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Tierliebe

TWarum Doris Urban ihr Leben den Hunden widmet

Doris Urban rettet Hunde vor dem sicheren Tod und gibt ihnen ein sicheres Zuhause und eine Perspektive für ein Weiterleben. Aktuell leben in und um ihr Haus herum 12 Hunde und 13 Katzen.

Doris Urban rettet Hunde vor dem sicheren Tod und gibt ihnen ein sicheres Zuhause und eine Perspektive für ein Weiterleben. Aktuell leben in und um ihr Haus herum 12 Hunde und 13 Katzen. Foto: rp

Doris Urban hat in Neuenkirchen mit „Lotta im Glück“ einen Glücksort für Hunde geschaffen. Das Leben mit den Vierbeinern beschert ihr viele Glücksmomente. Es gibt aber auch schwierige Zeiten.

Von Ismail Kul Donnerstag, 26.12.2024, 07:03 Uhr

Neuenkirchen. Es beginnt mit Lotta vor elf Jahren. Bis dahin arbeitet Doris Urban in Finnland mit Schlittenhunden, den Huskys. Sie beobachtet dort diese Tiere, lernt in dieser Zeit viel über die Vierbeiner. Doch nach fünf Jahren entschließt sie sich, nach Deutschland zurückzukehren. Einer der Gründe dafür: Meinungsverschiedenheiten zum Umgang mit den Tieren. Für den Besitzer sind die Huskys Arbeitstiere, Mittel zum Geldverdienen; für Doris Urban liebenswürdige Wesen, die für ihre Arbeit belohnt werden sollten. Und es gut haben sollten.

So kommt es, dass sie 2012 wieder in Deutschland ist. Hier lässt sie aber das Thema Hunde nicht los. Sie beschäftigt sich mit dem Thema „Straßenhunde“, schaut sich Videos im Netz an. Im September 2013 schließlich holt sie die Hündin Lotta aus einer Tötungsstation in Ungarn. Bis dahin war der Welpe in der Dunkelheit gehalten worden. In Ungarn würden Hunde, die gefangen werden, nach 14 Tagen getötet. „Entweder Schaufel oder Spritze“, sagt sie.

Mit ihr begann alles vor elf Jahren: Doris Urban mit Lotta vor ihrem Haus „Lotta im Glück“ in Neuenkirchen.

Mit ihr begann alles vor elf Jahren: Doris Urban mit Lotta vor ihrem Haus „Lotta im Glück“ in Neuenkirchen. Foto: rp

Den Hunden eine Chance geben

Von welcher Rasse Lotta ist, kann sie nicht genau sagen. „Sie ist so bunt“, erzählt sie und streichelt dabei dem Tier über den Kopf. „Sie ist eigentlich ein Dackel, hält sich aber für einen Kampfhund.“ Auf Lotta folgen weitere Hunde. Aktuell leben in und um ihr Haus herum 12 Hunde und 13 Katzen. Die gebürtige Düsseldorferin hat vor vier Jahren das Haus, in dem sie jetzt mit den Tieren lebt, zu einem günstigen Preis erworben. Mit Blick auf Lotta hat sie es „Lotta im Glück“ genannt.

Alltagsheldin: Doris Urban, die Hundeflüsterin

Doris Urban hat in Neuenkirchen mit „Lotta im Glück“ einen Glücksort für Hunde geschaffen. Sie lebt mit den Hunden und für die Hunde.

Der Name ist Programm. Hier sollen es die Tiere gut haben. Was aber treibt einen Menschen wie Doris Urban für die Hunde an? Woraus speist sich ihre Energie? „Die Hunde können doch nichts dafür, wo und in welcher Zeit sie geboren werden“, sagt Urban. Es schmerzt sie, wenn in Ungarn oder anderen Ländern Hunde schlecht behandelt werden und leiden müssen. Sie sollen eine Chance bekommen, da herauszukommen.

„Es war kein Platz für Familie“

Beruflich ist die 52-Jährige in Bremerhaven am Hafen als Busfahrerin beschäftigt. Sie finanziert die meisten Ausgaben aus ihrer eigenen Tasche. Was sie für die Vierbeiner ausgibt, kann sie nicht sagen. „Ich habe bisher noch nie nachgerechnet“, sagt sie. Das Wohlergehen der Hunde ist ihr zum Lebensinhalt geworden.

Neben Hunden verpflegt Doris Urban auch viele Katzen. Aktuell sind es 13.

