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TVerletzt vom Unfallort entfernt – Von der Polizei beschimpft?

Der Aufprall passierte mit einer geringen Geschwindigkeit - die Airbags hatten nicht ausgelöst. Trotzdem brach sich die Belumerin das Brustbein.

Der Aufprall passierte mit einer geringen Geschwindigkeit - die Airbags hatten nicht ausgelöst. Trotzdem brach sich die Belumerin das Brustbein. Foto: Bungert

Monika Bungert bekommt während der Autofahrt gesundheitliche Probleme, fährt gegen einen Baum. Von Nachbarn wird sie ins Krankenhaus gebracht, ehe die Polizei informiert wird. Wird ihr das nun zum Verhängnis?

Von Denice May Samstag, 05.10.2024, 14:45 Uhr

Landkreis Cuxhaven. Wer einen Unfall verursacht und den Unfallort verlässt, ohne die Polizei zu informieren oder seine vollständigen Personalien, die Daten des Fahrzeuges und die Art seiner Beteiligung anzugeben, begeht Unfallflucht. Unter Umständen darf man sich aber vom Unfallort entfernen, ohne sich gleich wegen Fahrerflucht strafbar zu machen.

Polizei erst informiert, als der Abschleppdienst schon da war

Es ist der 17. August, circa 11.15 Uhr. Die Belumerin Monika Bungert ist auf der Deichstraße unterwegs, hat es nicht mehr weit bis nach Hause. Doch plötzlich fühlt sie sich unwohl. Sie kann das Auto nicht mehr auf der Fahrbahn halten, kracht gegen einen Baum.

Ihr Mann Dirk Bungert ist zu Hause, spaltet Kaminholz vor der Tür, als er den Anruf erhält, dass seine Frau einen Unfall hatte. „Ich lief sofort zur Unfallstelle, ohne Telefon und ohne die Tür zu verschließen.“ Nach etwa sieben Gehminuten kommt er an der Unfallstelle an. Beim Eintreffen sind bereits mehrere Helfer vor Ort. „Ich sah meine Frau schockiert und mit Schmerzen im Auto sitzen. Ein Anwohner lieh mir ein Fahrrad, mit dem ich mein Telefon von zu Hause holen konnte“, erinnert sich Dirk Bungert.

Auf dem Weg trifft er auf Nachbarn, die er um Hilfe bittet. Sie sollen zur Unfallstelle fahren und seine Frau ins Krankenhaus bringen. Und das tun sie. Nachdem Dirk Bungert sein Telefon geholt hat, kehrt er zur Unfallstelle zurück und ruft den Abschleppdienst an. Erst als der Dirk Bungert sagt, dass er die Polizei informieren muss, ruft der Belumer dort an.

Pflicht der Polizei, beim Anfangsverdacht einer Straftat die Beteiligten unverzüglich rechtlich zu belehren

„Ich musste mich am Telefon von einem Polizeibeamten beschimpfen lassen, der mir Unfallflucht beziehungsweise Beihilfe zur Unfallflucht vorwarf“, so Dirk Bungert, der über die Art und Weise des Gesprächs ganz und gar nicht erfreut ist. Sprecher Stephan Hertz von der Polizeiinspektion Cuxhaven erklärt dazu: „Den genauen Wortlaut der Kolleginnen und Kollegen können wir von hier nicht wiedergeben. Es ist aber strafprozessuale Pflicht der Kolleginnen und Kollegen, beim Anfangsverdacht einer Straftat die Beteiligten unverzüglich rechtlich zu belehren. Dazu zählt auch die unmittelbare Bekanntgabe des Tatvorwurfs.“

Über den Ausgang des Verfahrens entscheidet schließlich die Justiz

Als die Polizei etwa eine halbe Stunde nach dem Unfall eintrifft, ist Monika Bungert bereits im Krankenhaus. Einen entsprechenden Bericht reicht Dirk Bungert bei der Polizeidienststelle Cadenberge ein. Der Baum, der beim Unfall in Mitleidenschaft gezogen wurde, wurde von Dirk Bungert versorgt und bei der Gemeinde gemeldet. Wochen später erhielt das Ehepaar Bungert einen Anhörungsbogen. Es wird ein Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort geführt.

Warum, erklärt Polizeisprecher Hertz so: „Im vorliegenden Sachverhalt wurde die Polizei erst informiert, nachdem der Mitarbeiter des Abschleppdienstes Herrn Bungert darauf hingewiesen hatte. Da bisher ungeklärt ist, ob überhaupt eine eigenständige, unverzügliche Meldung erfolgt wäre, ergibt sich hier ein Anfangsverdacht des unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Über den Ausgang des Verfahrens entscheidet schließlich die Justiz, auch auf Basis der Äußerungen der Beteiligten.“

Hertz macht zudem deutlich, dass die Polizei bei eventuellen, mildernden Umständen nicht darüber entscheidet, ob ein Verfahren eingeleitet wird oder nicht. Sie handelt gemäß dem Legalitätsprinzip der Strafprozessordnung und hat beim Anfangsverdacht einer Straftat ein entsprechendes Verfahren einzuleiten. Ehepaar Bungert hat den Anhörungsbogen mittlerweile ausgefüllt und abgeschickt. Bleibt abzuwarten, wie es nun weitergeht.

Das sagt das Strafgesetzbuch

Laut Strafgesetzbuch kann das Gericht in gewissen Fällen eine Strafe mildern oder ganz auf sie verzichten, wenn der Unfallbeteiligte den Unfall innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall meldet. Dabei fließt auch mit ein, ob der Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs passierte und ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hatte. Das Fazit nach einem Blick ins Strafgesetzbuch: Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, macht sich nicht in jedem Fall strafbar.

Als Rechtfertigungsgründe kommen in erster Linie solche Gründe in Betracht, die einen rechtfertigenden Notstand nach § 34 begründen. Beispiele hierfür sind unter anderem, wenn ein Unfallbeteiligter einen Unfallverletzten ins Krankenhaus bringt, wenn sich ein Unfallbeteiligter durch sein Entfernen vom Unfallort einem tätlichen Angriff oder einer Bedrohung durch einen anderen Beteiligten oder Zeugen entziehen will, oder wenn der Unfallbeteiligte Führer eines im Einsatz befindlichen Arzt- oder Feuerwehrfahrzeuges ist. Ob und wann diese Gründe greifen, entscheidet das Gericht.

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