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Therapiehunde

TWas diese kleinen Hunde den Kita-Kindern in Mulsum beibringen

 Nach einer Lerneinheit lieben die Kinder es, wenn Filou über sie spaziert.

Nach einer Lerneinheit lieben die Kinder es, wenn Filou über sie spaziert. Foto: Sophia Ahrens

Sie gehen den Kindern nicht mal bis zum Knie. Doch wenn Filou und Hanno in Mulsum zu Gast sind, sind alle hochkonzentriert. Die kleinen Hunde stehen ihren großen Kollegen in nichts nach - im Gegenteil. Wie sie den Kindern beim Lernen helfen.

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Von Sophia Ahrens
Dienstag, 17.10.2023, 12:00 Uhr

Mulsum. Hanno sollte eigentlich zu Hause bleiben. Aufmerksam sitzt der Havaneser nun aber im Bewegungsraum des Triangel-Kindergartens in Mulsum. Dass Besitzerin Yvonne Heins ihn heute doch mit zur Arbeit gebracht hat, zeigt seinen pädagogischen Wert. „Ein Junge sagte zu mir, er könne doch auch nicht einfach zu Hause bleiben, weil er nicht stillsitzen kann. Er müsse das auch noch lernen, wie Hanno“ , berichtet Yvonne Heins. Der Junge ist dreieinhalb Jahre alt.

Der schwarze Hunderüde ist erst zwei Jahre alt. „Er ist sehr arbeitswillig, aber er hat es noch nicht so mit der Geduld“, sagt Yvonne Heins. Neben ihm döst das Gegenteil: Die helle Filou bringt mit ihren 11 Jahren nichts so schnell aus der Ruhe. Therapiehunde wie die beiden sind inzwischen in einigen Kitas unterwegs, meist größere Rassen. Die Hunde von Yvonne Heins messen gerade einmal 25 Zentimeter Schulterhöhe. Und das hat bei der Arbeit mit den Kindern Vorteile.

Kinder reagieren ruhig auf die beiden Therapiehunde

Hanno fiept ein paar Mal. Er scheint darauf zu warten, dass endlich etwas Action aufkommt. Kurz darauf geht die Tür auf - und 15 Kita-Kinder spazieren herein. Was auffällt: Keiner schreit, keiner tobt. Alle Blicke sind auf die Hunde gerichtet - und die Regeln, die in ihrer Gegenwart beachtet werden müssen, nehmen die Kinder ernst. Obwohl es durch die Ferien schon acht Wochen her ist, seitdem Tiere und Kinder gemeinsam gelernt haben.

Mit Bilderbüchern erklärt Yvonne Heins, was erlaubt ist und was nicht.

Mit Bilderbüchern erklärt Yvonne Heins, was erlaubt ist und was nicht. Foto: Sophia Ahrens

Viele Kinder hätten Panik vor großen Hunden, sagt Yvonne Heins. „So ein Labrador ist da schon Auge in Auge mit einer Dreijährigen.“ Als sie an einer depressiven Bekannten sah, welch positiven Effekt Hunde auf die Psyche des Menschen haben, begann sie, ihre Hündin Filou zum Therapiehund auszubilden. Damals war sie in der Jugendarbeit tätig. Durch Filou bekam sie zu vielen Jugendlichen einen besseren Zugang, berichtet sie. Und auch die Eltern der Kita-Kinder berichteten Positives. „Sie erzählen, dass ihr Kind nicht mehr panisch wegrennt, wenn es im Alltag einen Hund sieht.“

Regeln lernen mit Hilfe der Hunde

Heute will Yvonne Heins das Thema Regeln und Gefühle aufgreifen. Karten zeigen Emotionen von Hunden und Menschen. Problemlos ordnen die Kinder das schlecht gelaunte Kind dem Pendant in Hundesprache zu. Ein Bilderbuch zeigt einen chaotischen Spielplatz mit Kindern und einem Hund. „Da können die Hunde doch drauftreten, vielleicht ist da ein Nagel drin“, ruft ein Junge. Auch in der Kita wird besonders gründlich aufgeräumt, wenn Filou und Hanno zu Gast sind. Doch was musste Yvonne Heins erfüllen, um mit Kindern und Hunden zu arbeiten?

„Es gibt noch keine standardisierte Therapiehundeausbildung“, sagt die Pädagogin. Wenn Leitung und Träger einverstanden sind, könnten Hunde mitgebracht werden, kritisiert sie. „Nicht jeder Hund, der kinderlieb ist, hält das aus.“ Die Hunde müssten erprobt sein und die Besitzer die Stresssignale erkennen können.

Mit Filou absolvierte Yvonne Heins eine umfangreiche Ausbildung: 300 Trainingsstunden bei einer Trainerin, eine ganztägige Prüfung und eine Facharbeit nahm sie auf sich. Die Samtgemeinde als Träger unterstützte sie bei ihrem Vorhaben. Als ein Zweithund einziehen sollte, nahm sie ihre Hundetrainerin mit zur Auswahl eines geeigneten Welpen.

Heute hilft Hanno den Kindern dabei, Zahlen zu lernen. „Oft haben die Kinder kein Bock auf Zahlen“, weiß Yvonne Heins. Doch wenn die Leckerlies, die beim Reinfallen in die Dose gezählt werden, verfüttert werden dürfen, sind alle voll bei der Sache.

Hunde dürfen nicht überfordert werden

Yvonne ist mit ihren Hunden inzwischen nebenberuflich in anderen Einrichtungen unterwegs. Sie achtet darauf, ihnen nicht zu viel zuzumuten. Laut Tierärztlicher Vereinigung für Tierschutz ist empfohlen, Therapiehunde nicht öfter als drei Tage die Woche für drei bis vier Stunden einzusetzen. „Es kommt aber auch auf das Individuum Hund an“, betont Yvonne Heins. Wie bei Menschen seien einige Tiere belastbarer als andere.

Der kleine Hund im Tunnel.

Der kleine Hund im Tunnel. Foto: Sophia Ahrens

Zum Ende der Einheit folgt das Highlight für die Kinder: Als Tunnel reihen sich die Kinder auf allen Vieren auf - und die Hunde huschen routiniert darunter hindurch. Eine Übung, die so nur mit kleinen Hunden möglich ist.

Anschließend dürfen sich die Kinder selbst ein menschliches Hindernis überlegen. Sie besprechen sich - und bilden einen Kreis. Im Slalom spaziert Filou zwischen den Kindern durch. „Nicht so dicht“, sagt ein Mädchen zu einem anderen, um Platz für den Hund zu machen. Ohne Protest wird ein Stück auseinander gerückt. Doch bei aller Ruhe steht der Spaß nicht hintenan: Als Filou über ein Meer aus liegenden Kindern spaziert, ist das Gelächter groß.

Anfragen zur tiergestützten Arbeit nimmt Yvonne Heins unter 8kleinepfoten@web.de entgegen.

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