TWarum ein waschechter Helgoländer jetzt in Balje wohnt

Balje. Frank Botter ist waschechter Helgoländer. Er ist auf der Insel geboren, dort aufgewachsen und war zwölf Jahre lang Bürgermeister. Jetzt lebt er in Balje - zumindest die meiste Zeit. Wie es dazu kam.
Bei der Kirche steht das Haus. Zu erkennen an der blauen, original Helgoländer Festmacherleine, die das Grundstück umfasst. Direkt gegenüber der Feuerwehr. Auch das passt. Botter ist eingefleischter Feuerwehrmann und Mitglied in vier Wehren: Helgoland, Ihlienworth, Quickborn - und jetzt Balje. Hier ist seit drei Jahren das Zuhause von Petra und Frank Botter - das zweite Zuhause.
Denn ein echter Helgoländer kann sich nicht wirklich von der Insel trennen. Rund 1250 Menschen leben auf Helgoland, doch nur 256 von ihnen seien laut Botter echte Helgoländer. Nämlich nur diejenigen, die auf der Insel geboren wurden. Wer auf dem Festland zur Welt kommt und auf Helgoland aufwächst, ist nur Insulaner.
„1957 wurde ich in das Glück hineingeboren“, sagt Frank Botter. Zwei Jahre zuvor war seine Familie nach Helgoland zurückgekehrt, der Zweite Weltkrieg war vorbei, die „Operation Big Bang“, mit der die britische Besatzung die militärischen Anlagen zerstörte, lag acht Jahre zurück. Erst ab März 1952 durften die Helgoländer zurück.
Taschengeld durch Sammeln von Pfandflaschen
„In den Jahren des Aufbaus war die Insel ein großer Abenteuerspielplatz“, erinnert sich Botter an seine Kindertage. Jede Woche wurden sechs Richtfeste gefeiert. Taschengeld verdienten sich die Kinder durch das Einsammeln von Pfandflaschen der vielen Handwerker.
Der Name Botter ist seit 1634 in den Kirchenbüchern Helgolands erwähnt. Politisch sei zu Hause Klartext geredet worden, erzählt der 66-Jährige. Vater Peter Hinrich Botter gründete 1959 den Ortsverein der SPD und war Bürgervorsteher, also Ratsvorsitzender der amtsfreien Landgemeinde Helgoland, die zum Kreis Pinneberg in Schleswig-Holstein gehört. Auch Frank Botters Bruder Peter war Bürgervorsteher. Frank Botter selbst trat mit 17 Jahren in die SPD ein, im Jahr 1974, als Willy Brandt Helgoland besuchte.
Er sei als „strammer Juso“ unterwegs gewesen, erzählt Botter, aber sein Berufsweg habe ihn in die Verwaltung geführt, wo er lange Leiter des Ordnungs- und Sozialamtes auf Helgoland war. Vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2010 war er Bürgermeister von Helgoland, also Verwaltungschef, wie früher in Niedersachsen die Stadt- und Gemeindedirektoren.
Auf Helgoland gibt es keine Fachärzte
Was führt einen so auf der Insel verwurzelten Menschen aufs Festland? Zum einen die deutlich bessere medizinische Versorgung. Zwar gebe es noch immer ein Krankenhaus auf Helgoland, aber keine Fachärzte, erzählt der Pensionär. Auch ein Pflegeheim fehle. Zum anderen die Sehnsucht nach dem Enkelkind. Zwar ist auch Balje medizinisch nicht top versorgt, aber die Wege sind kürzer - und vor allem schneller als von der 60 Kilometer von der Küste entfernten Hochseeinsel.
Die Wahl auf Balje fiel, weil die Gemeinde nur eine halbe Stunde vom Geburtsort seiner Frau entfernt liegt. Sein Schwager und eine Tante seiner Frau wohnten in Balje. Daher habe er zunächst in der nördlichsten Gemeinde des Landkreises nach einer neuen Bleibe gesucht und wurde schnell fündig.
Helgoländer Hummerbuden in Balje
Hinzu kam, dass Familie Botter schon immer einen Bezug nach Nordkehdingen hatte, insbesondere nach Freiburg, wo auf der Hatecke-Werft die Helgoländer Börteboote gebaut wurden. Drei Onkel und Frank Botters Vater hatten ihre Boote dort bauen lassen. Sein Patenonkel überwinterte sein Boot immer auf der Freiburger Werft. Er selbst ist Gründungsmitglied des Vereins zum Erhalt der Helgoländer Börteboote, dessen Vorsitzender Peter Hatecke ist.
Frank Botter fühlt sich wohl in Balje. „Es ist schön, hier zu leben. In wenigen Minuten bin ich mit dem Rad an der Elbe und kann vom Deich Schiffe gucken“, sagt er, „und die müssen alle an Helgoland vorbei.“ Ein schöner Gedanke. Ein bisschen Helgoland hat er sich hinterm Haus geschaffen: Verschiedene Schuppen sind farbig angemalt. „Jetzt ist es hier so bunt, wie die Helgoländer Hummerbuden.“