TUnfall bei Bollerwagentour: Julian kämpft sich mit Querschnittslähmung zurück ins Leben

Die Familie und die Freunde halten zu ihm und geben ihm Kraft: Julian Wiedau aus Loxstedt ist seit Mai querschnittsgelähmt. Foto: Hansen
Er liebte das Skateboard-Fahren, spielte Gitarre, wollte Motorradfahren. Bis zu dem Tag, der sein Leben von Grund auf veränderte. Jetzt sitzt der Julian Wiedau im Rollstuhl - und ist dabei, sich zurück ins Leben zu kämpfen.
Landkreis Cuxhaven. Allein ist Julian Wiedau nicht. Im Gegenteil. Das Wohnzimmer in Loxstedt im Kreis Cuxhaven ist gut gefüllt, neben seinem Vater Ulf und seiner Schwester Vanessa sind Freunde da. Die Familie, die Freunde, die er zum Teil seit dem Kindergarten kennt - sie geben ihm Halt, erzählt der 27-Jährige, der seit einem halben Jahr querschnittsgelähmt ist. Mit ihrer Hilfe, so hofft er, wird er sein Schicksal meistern. „Ich bin eine Kämpfernatur, ich bin nicht der Typ, der schnell aufgibt“, versichert der junge Mann, der seine Kapuze weit ins Gesicht gezogen hat. Dass ihm dieser Optimismus nicht leichtfällt, spürt man.
Badeunfall an der Lune bei der Vatertagstour
Der Tag, der Julians Leben auf den Kopf stellte, war sonnig und warm. Himmelfahrt. Wie viele junge Männer machte sich der Loxstedter mit seinen Freunden, Musik und Bollerwagen auf zur Vatertagstour. An der Lune packte ihn der Übermut. Vom Kanuanleger in Düring sprang er mit einem Kopfsprung in den Fluss, um sich abzukühlen. „Das war dumm“, sagt er heute. Er prallte mit dem Nacken gegen einen Gegenstand, verlor sofort das Bewusstsein. „Unter Wasser kam ich wieder zu mir“, erzählt er. „Ich sah die Sonne und merkte, dass ich meine Arme und Beine nicht mehr bewegen kann“, erzählt er.
Verzweifelt versuchte Julian nach oben zu kommen, schluckte viel Wasser, wurde schließlich von anderen aus dem Fluss gezogen. Er kam sofort ins Krankenhaus, wurde noch am selben Tag operiert, drei Halswirbel waren zertrümmert. Der junge Mann war von der Brust abwärts gelähmt. Die Arme kann er beugen, aber in den Fingern hat er kein Gefühl. „Als mir meine Situation wirklich bewusst wurde, war das ein Riesen-Schock“, gesteht er.
Sein Leben stand gerade erst an einem Anfang. Julian hatte nach einigen Versuchen seinen Traumberuf gefunden, Maler und Lackierer, die Lehre verkürzt, den Meister gemacht, eine Stelle gefunden, die ihm gefiel. Er arbeitete als Lehr-Meister in der Bremerhavener Werkstattschule, half Jugendlichen, die Unterstützung brauchen, dabei, ihren Weg zu finden. Nebenher fuhr er Skateboard, spielte Gitarre, hatte gerade den Motorrad-Führerschein bestanden, eine alte 650er Suzuki gekauft und sie aufgemöbelt. Damit wollte er im Sommer durch Europa fahren und Musikfestivals besuchen.
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„Am Anfang hab ich viel geweint“
Stattdessen verbrachte er Monate in der Reha-Station des Querschnittszentrums in Hamburg-Bergedorf und versuchte mit seiner Situation klarzukommen. „Am Anfang hab ich viel geweint“, erzählt er. Doch die Familie und die Freunde, sie haben ihm über den Berg geholfen. Seit zwei Monaten ist er wieder zu Hause in Loxstedt, derzeit bauen seine Unterstützer die Wohnung gegenüber vom Elternhaus behindertengerecht aus. Eine kostspielige Angelegenheit, erzählt Vater Ulf Wiedau. Alles muss ebenerdig sein, das Badezimmer muss komplett neu, der Fußboden, die Zufahrt zum Haus, die bislang zwei Stufen hat, die Türen müssen verbreitert werden, das Bett von allen Seiten begehbar sein.
Julian jedenfalls schmiedet wieder Pläne. Er hofft, dass er in ein paar Monaten in seinen alten Job zurückkehren kann. Und er träumt davon, eines Tages wieder Auto fahren zu können, mit Hilfe von Sprachsteuerung. Vielleicht, so hofft er, schafft er es, sich einen VW Bus anzuschaffen, mit dem er dann reisen kann. „Meine Freunde haben mir versprochen, dass sie mich auch mit dem Rollstuhl übers Festivalgelände schieben“, sagt er. Und zum ersten Mal gleitet ein Lächeln über sein Gesicht.
Hilfe für Julian
Der behindertengerechte Umbau einer Wohnung ist teuer. Wer Julian dabei helfen möchte, hat die Möglichkeit, Geld zu spenden. Das geht entweder über die Internet-Plattform GoFundMe (unter dem Link www.gofundme.com/f/querschnittsverunfalltes-familienmitglied) oder direkt bei der Weser-Elbe-Sparkasse, Kontonummer: DE58 2925 0000 1030 0784 75.