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Prozess

TEr soll versucht haben, seine Eltern zu töten – Warum die Verteidiger Freispruch fordern

Das Landgericht in Stade. Foto: Christian Hager/dpa

Das Landgericht in Stade. Foto: Christian Hager/dpa Foto: dpa

Der Mann wird beschuldigt, dass er das Haus seiner Eltern im Alten Land in die Luft sprengen und sie damit töten wollte. Warum die Staatsanwaltschaft diesen Vorwurf bestätigt sieht und die Verteidigung komplett anderer Auffassung ist.

Von Silvia Dammer Dienstag, 19.12.2023, 05:50 Uhr

Stade. Mit den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der beiden Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwälte Ayk Bielke und Christian Remy, neigt sich der Indizienprozess vor der 3. Großen Strafkammer am Landgericht Stade dem Ende zu. Vorausgegangen waren dem vorletzten Prozesstag eine umfangreiche mehrtägige Beweisaufnahme mit zahlreichen Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten, unter anderem zur technischen Realisierbarkeit der vermeintlichen Tat und zur Verwertbarkeit der am Tatort gesicherten DNA-Spuren des Angeklagten.

Gutachten: Angeklagter ist voll schuldfähig

In ihrem Plädoyer sah die Staatsanwaltschaft die Anklage bestätigt, wonach der Angeklagte schuldig sei, eine geplante Gasexplosion in seinem Elternhaus vorsätzlich vorbereitet zu haben. Die Anschuldigungen seien durch sichergestellte Beweise – darunter Chatverläufe und DNA-Spuren des Angeklagten an relevanten Gegenständen – gestärkt worden, so die Staatsanwaltschaft. Es gebe keine Hinweise auf einen Einbruch oder auf die ebenfalls um Raum stehende Täterschaft des Vaters, der aufgrund seiner körperlichen Verfassung außerstande gewesen wäre, die Tat vorzubereiten und den Zeitzünder für eine Gasexplosion zu bauen.

Das Verhalten des Angeklagten nach Aufdeckung der Manipulation lege nahe, dass er von den Details der Tat wusste. Als Motiv für die Tat sah die Staatsanwaltschaft finanzielle Schwierigkeiten und daraus folgende Eheprobleme des Angeklagten. Staatsanwalt Pass betonte die Schwere der Tat, die nicht nur potenziell tödliche Folgen für die Eltern, sondern auch Risiken für Unbeteiligte mit sich gebracht habe. Er hielt trotz der bisherigen Unbescholtenheit des Angeklagten und seiner familiären Zwangslage wegen finanzieller Schwierigkeiten durch einen Hausbau und damit verbundener Eheprobleme an der Einschätzung vollständiger Schuldfähigkeit fest.

„Beweislast nicht ausreichend“

Für die Verteidigung hat der Prozess dagegen keine Beweise für die Täterschaft ihres Mandanten ergeben. Rechtsanwalt Bielke verwies darauf, dass wegen der erfolgreichen Verwertungswidersprüche bezüglich der Aussagen der Eltern des Angeklagten nur die Ergebnisse der Beweisaufnahme vor Gericht in Betracht kämen. Diese reichten nicht aus, um dem Angeklagten die zur Last gelegten Taten zweifelsfrei nachzuweisen. Wegen nicht erfolgter Belehrung könnten auch rechtswidrig eingezogene Beweismittel, wie etwa die Chatverläufe zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau, nicht verwertet werden.

Für den Kernvorwurf versuchter Mord müsste es einerseits Menschen geben, die ermordet werden sollten und zweitens ein Mittel, mit dem das geschehen soll, in diesem Fall die geplante Explosion des Hauses. Das Haus ist nicht explodiert. Die Zeugenaussagen, insbesondere die des Technikers, der Gedächtnislücken eingeräumt habe, hätten die Einlassungen des Angeklagten nicht widerlegen können. Die Beweisaufnahme habe ebenfalls nicht beantworten können, ob die ausgetretene Gasmenge für eine Explosion ausreichend war. Somit könne auch der Vorwurf der Gemeingefährlichkeit nicht aufrechterhalten werden. Auch zum angeblichen Hintergrund der Tat, der Habgier des Angeklagten, so Rechtsanwalt Remy, habe es in der Hauptverhandlung keinerlei Anhaltspunkte gegeben. Dafür fehlten Informationen zum Vermögen der Eltern, zum Testament oder ob es eine Enterbung gibt. Nach dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ empfahlen die beiden Verteidiger, das Verfahren einzustellen und ihren Mandanten freizusprechen.

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