Zähl Pixel
Kulturevents

TWenn die Kirche zum Kino wird

Sie tragen die Kultur in die Kirchen - St. Martin in Oldendorf und St. Marien in Himmelpforten: Kirsten Heinsohn, Ute Jungclaus und Heike Hellwege (von links).

Sie tragen die Kultur in die Kirchen - St. Martin in Oldendorf und St. Marien in Himmelpforten: Kirsten Heinsohn, Ute Jungclaus und Heike Hellwege (von links). Foto: Susanne Helferich

Filme, Konzerte, Lesungen: In Oldendorf und Himmelpforten stellen Ehrenamtliche ein beachtenswertes Programm auf die Beine. Aber es gibt etwas, das die Initiatoren vermissen.

author
Von Susanne Helfferich
Sonntag, 14.07.2024, 17:05 Uhr

Oldendorf/Himmelpforten. Elf Jahre ist es her, dass der Kirchenvorstand der St. Marienkirche in Himmelpforten zum Reformationstag in die Kirche einlud, um dort den Film „Luther“ zu sehen. Das war die Initialzündung für die Reihe „Kultur in der Kirche“, die im vergangenen Jahr 22 Veranstaltungen und 1154 Besucher zählte.

„Damals benutzten wir noch ein Bettlaken als Leinwand“, erinnert sich Heike Hellwege. Die Resonanz sei anfänglich „nicht so doll“ gewesen. „Die Leute kannten das nicht, in die Kirche zu gehen, um etwas zu erleben“, erzählt sie, auch das Klatschen im Gotteshaus war verpönt. „Aber wir, drei aus dem Kirchenvorstand, haben das einfach gemacht“, so Hellwege.

Inzwischen gibt es eine richtige Leinwand, applaudiert wird auch und die Kirche im Dorf ist gefüllt. Bis Jahresmitte hatten bereits mehr als 1000 Gäste 16 Veranstaltungen - Kino, Konzerte und Lesungen - wahrgenommen.

Keine Konkurrenz für bestehende Initiativen vor Ort

Eigeninitiative ergriffen auch Ute Jungclaus und Kirsten Heinsohn in Oldendorf, die im Januar 2017 erstmals zu einem Konzert mit den Tenören4you einluden. „Die Kirche war frisch restauriert, der Holzfußboden wieder hergerichtet, das war klasse für die Akustik“, erzählt Ute Jungclaus.

„Wir wollten diese schöne Kirche mit Leben füllen.“ Seit der Renovierung reichen die Kirchenbänke nicht mehr bis ganz nach vorne, dort wurde bestuhlt. Das schafft Flexibilität. „So können wir jederzeit Platz schaffen für Chöre“, erklärt Kirchenvorsteherin Kirsten Heinsohn.

Für Heinsohn und Jungclaus stand von Anfang an fest, dass ihre Konzerte in der Kirche keine Konkurrenz zu den bestehenden Angeboten im Dorf sein sollen. So pausiert die Initiative „Kirche&Kultur“ während des Sommers, weil da der Oldendorfer Kultursommer zu Konzerten einlädt.

Der Kultur- und Heimatverein Oldendorf zeigt im Brunkhorst‘schen Haus regelmäßig Kino. „Da müssen wir nicht auch noch Filme zeigen“, so Jungclaus. Letztlich kommt die Initiative auf vier bis fünf Veranstaltungen im Jahr. Gewuppt werden diese von einem Team von sechs Frauen - und alles ehrenamtlich.

Alle zwei Wochen für „Kultur in der Kirche“ im Einsatz

„Es gibt nichts Blöderes als eine Kirche, die nicht mit Leben gefüllt wird“, sagt Hellwege, „der Raum ist da, den können wir nutzen.“ 15 ehrenamtliche Helfer und Helferinnen zählt inzwischen das Team in Himmelpforten. Vom Plakate hängen und dem Aufbau über den Einlass bis zum Ausschank und der Vorbereitung der Häppchen-Teller - die Ehrenamtlichen haben gut zu tun. Und das fast alle zwei Wochen.

Ginge es nach den Anfragen der Kulturschaffenden, gäbe es in Himmelpforten noch mehr Veranstaltungen. „Ich habe so viele Anfragen, dass ich gar nicht mehr alle bedienen kann“, sagt Heike Hellwege. „Wir sind für die nächsten zwei Jahre ausgebucht.“

Finanziert wird der Kulturbetrieb in beiden Kirchengemeinden unabhängig vom Kirchenetat, in Himmelpforten überwiegend über Spenden am Abend. Mal komme etwas mehr, mal etwas weniger zusammen, aber die Künstler erhielten davon unabhängig eine fixe Gage. Es sei eine Mischkalkulation, aber meistens passe das. „Hin und wieder bemühen wir uns um Gelder von Bürgerstiftung und Landschaftsverband“, so Hellwege.

Etwas anders läuft das in Oldendorf: „Bei Berufsmusikern nehmen wir Eintritt, versuchen aber nicht über 20 Euro zu gehen“, erzählt Jungclaus. Und Kirsten Heinsohn ergänzt: „Wenn wir Getränke und Häppchen verteilen, bitten wir um Spenden für die Kultur.“

Besucher kommen aus dem ganzen Landkreis

Was sowohl die Himmelpfortener als auch die Oldendorfer Kulturanbieter bedauern, ist die geringe Resonanz vor Ort. „Es ist ein bisschen so wie mit dem Propheten, der im eigenen Land nicht viel zählt“, sagt Ute Jungclaus. Auch Heike Hellwege bestätigt: Das Gros der Kulturinteressierten komme von außerhalb. Anders sei es bei Konzerten mit Bläsern. Die besuchten auch Einheimische.

Die Erklärung: Mit der Big Band Himmelpforten, dem Blasorchester Himmelpforten und dessen Vororchester an der Estorfer Grundschule gibt es vor Ort gleich mehrere Ensembles mit Bläsern. Aber es gibt auch Überraschungen, wie den Auftritt von Fumito Nunoya mit seiner Marimba im April.

„Da war das Konzert zwei Wochen vorher ausverkauft“, so Hellwege. „Das schönste Kompliment kam von einer Frau, die anfänglich unserem Angebot sehr kritisch begegnete. Doch irgendwann kam sie auf mich zu und sagte, dass sie ihre Meinung revidiere: Wir brauchen doch Kultur in den Kirchen“, erzählt Hellwege.

Die nächsten Veranstaltungen in den Kirchen

  • Oldendorf: Am Sonnabend, 24. August, spielt mit Rock Tales erstmals ein Rock-Ensemble in St. Martin. Am Sonnabend, 19. Oktober, kommt Scarlett Christmann mit ihrem Akkordeon nach Oldendorf. Beide Konzerte beginnen um 19 Uhr.
  • Himmelpforten: Das Akustik-Duo Meemken&Duesmann spielt am Freitag, 19. Juli. Am 23.August ist der Fahrradkantor Martin Schulze zu Gast. Das Brahmskonservatorium gastiert unter dem Titel „Frisch gestrichen“ am 27. September und am 11. Oktober spielen Thomas Kiekebusch und Marvin Vollmers in St. Marien. Beginn: 19.30 Uhr.
Sie tragen die Kultur in die Kirchen - St. Martin in Oldendorf und St. Marien in Himmelpforten: Kirsten Heinsohn, Ute Jungclaus und Heike Hellwege (von links).

Sie tragen die Kultur in die Kirchen - St. Martin in Oldendorf und St. Marien in Himmelpforten: Kirsten Heinsohn, Ute Jungclaus und Heike Hellwege (von links). Foto: Susanne Helferich

Weitere Artikel