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TWie Christa Hellwig die Bombennacht vom 18. September 1944 überlebte

Die Nacht des 18. Septembers scheint in den Erinnerungen von Christa Hellwig nicht zu verblassen.

Die Nacht des 18. Septembers scheint in den Erinnerungen von Christa Hellwig nicht zu verblassen. Foto: Overschmidt

Christa Hellwig war erst zehn Jahre alt, als die Sirenen die Dunkelheit durchdrangen und den Beginn eines verheerenden Bombenangriffs in Bremerhaven markierten. Ihre Erinnerungen an diese Nacht sind eindringlich.

Von Katharina Hopp Mittwoch, 18.09.2024, 12:00 Uhr

Bremerhaven. Christa Hellwig lag schon im Bett, als die Sirenen in Bremerhaven ertönten. Um 22 Uhr ging der Bombenangriff der Alliierten am 18. September 1944 los. Zu dem Zeitpunkt ist Christa Hellwig zehn Jahre alt - aber keineswegs ängstlich, wie sie erzählt. „Ich war immer sehr realistisch. Bin ich auch heute noch“, sagt sie.

Die Flucht durch ein Flammenmeer am Holzhafen

Die besagte Bombennacht hat Christa Hellwig noch genau vor Augen. „Das war eine Feuersbrunst. An der Ecke Kanal- und Schönianstraße stand dieser große Schuppen, der ging von der Kanalstraße bis hoch oben am Kai. Der war total am Brennen. Meine Mutter und ich - und meine Schwester, wir sind durch das Feuer gelaufen, um zum Bunker zu kommen“, erzählt sie. Ihr Vater war in der Nacht nicht in Bremerhaven - „Unser Vater war im Krieg“, sagt Christa Hellwig.

Die Erinnerungen trüben ihre Verbundenheit zu Bremerhaven nicht

Mittlerweile ist Christa Hellwig 91 Jahre alt und sitzt, während sie ihre Geschichte erzählt, in ihrem Wohnzimmer. Nach dem Bombenangriff musste sie mit ihrer Familie zwei Jahre zu ihrer Tante und später für fünf Jahre nach Barnstorf nahe Diepholz ziehen. In Bremerhaven war für sie zu der Zeit kein Leben mehr möglich. Heute lebt sie wieder in Bremerhaven.

Die verzweifelte Suche nach Schutz vor den Flammen

Angekommen am Bahnhofsbunker wurde den drei Frauen klar, hier können sie nicht bleiben. „Da nahmen sie keine mehr auf.“

Ein Blick von der Fährstraße in die Grabenstraße kurz nach dem Angriff des 18. Septembers 1944.

Ein Blick von der Fährstraße in die Grabenstraße kurz nach dem Angriff des 18. Septembers 1944. Foto: Archivmaterial

Stehen bleiben war aber keine Option, also rannten sie zu Christa Hellwigs Oma. „Da fiel ein brennender Balken vom brennenden Dach, fast auf meinen Kopf“, beschreibt sie mit geschlossenen Augen und fügt hinzu: „Meine Mutter hat uns durch diese Feuersbrunst geschleppt.“

Die Nachwirkungen der schrecklichen Nacht

Die traumatischen Erfahrungen prägen die 91-Jährige bis heute: „Ich muss an die heutigen Menschen denken, in der Ukraine, in Israel und so, diese armen Menschen.“ Für sie war es mit der Flucht in der besagten Nacht nicht getan. Mit Mitte 30 suchte sie sich Hilfe: „Ich hatte das immer so mit den Nerven, sodass ich dann mal beim Psychiater gewesen bin.“

Zwei lange Jahre in einer überfüllten Wohnung

Der Spießrutenlauf durch die Stadt in der Nacht des 18. Septembers endete bei ihrer Tante, die in der Georg-Seebeck-Straße wohnte. Ihre Wohnung blieb verschont. „Wir haben dort erst mal zwei Jahre übergangsweise mit zwölf Personen in einer Dreizimmerwohnung gewohnt. Wir Kinder haben unter dem Tisch geschlafen“, erinnert Christa Hellwig sich.

Die Nacht des 18. Septembers, die nie enden wollte

Der Angriff endete gegen 22:20 - 20 Minuten, die sich für Christa Hellwig nach einer Ewigkeit anfühlten: „Das brannte und brannte und brannte.“ Die Flammen in dieser Nacht brannten sich wortwörtlich in ihr Gedächtnis.

Wie Christa Hellwig eingangs erklärte, war sie immer Realistin. Diese Lebensphilosophie spiegelt sich auch in ihren Erzählungen wider. „Für mich war es nicht so sehr bedrückend. Bloß die Nacht durch das Feuer, das ist mir nie wieder aus dem Kopf gegangen.“

Kindliche Freude übertönt die Zerstörung

Die Bombennacht in Bremerhaven trübte Christa Hellwigs Lächeln nie. Das Strahlen in ihren Augen ist heute so wie früher erhalten geblieben.

Die Bombennacht in Bremerhaven trübte Christa Hellwigs Lächeln nie. Das Strahlen in ihren Augen ist heute so wie früher erhalten geblieben. Foto: Overschmidt

Schon als Kind versuchte Christa Hellwig das Beste aus der Situation zu machen. „Gegenüber der Wohnung meiner Tante war ein Bombentrichter und da konnten wir immer schön Schlittschuhlaufen und rutschen und so weiter“, sagt Christa Hellwig. Zwar wird sie diese Nacht nie vergessen, doch ist sie dankbar, dass ihre Liebenden und sie den 18. September unversehrt überstanden haben.

Die Bombennacht

Dem folgenschweren Angriff vom 18. September 1944 waren seit 1940 bereits mehrere kleinere Attacken vorausgegangen. Aber sie waren lange nicht so massiv gewesen wie das, was die 200 alliierten Bomber in der Schreckensnacht in Brmerhaven anrichteten. Zwischen dem Leher Tor im Norden und der Georg-Seebeck-Straße im Süden brannte es in voller Ausdehnung. 618 Menschen starben, 1.193 erlitten Verletzungen, 30.000 verloren ihr Zuhause.

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