TVater und Sohn haben abgeschlossen: Modehaus Brokelmann ist Geschichte

Jetzt ist endgültig Schluss: Ulf Brokelmann und sein Vater Hermann haben gemeinsam das Geschäft abgeschlossen. Foto: Stehr
Eine Ära in Stade geht zu Ende: Ulf und Hermann Brokelmann haben ihr Modehaus endgültig geschlossen. Das hat viele Gründe.
Stade. „Alles hat seine Zeit“, sagt Ulf Brokelmann mit einem Glas prickelndem Crémant in der Hand. Kurz zuvor hat er gemeinsam mit seinem Vater Hermann Brokelmann (92) das gleichnamige Modehaus in der Hökerstraße in Stade für immer abgeschlossen.
Die letzte Ware ging bereits einige Tage zuvor über den Verkaufstresen. Nur noch eine Kleiderstange mit wenigen Oberteilen, Hemden, Sakkos und Gürteln ist übrig geblieben. „Wir konnten während des Räumungsverkaufs noch viele Kunden glücklich machen“, sagt Ulf Brokelmann.

Der Rest von 66 Jahren Modehaus Brokelmann. Foto: Stehr
Die Entscheidung, jetzt zu schließen, sei die richtige, betont der 61-Jährige. Zur Abschiedsfeier hat er am Mittwochabend eine lange Tafel im bis auf ein paar nackte Schaufensterpuppen leeren Geschäft aufgebaut. Alle Mitarbeiter sind eingeladen, essen zusammen und schwelgen in Erinnerungen.
„Wir haben gute Geschäfte gemacht, gut gewirtschaftet, viel gelacht, Probleme gemeinsam gelöst. Und wir wurden teilweise sogar Freunde“, sagt Ulf Brokelmann, der das Modehaus gut 30 Jahre führte. Er empfinde ganz viel Dankbarkeit. Die drückt er auch gegenüber seinem Vater aus. Der Schneidermeister legte 1958 den Grundstein mit der Gründung der Schneiderei. Schon damals war der Türgriff in Bügeleisenform das Markenzeichen des Geschäfts. In den folgenden Jahrzehnten wuchs das Sortiment.

Hermann Brokelmann trägt ein Sakko, das an das 50-jährige Geschäftsjubiläum im Jahr 2008 erinnert. Foto: Stehr
Auf rund 300 Quadratmetern wurde hochwertige Mode aus Deutschland, Frankreich, Dänemark, USA, China, Italien, Holland, Portugal, England, Australien und Spanien verkauft. „Wir haben viele Menschen sehr gut angezogen und für deren sicheres Auftreten gesorgt“, sagt Ulf Brokelmann und spricht von einer sehr starken Kundenbindung im ganzen Elbe-Weser-Dreieck.
Mit vielen Kundinnen und Kunden habe er in den vergangenen Monaten über die vielfältigen Gründe der Schließung gesprochen. Verantwortlich seien unter anderem der Onlinehandel, Outlets, eine veränderte Bekleidungskultur, die Kaufzurückhaltung wegen hoher Energiepreise sowie insgesamt eine rückläufige Kundenzahl.
„Wir sind nicht mehr so wichtig, wie wir es mal waren“
„Mit Geschäften unserer Art und unserer Größe hat man heute fast keine Chance mehr. Wir sind nicht mehr so wichtig, wie wir es mal waren“, sagt Ulf Brokelmann klar und deutlich. Gegen das Internet mit so wenigen Quadratmetern in Stade anzukommen sei nicht mehr möglich. Er gibt zu, dass ihn das traurig mache. Richtig sauer sei er vor Jahren gewesen, als auch alle Lieferanten eigene Onlineshops öffneten.
Dennoch wird das Ende jetzt gefeiert, betont Ulf Brokelmann. Die letzten drei Monate seien sehr anstrengend gewesen. Dass jetzt die Anspannung abfällt, ist dem Modehaus-Chef anzumerken. Auch die Mitarbeiter wirken zuversichtlich und voller Dankbarkeit für die Zeit, die sie bei Brokelmann hatten. So wie Margaretha Teuber. Sie stand 38 Jahre als Verkäuferin im Geschäft. „Wir hatten hier die schönsten Jahre“, sagt sie. Von Stammkunden aus Bad Tölz wurde sie kürzlich anlässlich der Schließung in Stade zum Essen eingeladen.
Heinz Waldhof war 49 Jahre Verkäufer bei Brokelmann
Noch länger war Heinz Waldhof bei Brokelmann tätig. Der 82-Jährige bringt es auf 49 Jahre als Modeverkäufer in dem Stader Traditionsgeschäft. Damals hatte Hermann Brokelmann ihn abgeworben - obwohl er keinerlei Erfahrung im Verkauf hatte. Waldhof war nämlich gelernter Dekorateur, hatte 20 Jahre lang im Modehaus Stackmann in Buxtehude Schaufenster dekoriert.
Von Hermann Brokelmann lernte er, mit Kunden umzugehen und verlor schnell seine Mundfaulheit, sagt er. Mit der Zeit sei er immer mutiger geworden. Ihm sei es auch zu verdanken gewesen, dass Damenmode mit ins Sortiment aufgenommen wurde. Von da an seien die Umsatzzahlen noch mal deutlich nach oben gegangen.

Der Geschäftsgründer Hermann Brokelmann (links) mit den langjährigen Mitarbeitern Margaretha Teuber und Heinz Waldhof. Foto: Stehr
Ohnehin habe er am liebsten Damen bedient. „Die haben immer besser auf mich gehört und mir vertraut. Die Männer mussten meist erst ihre Frauen fragen, bevor sie was kauften“, sagt Waldhof. Die Frauen schätzten wohl auch seine Ehrlichkeit. „Ich habe auch mal gesagt: Lass die Finger davon, das steht dir nicht.“ Dann stößt er mit Ulf und Hermann Brokelmann an und fasst knapp zusammen, was wohl alle denken: „Es war eine super Zeit.“
Einzelhandel
T Was das Aus von Brokelmann für Stades Innenstadt bedeutet
Ulf Brokelmann wird sich wie berichtet künftig ganz auf den Verkauf von in Reutlingen maßgeschneiderten Cabrio-Lederjacken konzentrieren. Im Hinterhaus des Geschäfts, im Erdgeschoss der alten Synagoge, wird gerade der Ausstellungsraum eingerichtet. In die Brokelmann-Räume wiederum zieht demnächst das norddeutsche Unternehmen Schietwetter ein.