Neben Hunden verpflegt Doris Urban auch viele Katzen. Aktuell sind es 13. Foto: rp

Auch zu einer Art Familienersatz. Sie habe relativ früh gewusst, dass sie keine eigenen Kinder haben wollte. Auch Single ist sie gerne gewesen. „Es war tatsächlich kein Platz für Familie“, stellt sie fest. „Ich habe mich für die Hunde entschieden.“ Als mögliche Erklärung für diese Lebensentscheidung sagt sie: „Vielleicht ist das Verständnis für die Hunde so gut, weil ich nicht die Familie hatte, die andere haben.“

Nicht alle Hunde werden weitervermittelt

In den vergangenen elf Jahren sind 320 Hunde bei ihr gewesen, wie sie erzählt. Sie vermittelt die Hunde weiter. Auch an diesem Tag geht eine Hündin weg, die Perla. Ein junges Paar aus Otterndorf holt sie ab. Dabei dürfen die Hunde eine Woche lang im neuen Zuhause probewohnen. Geht es gut, bleiben sie. Wenn nicht, dürfen sie wieder zu ihr zurückgebracht werden. „Ich möchte, dass meine Hunde eine Chance bekommen“, erzählt sie. „Wenn ein Hund geht, kann der nächste kommen. Nur so funktioniert es.“

Nicht alle Hunde aber werden weitervermittelt. Einige sind von schlechten Erfahrungen vorher traumatisiert, bleiben in einer Ecke, andere sind krank wie Langos, was im Ungarischen für Fladenbrot steht. „Sie bekommt bei mir Gnadenbrot“, sagt sie. Und natürlich auch Medikamente. Denn der kleine Dackel ist unheilbar erkrankt und befindet sich in der letzten Lebensphase.

Mein schönstes Erlebnis

Ihr schönstes Erlebnis in all den Jahren? Sie überlegt kurz. „Ich hatte eine Hündin gefunden in Ungarn, die Kohna. Sie saß im abgeschlossenen Schuppen als Welpe. Sie wurde nach Mittelschweden vermittelt. Das war vor vier Jahren. Der neue Besitzer hat mir Fotos geschickt. Ich sah Kohna, wie sie am Fenster saß und in die weite schwedische Landschaft blickte. Das zu sehen, erfüllte mich mit tiefer Freude.“

Doris Urban hat ihre Hunde gern. Und ihre Hunde mögen sie.

Doris Urban hat ihre Hunde gern. Und ihre Hunde mögen sie. Foto: rp

Doch der Einsatz für die Tiere hat für Doris Urban nicht nur schöne Seiten. Er erfordert viel Arbeit, die manchmal für einen einzelnen Menschen einfach zu viel sein kann. Und folglich vieles auf der Strecke bleibt, was nach gesellschaftlichen Vorstellungen für eine entsprechende Lebensführung notwendig wäre. Die Wohnräume im Haus sehen stark renovierungsbedürftig aus. Die Wände sind nicht tapeziert, auf dem Boden sind keine Teppiche. „Ich möchte das Haus irgendwann renoviert haben. Der größte Feind ist die Zeit“, erzählt die 52-Jährige.

Eine depressive Phase durchgemacht

Ein weiteres Problem: Menschen, die für ihre Lebensweise kein Verständnis aufbringen können. Betritt man die Wohnung, laufen einem die vielen Hunde mit ihrem Gebell zu, ein strenger Geruch schlägt einem entgegen. Denn, bei Doris Urban sind die Hunde Teil der Wohnung. Da bleibt es nicht aus, dass der eine oder andere seine Notdurft in die Wohnung macht. Oder ein Hund ist krank und hat Durchfall.

Auch wenn Doris Urban das beseitigt - nicht alle Menschen können und konnten für die Umstände Verständnis aufbringen. „Hinter meinem Rücken wurde geredet. Zeitweise habe ich das zu nahe an mich herankommen lassen. Ich habe mir sagen lassen, was ich nicht schaffe. Ich habe es persönlich genommen“, sagt sie. Die Folge: Die Stimmung ging in den Keller, es folgten depressive Phasen. Etwa anderthalb Jahre dauerte das. Mittlerweile geht es ihr wieder besser. Auf die Frage, wie sie da wieder herausgekommen ist, sagt sie: „Ich musste für die Hunde da sein. Am Ende des Tages zählen die Hunde.“ Und: „Ja, ich lebe anders. Aber ich weiß, was ich mache. Leute, die mit meiner Lebensweise nicht klarkommen, die sollen einfach wegbleiben.“

Die Ziele für die Zukunft

Aktuell arbeitet Doris Urban mit ihren Mitstreiterinnen für die Hunde an einem neuen Verein. Die Zusammenarbeit mit dem alten Verein, mit dessen Hilfe sie Hunde aus Ungarn holte, ist beendet. Der neue Verein soll „Alive“ heißen und befindet sich in der Gründungsphase. 2025 soll er die Arbeit aufnehmen. Bis es aber soweit ist, steht Weihnachten vor der Tür.

Sie möchte wieder einen großen Weihnachtsbaum vor dem Haus aufstellen. Und für jeden gespendeten Euro möchte sie von ihrem eigenen Geld eine Kugel kaufen und an den Baum hängen. Im vergangenen Jahr hat sie 2000 Euro Spenden eingesammelt und zwei Lkw mit Gütern nach Ungarn geschickt. Auch dieses Jahr soll das klappen. Und was rät sie Menschen, die sich einen Hund anschaffen wollen? „Im Moment wird alles gekreuzt. Manche kommen schnell in Mode wie Labradorhunde. Das sind aber Jagdhunde. Die Bedürfnisse der Hunde sollten nicht vergessen werden.“

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