TVier Wölfe im Rüstjer Forst beobachtet – Gibt es dort ein Rudel?

Das Naturschutzgebiet Feerner Moor hat eine Größe von 184 Hektar. Foto: Karsten Wisser
Die Sichtungen von Wölfen und die Angriffe auf Nutztiere gehen weiter. Jetzt haben sich TAGEBLATT-Informationen bestätigt, dass im Bereich Rüstjer Forst beim Feerner Moor vier Wölfe gesehen worden sein sollen.
Dollern. Es soll sich um ein weibliches Tier mit drei Welpen gehandelt haben. Der regionale Wolfsberater stuft die Sichtung als sehr ernstzunehmend ein.
Das sind die Fakten. In der vergangenen Woche hat eine Spaziergängerin auf Höhe des Naturschutzgebiets NSG Feerner Moor vier Tiere gesehen. Laut der Schilderungen gegenüber der Polizei und dem zuständigen Wolfsberater Michael Ohlhoff waren es ein größeres und drei kleinere Tiere. Die Frau - sie ist der Polizei und dem Wolfsberater namentlich bekannt - war mit ihrem Schäferhund unterwegs und hatte sich bei der Polizei gemeldet.
„Ich nehme diesen Hinweis sehr ernst“, sagt Wolfsberater Michael Ohlhoff auf TAGEBLATT-Nachfrage. Gemeinsam mit dem örtlichen Jäger geht er jetzt der Frage nach, ob es dort ein Wolfsrudel gibt. Bei den gesichteten Tieren könnte es sich um eine Fähe, einen weiblichen Wolf, und drei Wolfswelpen handeln.
Dafür sind in dem Bereich, der im Norden durch das Umspann-Werk Dollern begrenzt wird, Wildtierkameras installiert worden.
Hier sind schon öfter Wölfe gesehen worden
Die neue Wolfssichtung im Bereich Rüstjer Forst gilt auch deshalb als glaubwürdig, weil es dort schon seit zwei Jahren immer wieder zu Sichtungen kommt. Allerdings handelte es sich bisher nur um einzelne Tiere. Ein Fragezeichen gibt es allerdings bei der Sichtung. Die jungen Wölfe wurden von der Spaziergängerin als etwas kleiner beschrieben, als sie jetzt schon im Alter von gut sechs Monaten sein müssten, so Michael Ohlhoff.
Das NSG Feerner Moor hat eine Größe von 184 Hektar und darf betreten werden. In dem Hochmoorgebiet wurde bis in die 1960er Jahre auf größeren Teilen Torf abgebaut. Danach konnten sich in den vergangenen Jahrzehnten große Teile des Feerner Moores ohne menschliche Nutzung entwickeln.
Das Gebiet ist von drei Seiten vom Landschaftsschutzgebiet Rüstjer Forst umgeben. Südlich schließen sich das Landschaftsschutzgebiet Auetal und die Naturschutzgebiete Aueniederung und Nebentäler an.
Gibt es drei Wolfsrudel im Landkreis Stade?
Damit könnte sich demnächst die Zahl der Wolfsrudel im Landkreis Stade weiter erhöhen. Bestätigt ist seit gut vier Wochen ein Rudel in Oldendorf. Eine weitere Wolfsfamilie wird im Raum Drochtersen vermutet. Hier gibt es von den Tieren umfangreiches Bild- und Videomaterial, so dass eine Bestätigung als Wolfsterritorium sicher sein dürfte. Für den Bereich Rüstjer Forst fehlen solche Aufnahmen bisher.
Wie gefährlich ist die Rückkehr der Wölfe für den Menschen? Eigentlich besteht für den Menschen nur bei fahrlässigem Verhalten eine Gefahr. In Deutschland gab es seit der Rückkehr der Wölfe nach dem Ende der deutschen Teilung und dem Wegfall der innerdeutschen Grenze keinen Angriff auf einen Menschen.
Die reale Gefahr für den Menschen ist sehr gering
Tollwut, eine tödlich verlaufende Viruserkrankung, die in früheren Zeiten als Hauptursache für gefährliche Wolfsangriffe galt, ist in Deutschland seit 2008 ausgerottet und gilt auch in den angrenzenden Ländern durch die Immunisierung des Fuchses als weitestgehend bekämpft.
Deshalb ist es aus Sicht der Fachleute wichtig, zu realisieren, dass ein Großteil der Angst, die dem Wolf entgegen gebracht wird, eher dem Wolf als Symbol und nicht der Angst vor einem echten Angriff auf Menschen gilt. Aktuellen Schätzungen zufolge gibt es etwa 10.000 bis 20.000 Wölfe in Europa, 40.000 in Russland und 60.000 in Nordamerika.
Keine Angriffe auf Menschen in Deutschland
Trotz dieser Zahlen gab es laut dem Wolfscenter im niedersächsischen Dörverden lediglich vier dokumentierte Todesfälle in Europa, vier in Russland und keinen einzigen in Nordamerika, die durch nicht-tollwütige Wölfe in den letzten 50 Jahren verursacht wurden. In den vergangenen 20 Jahren gab es in Europa im Bereich des Kosovo, Nordmazedonien, Ukraine und Belarus insgesamt 77 Wolfsangriffe. Dabei kamen keine Menschen ums Leben. Es gibt einige Studien. Umfangreiche Informationen zu dem Thema bietet das Wolfscenter in Dörverden auf einer Interseite an.
Auch für Weidetiere ist die Rückkehr der Wölfe nicht zwangsläufig eine Gefahr. Die meisten der inzwischen 50 Rudel in Niedersachsen sind bei Nutztierrissen unauffällig. Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer geht von sechs Problemrudeln aus.
Die meisten Wolfsrudel verhalten sich unauffällig
Bei dieser Aussage gab es aber noch nicht die Bestätigung für das Oldendorfer Rudel. Damit sind es wohl sieben Problemrudel. Der dortige Leitrüde ist wohl für einige Angriffe auf Weidetiere verantwortlich. Zweimal konnte das via DNA-Proben-Auswertung bestätigt werden. Aktuell wird diskutiert, ob es möglich ist, diesen Wolf zu schießen.

Das Naturschutzgebiet Feerner Moor darf nicht betreten werden. Foto: Karsten Wisser