Zähl Pixel
Bilanz

TTrotz Flaute: Regionale Wirtschaft braucht immer mehr Arbeitskräfte

Helfende Hände werden in fast allen Branchen gesucht - auch bei den Betrieben zwischen Elbe und Weser.

Helfende Hände werden in fast allen Branchen gesucht - auch bei den Betrieben zwischen Elbe und Weser. Foto: Richard Vogel/AP/dpa

Die Wirtschaftsflaute zieht offensichtlich am Elbe-Weser-Dreieck vorbei. Am Arbeitsmarkt sind - noch - keine Auswirkungen zu spüren. Deutlich werden dagegen andere Fakten.

author
Von Lars Strüning
Samstag, 01.02.2025, 15:50 Uhr

Stade. Fakt ist, dass der Arbeitsmarkt in der Region Stade-Buxtehude wie auch in der ganzen Republik nicht ohne ausländische Arbeitskräfte auskommt. Hinter dieser amtlichen Feststellung durch Dagmar Froelich, Chefin der Agentur für Arbeit mit Sitz in Stade, steckt eine überraschend günstige Zahl.

Noch nie hatten so viele Menschen einen festen Job

Im vergangenen Jahr ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitskräfte in den Landkreisen Stade, Cuxhaven und Rotenburg gestiegen. Für diesen Bezirk ist die Stader Agentur zuständig. Sie zählte 178.565 Frauen und Männer. Innerhalb eines Jahres wuchs die Zahl um 1140 Personen an. Das heißt: Es werden immer mehr Beschäftigte gebraucht. Ein gutes Zeichen. Diesen Bedarf haben, so Froelich, zu 100 Prozent Menschen mit einem ausländischen Pass abgedeckt. „Die Zuwanderung bleibt ein wichtiges Thema, wenn wir unseren Standard halten wollen“, sagt die Agentur-Chefin.

Dass die Wirtschaft schwächelt, ist im Bezirk kaum spürbar. Froelich hat zwar eine sehr abwartende Haltung in den Betrieben ausgemacht, sagt aber auch: „Der Arbeitsmarkt in unserer Region ist robust und anpassungsfähig.“ Und das trotz dieser Bilanz: Hohe Energiepreise für das produzierende Gewerbe und die anhaltende Unsicherheit über die weitere Entwicklung des Ukraine-Krieges wirkten dämpfend auf die Konjunktur. Der übliche Frühjahrsaufschwung fiel vergleichsweise schwach aus und auch die Belebung nach den Sommerferien war eher verhaltend.

Im Landkreis Stade sogar weniger Arbeitslose

Die Arbeitslosenzahlen sind leicht gestiegen, um 2,2 Prozent zum Vorjahr. 2023 waren es noch gut 11 Prozent. Die Arbeitslosenquote lag 2024 bei 5,2 Prozent, derselbe Wert wie auch 2023. In Zahlen ausgedrückt: Im Jahresdurchschnitt waren 16.643 Personen bei der Agentur für Arbeit im Bezirk Stade arbeitslos gemeldet. Auf längere Sicht betrachtet, bewegt sich die Arbeitslosigkeit nach wie vor auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau, so Froelich. Im Landkreis Stade waren 6842 Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen, das entspricht einer Quote von 5,8 Prozent, ein minimaler Rückgang um 0,3 Prozent.

In der Behörde herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. So zählten die Mitarbeitenden der Agentur im vergangenen Jahr 37.000 Kontakte. Im Schnitt meldeten sich pro Werktag 143 Menschen arbeitslos und 142 wieder ab.

Der Arbeitsmarkt zeige sich dabei zweigeteilt. Auf der einen Seite stieg die Zahl der Langzeitarbeitslosen - länger als zwölf Monate ohne Job - um 10 Prozent, auf der anderen Seite werden Fachkräfte nach wie vor händeringend gesucht. Das liegt daran, dass ein Großteil der schwer am Markt Vermittelbaren keinen qualifizierten Berufsabschluss hat, den Arbeitgebern zu alt erscheint oder aber ein Handicap hat. Von den 6500 Menschen, die länger als 18 Monate arbeitslos sind, seien 70 Prozent ohne berufliche Qualifikation.

Agentur für Arbeit kann 24,5 Millionen Euro ausgeben

Für das Arbeitsamt heißt das: Qualifizieren und noch mal qualifizieren, um die Menschen fit für den Arbeitsmarkt zu bekommen. 24,5 Millionen Euro stehen der Stader Agentur für sogenannte arbeitsmarktpolitische Instrumente 2025 zur Verfügung.

