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Drogenprozess

TUnterirdische Container in Kutenholz: Polizei räumt Fehler ein

In diesem Erdloch war das Drogenlabor versteckt. Foto: Polizei

In diesem Erdloch war das Drogenlabor versteckt. Foto: Polizei Foto: Polizei

Im Prozess um eine illegale Drogenplantage in gestohlenen Überseecontainern in Kutenholz haben die beiden Angeklagten Geständnisse abgelegt. Die Fehleinschätzung eines Polizisten hatte schwere Folgen.

Von Silvia Dammer Montag, 04.03.2024, 10:05 Uhr

Kutenholz. Ja, Tarek B. (31) und Benjamin W. (36) hatten im Mai 2022 zwei Überseecontainer vom Gelände einer Hamburger Spedition gestohlen. Diese hatten sie auf dem Grundstück von Tarek B. aufwendig mit Baggern vergraben, elektrifiziert, mit einer Belüftungsanlage versehen und darin 140 Hanfpflanzen gezüchtet. Das gewonnene Marihuana war zum Verkauf bestimmt. Mit ihren Geständnissen gaben die beiden Angeklagten am dritten Verhandlungstag zu, was ihnen Oberstaatsanwalt Volker Luer in der Anklageschrift vom 17.1.24 vorgeworfen hatte. Mit einer Einschränkung: Die Drogenmengen, insbesondere die des sichergestellten Amphetamins, räumten sie nur in dem Umfang ein, wie es das nun vorliegende Wertgutachten des LKA ausweist.

Deal: Verständigungsgespräch vor Geständnissen

Den Geständnissen war vor Beginn der Beweisaufnahme ein erfolgreiches Verständigungsgespräch zwischen den Prozessparteien vorausgegangen. Zum Prozessauftakt war der Deal zunächst gescheitert, weil es Widersprüche zu den Drogenmengen gab, die die Polizei bei der Aushebung der Drogenplantage und der Durchsuchung der Wohnungen der beiden Angeklagten beschlagnahmt hatte. Dabei ging es insbesondere um ein 250-Milliliter-Marmeladenglas, das zu einem Drittel mit Amphetamin gefüllt war. Die Ermittler schätzten die Menge auf 60 Gramm. In der Hauptverhandlung wurden 1000 Gramm Amphetamin angeklagt. Das Gutachten korrigierte diesen Wert auf 40 Gramm.

Polizeibeamter räumt Fehler ein

Die ursprünglich angenommene große Menge Amphetamin war auch einer der Gründe, dass Tarek B. ein halbes Jahr in Untersuchungshaft saß und die gerichtliche Haftprüfung vor Prozessbeginn zu seinen Ungunsten ausfiel. Ein eklatanter Fehler, wie Verteidiger Rechtsanwalt Lars Zimmermann gleich zu Prozessbeginn kritisierte. „Wie passt ein Kilo Amphetamin in ein 250-Milliliter-Marmeladenglas?“

In der Beweisaufnahme räumte der Polizeibeamte Z. auf Nachfrage von Rechtsanwalt Zimmermann eine Fehleinschätzung der Menge ein: Er war für die Berichte über die Aktion Drogencontainer Kutenholz zuständig und begleitete die Telefonüberwachung der Angeklagten, nachdem eine Informantin auf die unterirdische Drogenplantage von Tarek B. hingewiesen hatte.

Als Z. vor Prozessbeginn im Rahmen eines Haftprüfungstermins von Haftrichter Neuthor nach der Menge der Drogen gefragt wurde, habe er aus den Asservaten einen bei der Durchsuchung sichergestellten Beutel mit einer weißen Suppe ausgewählt, von dem er annahm, dass es sich um das Amphetamin handelte. Das Gewicht des Beutels habe er auf 500 bis 1000 Gramm geschätzt. Eine Fehleinschätzung mit weitreichenden Folgen, wie die Handschellen des angeklagten B. zeigten. Verteidiger Zimmermann beantragte, wie bereits sein Kollege Rechtsanwalt Christian Remy, die Aufhebung des Haftbefehls.

Haftbefehl aufgehoben

Vor dem Hintergrund der geringen Menge „harter Drogen“, des teilweise geringen THC-Gehalts des Marihuanas und des neuen Gesetzes zur Teillegalisierung von Cannabis hatte die Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Berend Appelkamp bei einem Geständnis einen Strafrahmen von einem Jahr und acht Monaten bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe angeboten, der zur Bewährung ausgesetzt werden könnte. Die Bewährungszeit würde drei Jahre betragen.

Angesichts dieser vergleichsweise milden Strafe und des in Aussicht gestellten Geständnisses sah auch Oberstaatsanwalt Luer keinen Grund mehr, den Angeklagten B. weiterhin in Haft zu halten. Die Kammer beschloss, den Haftbefehl vom 9.9.23 gegen Tarek B. aufzuheben und einen Antrag auf Entlassung vorzubereiten. Die Entscheidung der Kammer wurde von den zahlreichen Zuschauern mit begeistertem Applaus honoriert.

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