TWeltstar in Kehdingen: Rummenigge schwärmt noch heute vom Spiel in Freiburg

Karl-Heinz Rumenigge war bei Groß und Klein gefragt. Foto: privat
Vor 40 Jahren spielte Inter Mailand in Freiburg. Im TAGEBLATT erzählt Karl-Heinz Rummenigge, warum das Freundschaftsspiel für ihn zu einer besonderen Erinnerung wurde.
Freiburg. Am 23. Mai 1985 gastierte der große Inter Mailand zu einem Freundschaftsspiel bei der SG Freiburg/Oederquart – ein traditionsreicher Weltverein mitten in der Nordkehdinger Provinz. Die Italiener reisten mit zahlreichen Nationalspielern an, allen voran Karl-Heinz Rummenigge. Sowohl Spieler, der Organisator als auch der Weltstar über einen außergewöhnlichen Tag:
Kleines Dorf, riesiger Medienrummel
Ernst Hülsen war 24, als er gegen Inter spielte. Heute trainiert er die Herrenmannschaft in der 1. Kreisklasse. Seine Spieler, alle nach 1985 geboren, kennen die Geschichten von den Kehdinger Amateuren, die gegen Inter Mailand, Bayern München, Eintracht Frankfurt, den HSV und andere Größen antraten. „Stimmt das wirklich?“, fragen sie ungläubig. Ja, es stimmt.

Fans und Gegenspieler konnten über die durchtrainierten Beine von Karl-Heinz Rumenigge nur staunen. "Der Mann war ein einziger Muskel", so Ernst Hülsen. Foto: privat
Als Erinnerung bewahrt er einen Wimpel vom Spiel und ein Trikot von Graziano Bini auf, der wie er die Nummer 6 trug.
Der heute 64-Jährige erinnert sich besonders an den Medienrummel. Große und kleine Zeitungen berichteten, sogar die „Heute“-Nachrichten im Fernsehen. Einem Magazin unterlief ein Fehler: Es druckte Hülsen als heldenhaften Torschützen. „Das war etwas unglücklich“, sagt er.

Das Medieninteresse war für das nur rund 2000 Einwohner kleine Örtchen riesig. Foto: privat
Trauriger Torschütze
Der Ruhm gebührte Delf Waltersdorf. Er erzielte vor rund 3000 Zuschauern das zwischenzeitliche 1:11. Am Ende traf Inter sogar 14 Mal. Nach dem Spiel stürzten sich die Journalisten auf Waltersdorf. Wer war der Mann, der als Einziger Torhüter Angelo Recchi bezwingen konnte?

Das TAGEBLATT berichtete umfangreich über das Spiel. Foto: TAGEBLATT
Waltersdorf beantwortete alle Fragen höflich, konnte den Moment aber nicht genießen. Während seine Mitspieler in der Inter-Kabine mit Rummenigge plauderten und Trikots tauschten, ging er leer aus. „Irgendwie war der Abend dann nicht mehr so schön“, sagt er.
Die Zeitungsartikel hat er aufgehoben, das Spiel mittlerweile auf DVD gesichert. Und in Fußballrunden hat er immer das letzte Wort: „Ich sage dann: ‚Schießt erst mal ein Tor gegen Inter Mailand, dann reden wir weiter‘“, erzählt er und lacht.

Rund 3000 Zuschauer kamen ins Freiburger Stadion. Foto: privat
Star für einen Abend
Ulrich Asmussen, heute im Kreisspielausschuss des NFV, bestritt gegen Inter sein letztes großes Spiel als Kapitän. „Ich wollte kein anderes mehr machen, das internationale Spiel war der Höhepunkt“, sagt er.
Nach dem Abpfiff bildete sich eine Fantraube. „Ich dachte, in der Mitte steht Rummenigge“, erinnert sich Asmussen. Doch es war Peter Löwe, Rummenigges Gegenspieler. Löwe hatte zuvor bereits gegen Werder Bremen Rudi Völler verteidigt und war bei Autogrammjägern gefragt.