7300 freie Stellen wurden der Stader Agentur 2024 gemeldet. Das waren 6,7 Prozent weniger als 2023. Die regionalen Zahlen fallen aber deutlich besser aus als im Land (minus 10 Prozent) und im Bund (-13 Prozent). Gesundheitswesen, IT-Bereich und die öffentliche Verwaltung, zum Beispiel mit ihren Kindergärten, suchten. Im Baubereich oder in der Gastronomie gehe der Bedarf zurück. Freie Stellen wieder zu besetzen, werde immer schwieriger. Im Schnitt brauche es fast 200 Tage, ehe die Vakanz beendet sei.

10.000 Menschen beziehen im Landkreis Stade das Bürgergeld. Es handelt sich laut Definition um erwerbsfähige Leistungsbezieher. Das geht aus den Zahlen des Jobcenters hervor, das gemeinsam von Arbeitsagentur und Landkreis getragen wird. Geschäftsführerin ist seit vier Jahren Dr. Anja Wode.

„Die Einführung des Bürgergeldes als Element der sozialen Sicherung hat wichtige Impulse für mehr soziale Teilhabe und nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt gesetzt“, sagt sie. Sie verwahrt sich gegen Vorwürfe, das Bürgergeld falle zu hoch aus und deren Bezieher seien faul. Die meisten wollten arbeiten.

Mehr Frauen als Männer beziehen Bürgergeld

Auch ihr Fokus liegt auf Qualifizierung und Weiterbildung. Mit Sorge betrachtet sie derzeit die gekürzten Mittel angesichts der vorläufigen Etatplanung im Bundeshaushalt. Viele wichtige Integrationskurse für Ausländer und Ausländerinnen kämen nicht zustande. Aber auch die Integration von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen und geringer Qualifikation erfordere weiterhin intensive Unterstützung, so das Jobcenter.

Was Wode auffällt: Vom Bürgergeld sind mehr Frauen als Männer betroffen, im Verhältnis 55:45. Das liege häufig daran, dass Frauen weniger verdienten oder häufig als Teilzeitkräfte arbeiteten und dann für den Lebensunterhalt als „Ergänzerinnen“ Bürgergeld beziehen.

Unter den 10.000 Kundinnen und Kunden des Jobcenters befinden sich 1500 aus der Ukraine und 2500 aus den acht Herkunftsländern Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien. Knapp die Hälfte aller Bürgergeldempfänger habe einen ausländischen Pass, häufig auch, weil die Verfahren zur Anerkennung ihrer beruflichen Ausbildung lange liefen, nicht selten bis zu einem Jahr, sagt Wode.

Für 2025 sieht Dagmar Froelich von der Agentur für Arbeit keinesfalls schwarz: „Trotz globaler und wirtschaftlicher Herausforderungen blicken wir mit vorsichtigem Optimismus in die Zukunft.“ Für das Jahr 2025 erwartet die Agentur erneut einen leichten Anstieg der Zahl der Beschäftigten. Der regionale Arbeitsmarkt werde sich wieder anpassungsfähig und stabil zeigen. Das liege auch am guten Branchenmix speziell in der Region Stade-Buxtehude.

Im Januar normal: Mehr Arbeitslose zum Start ins Jahr

Wie für den Januar üblich, ist die Zahl der Arbeitslosen im zurückliegenden Monat angestiegen. Im Bezirk der Agentur für Arbeit Stade waren 17.657 Personen arbeitslos gemeldet. Das entspricht einer Quote von 5,5 Prozent.

Präsentierten spannende Zahlen aus dem Arbeitsmarkt und vom Bürgergeld: Dagmar Froelich (links) und Dr. Anja Wode.

Präsentierten spannende Zahlen aus dem Arbeitsmarkt und vom Bürgergeld: Dagmar Froelich (links) und Dr. Anja Wode. Foto: Serbest/Agentur für Arbeit

Dagmar Froelich ordnet die Zahlen ein: „Zu Beginn des neuen Jahres zeigt sich der regionale Arbeitsmarkt weiterhin robust. Es dominieren überwiegend jahreszeitlich bedingte Einflüsse.“ Die Zahl der Arbeitslosen sei im Januar saisonüblich angestiegen. Froelich: „Auch in früheren Jahren verzeichneten wir jeweils in den Wintermonaten Anstiege.“

Im Vergleich zum Vorjahresmonat sind rund 500 Personen mehr arbeitslos gemeldet. „Im Januar des letzten Jahres hatten wir hier noch einen Anstieg von fast 1000 Personen gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen und zugleich einen Rückgang bei den gemeldeten Stellen von knapp 15 Prozent“, so Froelich. Erfreulich sei, dass die Agentur in diesem Monat einen Anstieg bei den Stellenmeldungen von fast 25 Prozent gegenüber dem Vormonat verzeichnen könne.

Nach wie vor sei der Bedarf an qualifizierten Fachkräften hoch. Froelich: „Derzeit sind mehr als 4200 freie Stellen bei uns gemeldet.“ Vor diesem Hintergrund bleibe abzuwarten, wie sich die Arbeitslosigkeit in den nächsten Wochen entwickeln werde.

Weitere Artikel