeht. Denn viele Krankenhäuser seien zerstört, der Materialverschleiß sei hoch.
„Der Landkreis Stade steht weiterhin fest an der Seite der Opfer dieses furchtbaren Krieges“, sagt Landrat Seefried. „Wenn ein Ende des Krieges absehbar ist, werde ich dem Kreistag vorschlagen, eine Partnerschaft mit einer ukrainischen Region einzugehen.“
Bundesagentur für Arbeit
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Zwei Jahre Ukraine-Krieg: Opfer, Kosten und Waffen
Zehntausende Menschen sind ihm bereits zum Opfer gefallen. Der Krieg in der Ukraine hat Milliarden Euro gekostet. Ein Ende ist weiter nicht in Sicht. Zahlen und Fakten zum Krieg:
Zivile Opfer
Nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) haben in der Ukraine mindestens 10.000 Zivilisten, darunter mehr als 570 Kinder, ihr Leben verloren. Verletzt worden sind demnach etwa doppelt so viele Menschen. Rund vier von fünf Opfern wurden in den von der Regierung gehaltenen Gebieten registriert, die anderen in den von Russland besetzten.
Getötete Soldaten
Genaue Verluste unter Militärangehörigen werden von beiden Seiten geheim gehalten. US-Schätzungen vom Sommer 2023 gehen von 70.000 toten ukrainischen und 120.000 toten russischen Soldaten aus. Mitte Februar schätzt das US-Verteidigungsministerium die Zahl getöteter oder verwundeter russischer Soldaten auf 315.000.
Russische Invasion
Zwei Jahre Ukraine-Krieg: Schmerz und quälende Ungewissheit
Flucht und Vertreibungen
Schätzungen des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) zufolge sind seit Kriegsbeginn rund 6,5 Millionen Menschen aus der Ukraine ins Ausland geflohen. Weitere etwa 3,7 Millionen wurden innerhalb des Landes gewaltsam vertrieben. Nach jüngsten UNHCR-Erhebungen gehen 65 Prozent der ins Ausland Geflohenen davon aus, dass sie eines Tages in die Ukraine zurückkehren. Etwa ein Zehntel hat keinerlei Hoffnung darauf.
Gebiete
Russland hat bisher größere Gebiete im Osten und Südosten der Ukraine erobert. Knapp 20 Prozent des Landes, darunter die Schwarzmeer-Halbinsel Krim, sind besetzt. Im September 2022 erklärt Moskau gegen das Völkerrecht vier Regionen im Osten und Süden der Ukraine zu russischem Staatsgebiet: Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson. Aktuell verläuft die Frontlinie auf etwa 1000 Kilometern.
Zerstörungen und Schäden
Bis Ende 2023 ist in der Ukraine ein direkter Schaden von mindestens 152 Milliarden US-Dollar (rund 142 Mrd Euro) entstanden. Das geht aus einem Bericht von ukrainischer Regierung, Weltbank und Vereinten Nationen hervor. Es seien etwa 8400 Kilometer Autobahnen, Schnellstraßen und andere Nationalstraßen, mehr als 200 Bahnhöfe und 150 Eisenbahnbrücken beschädigt worden. Die Gesamtkosten für den Wiederaufbau werden derzeit auf mindestens 486 Milliarden Dollar in den kommenden zehn Jahren geschätzt.
Kriegskosten
Das US-Verteidigungsministerium beziffert Mitte Februar die bisherigen Kriegskosten Russlands auf 211 Milliarden US-Dollar (rund 195 Mrd Euro) für die Ausrüstung, den Einsatz und die Aufrechterhaltung der Militäroperationen. Im russischen Haushalt 2024 sind etwa 111 Milliarden Euro für Verteidigung vorgesehen. 1,3 Billionen Dollar kostet Moskau dem Pentagon zufolge das geringer als erwartet ausfallende Wirtschaftswachstum bis 2026. Für die Ukraine schätzen Experten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (ifw), dass der Krieg bis 2026 zu einem Verlust der Wirtschaftskraft von etwa 120 Milliarden Dollar führen wird. Kiew plant 2024 mit einem Wehretat von mehr als 40 Milliarden Euro.
Hilfen für die Ukraine
Nach ifw-Angaben belaufen sich die weltweit zwischen 24. Januar 2022 und 15. Januar 2024 bewilligten humanitären, militärischen und finanziellen Hilfeleistungen an die Ukraine auf mehr als 250 Milliarden Euro: rund 144 Milliarden Euro von den Staaten und den Institutionen der EU, 68,7 Milliarden von den USA, der Rest aus anderen Geberländern. Im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung liegt Russland-Anrainer Estland vorn: Er ging finanzielle Verpflichtungen in Höhe von 4,1 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts ein. Die deutschen Ukraine-Hilfen entsprechen etwa 1,1 Prozent der Wirtschaftsleistung, bei den USA sind es 0,3 Prozent.
Waffenlieferungen an Kiew
Die USA leisten dem ifw zufolge mit bisher 42,2 Milliarden den größten Beitrag zur Militärhilfe. Dahinter folgt Deutschland mit mindestens 17,7 Milliarden Euro, was in etwa einem Drittel der gesamten militärischen Verpflichtungen aus der EU entspricht. Bisher hat die Bundesrepublik etwa Flugabwehr-Systeme wie Iris-T SLM, Patriot und den Flakpanzer Gepard geliefert, außerdem Gefechtsfahrzeuge wie den Schützenpanzer Marder und den Kampfpanzer Leopard sowie Artilleriesysteme wie MARS II und die Panzerhaubitze 2000. Die Ukraine wünscht sich darüber hinaus die Lieferung von Marschflugkörpern vom Typ Taurus.
EU-Sanktionen gegen Moskau
Die mittlerweile 13 EU-Sanktionspakete gegen Russland beinhalten Strafmaßnahmen gegen rund 2000 Personen und Organisationen, darunter Russlands Präsident Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow. Mit ihnen dürfen keine Geschäfte gemacht werden. Zudem sind sie von Vermögenssperren betroffen und dürfen nicht in die EU einreisen. Es ist verboten, Diamanten, Rohöl, Kohle, Stahl, Gold, Kaviar, Wodka und Luxusgüter aus Russland in die EU zu importieren. Nicht mehr dorthin ausgeführt werden dürfen unter anderem Maschinen, Motoren, Kräne, Schaufellader oder Betonmischer.
Auch der Export von Bauteilen, die für Raketen oder Kampfhubschrauber genutzt werden können, ist verboten. Darunter fallen etwa Halbleiter, Speicherchips, Navigationstechnologie, aber auch Kugellager. (dpa/sal)