Peter Löwe war der ständige Bewacher von Karl-Heinz Rumenigge. Foto: privat
Vor dem Inter-Spiel zehn Stunden gearbeitet
Asmussen hatte vor dem Spiel noch zehn Stunden gearbeitet. „Dann bin ich anderthalb Stunden den Italienern hinterhergelaufen“, sagt er. Nach dem Spiel aßen beide Teams gemeinsam auf Gut Schöneworth.

Ulrich Asmussen (rechts) war gegen Inter Kapitän der SG Freiburg/Oederquart. Foto: Albrecht
Eigentlich wollte Inter Mailand auch hier übernachten, aber „die Fußballer wollten nicht dort bleiben, wo sich Fuchs und Hase ‚Gute Nacht‘ sagen, sondern lieben nächtigen, wo heiße Häschen vermutet wurden“, kommentierte Redakteur Wolfgang Czichy damals im TAGEBLATT. „Inter ist nachts nach Hamburg gefahren und wir haben alleine die Nacht zum Tag gemacht“, so Asmussen.

Auf der Tribüne, wo vor 40 Jahren Kehdinger Fußballgeschichte geschrieben wurde: Hans-Jürgen Kühlcke bekam von Rummenigge einen unterschriebenen Wimpel und eine seltene Logo-Tafel der Serie A. Foto: Wertgen
Inter mit Star-Allüren
Für Organisator Hans-Jürgen Kühlcke war das Spiel eine Herausforderung. Der frühere Bäcker holte damals reihenweise Stars nach Kehdingen. Inter einzufliegen und aus Hamburg mit dem Bus abzuholen, war teuer, aber geplant. Die Extrawünsche der Gäste jedoch nicht.

Hans-Jürgen Kühlcke holte Rummenigge und Co. vom Flughafen ab, wo die Stars direkt erste Autogrammwünsche erfüllten. Foto: Albrecht
Kurzfristig ließ Inter den Anpfiff um eine Stunde vorverlegen, angeblich, um mit allen Stars antreten zu können – die dann doch nicht alle kamen. Kühlcke und der DFB stritten später mit Inter darüber.
Die Italiener wollten nur zweimal 30 Minuten spielen, nahmen offenbar sechs Bälle mit und bestanden auf ein Fünf-Gänge-Menü. „Mit drei Gängen waren sie dann zufrieden“, sagt Kühlcke.

Legendär: Bei der Busfahrt war auch der langjährige TAGEBLATT-Fußballberichterstatter Dieter Albrecht dabei. Er erfuhr als weltweit erster Journalist vom Rücktritt Rummenigges aus der Nationalmannschaft. Foto: Albrecht
Der größte Star des Abends, Karl-Heinz Rummenigge, damals nach Diego Maradona der zweitteuerste Spieler der Welt, zeigte sich bescheidener. Er erfüllte unzählige Autogrammwünsche, war hilfsbereit und fungierte als Dolmetscher.
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Rummenigge, bodenständiger Weltstar
„Gibt es hier gute Bratwürste?“, fragte Karl-Heinz Rummenigge neugierig. „Nach wochenlanger Pasta in Mailand hatte ich echten Heißhunger auf etwas Deftiges“, erinnert sich der 69-Jährige. Er bekam eine Wurst. „Sie schmeckte ausgezeichnet.“

Hans Jürgen Bensch und sein Gespann erhielten insgesamt 81 DM für das Spiel, während Inter Mailand den Spielbericht eigentlich gar nicht ausfüllen wollte. Foto: privat
Rummenigge traf in einem WM-Finale, ist Deutscher Meister und Europameister, gewann später als Funktionär alles. Und dennoch ist ihm dieses Testspiel vor 40 Jahren in Freiburg genau in Erinnerung geblieben.
Er erzählt von Konditormeister Kühlcke, der alles organisierte, und von einem ganzen Ort, der auf den Beinen war. „Die Atmosphäre war so herzlich“, sagt Rummenigge, der sich am Mittwoch über die TAGEBLATT-Anfrage freute.
Ein Stehplatz kostete 19 DM, ein Sitzplatz 23 DM. Foto: Wertgen

Die SG Freiburg/Oederquart erlebte ein Spiel, das heute undenkbar ist. Foto: Albrecht

Die Kabine, in der Inter Mailand war, sieht heute noch so aus wie früher. Damals musste Kühlcke extra Massagebänke anschaffen. Foto: Wertgen
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