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Wirtschaft

TWie Lindemann und Implantcast Künstliche Intelligenz nutzen

David Staats, Ines Jordan, Anping Richter, Dr. Kristina Lemmer und Dr. Herrmann Lindhorst (von links) diskutieren im Deck 2 in Buxtehude auf Einladung des Wirtschaftsvereins Buxtehude über KI.

David Staats, Ines Jordan, Anping Richter, Dr. Kristina Lemmer und Dr. Herrmann Lindhorst (von links) diskutieren im Deck 2 in Buxtehude auf Einladung des Wirtschaftsvereins Buxtehude über KI. Foto: Vasel

Kiss me KI, so der Titel einer Talkshow des Buxtehuder Wirtschaftsvereins. Ein Fazit: Wer Künstliche Intelligenz erfolgreich in seinem Betrieb einführen will, sollte auf die Mitarbeiter hören.

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Von Björn Vasel
Montag, 26.05.2025, 15:52 Uhr

Buxtehude. Ist Künstliche Intelligenz (KI) Fluch oder Segen für die Gesellschaft? Dieser und anderen Fragen sind Professor Dr. Kristina Lemmer von der Leuphana Universität in Lüneburg, Ines Jordan vom Medizintechnik-Unternehmen Implantcast aus Buxtehude, David Staats von der Lindemann-Gruppe aus Stade und Dr. Hermann Lindhorst von der Kanzlei SKNvonGEYSO aus Hamburg bei der Talkshow „Kiss me KI“ auf Einladung des Wirtschaftsvereins Buxtehude im Deck 2 der Alten Malerschule nachgegangen. TAGEBLATT-Chefreporterin Anping Richter moderierte die Talkshow.

Moderatorin Anping Richter vom TAGEBLATT.

Moderatorin Anping Richter vom TAGEBLATT. Foto: Werner Steffen

Mehr als ein Drittel der Unternehmen nutzen bereits KI bei Text- und Datenanalyse oder Automatisierung der Produktion. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) rechnet mit einer leichten Steigerung der Produktivität durch KI. Doch das Potenzial werde bislang nur unzureichend genutzt. Für jedes fünfte Unternehmen ist KI gegenwärtig gar kein Thema.

Das halten auch lokale Wirtschaftsexperten für falsch. Sie erwarten Vorteile, wie größere Effizienz bei Arbeitsabläufen und Hilfe bei der Bewältigung des Fachkräftemangels. „Wir haben die Tendenz, die Gefahren und Risiken zu sehen. Aber wir sollten den Blick auf die Vorteile der KI richten“, so Lindhorst.

Lindemann und Implantcast setzen auf KI und engagierte Mitarbeiter

Die Corona-Krise habe die Digitalisierung in der Lindemann-Gruppe beschleunigt. Der IT-Experte des Bauunternehmens, David Staats, sprach von einem spannenden Sprung nach vorn. Sein Beispiel: Das Vermessen von Grundstücken kostete früher Stunden. Heute lassen die Stader eine Drohne aufsteigen. Mit ihrer Hilfe werden bis zu 3000 Quadratmeter große Grundstücke in fünf bis zehn Minuten „mit einer Genauigkeit von zwei Zentimetern vermessen“. Es entsteht ein 3D-Modell - eingebettet in die Landschaft. Das Programm setzt einen Kubus auf das Baugrundstück. „ Die KI generiert uns innerhalb kürzester Zeit Modelle, wie das aussehen könnte“, sagt Staats.

„Der Beruf des Architekten wird sich verändern und auch das eine oder andere Amt anders arbeiten“, sagt David Staats von der Lindemann-Gruppe aus Stade.

„Der Beruf des Architekten wird sich verändern und auch das eine oder andere Amt anders arbeiten“, sagt David Staats von der Lindemann-Gruppe aus Stade. Foto: Vasel

Der Markt erwarte Visualisierungen. Diese sind sehr teuer. So biete die KI einen Mehrwert. Doch die Visualisierungen seien letztlich nur so gut, wie die Qualität der Prompts. Das ist der Fachbegriff für eine Eingabe, die der Anwender einem KI-Modell gibt, um eine Antwort auszulösen. Nach zwei Wochen gab es vorzeigbare Ergebnisse. KI-Visualisierungen dienen als Hilfe im Planungsprozess zwischen Architekt und Bauherrn. Die Statik werde der KI allerdings nicht anvertraut. Eine Hoffnung durch den Einsatz von KI: schnellere Baugenehmigungen durch beschleunigte Abläufe.

Der Wunsch, KI anzuwenden, sei aus der Belegschaft gekommen. Eine Richtlinie über die Anwendung sei erlassen, Mehrwerte seien lokalisiert worden. Aktuell seien Schulungen aller Mitarbeiter geplant.

Auch der Einkauf bei Lindemann setzt auf KI. Mit der Vergabeplattform des Partner-Start-ups Cosuno können über ein Auswertungstool aktuelle Marktpreise vorgegeben werden. Das spare Zeit bei der Kalkulation von Bauprojekten. Die KI-generierten Preise stimmten in der Regel mit den realen Vergabekosten überein. Arbeitsplätze habe KI nicht gekostet. Ohnehin müsse alles vom Mensch überprüft werden, von der Statik bis zur Rechnung. Staats: „Offen und neugierig bleiben.“

„Die Potenziale der Anwendung von KI in Unternehmen sind riesig", sagt Ines Jordan vom Medizintechnikunternehmen Implantcast.

„Die Potenziale der Anwendung von KI in Unternehmen sind riesig", sagt Ines Jordan vom Medizintechnikunternehmen Implantcast. Foto: Vasel

Auch beim Medizintechnik-Hersteller Implantcast kam der Wunsch nach mehr KI aus der Belegschaft. Die Buxtehuder richteten Testgruppen ein. „Es gab sehr viele Bewerbungen“, sagte Ines Jordan. Tests laufen, die Prompts bei Microsoft-Copilot werden verfeinert. Das ist eine Künstliche Intelligenz, die Anwendern für Microsoft-Apps zur Seite stehe.

Mitarbeiter bauten kleine KI-Agenten, die bereits größere Dokumentenmengen durchsuchen und zusammenfassen können. Die 20 Mitglieder der Test-Gruppe aus allen Abteilungen und Altersgruppen sollen später als Multiplikatoren bei der Implementierung der KI dienen.

Mitarbeiter machen die KI erst erfolgreich

Beide Firmen haben ihre Belegschaften mitgenommen. Mitarbeiter lokalisieren selbst Anwendungsbereiche. Begeisterung und positive Erfahrungen werden betriebsintern geteilt. Über diesen Ansatz, so Staats und Jordan, hätten „auch anfängliche Bedenkenträger mitgenommen und überzeugt werden können“.

„Wir haben die Tendenz, die Gefahren und Risiken zu sehen. Aber wir sollten den Blick auf die Vorteile der KI richten“, sagt Dr. Hermann Lindhorst von der Rechtsanwaltskanzlei SKNvonGEYSO aus Hamburg.

„Wir haben die Tendenz, die Gefahren und Risiken zu sehen. Aber wir sollten den Blick auf die Vorteile der KI richten“, sagt Dr. Hermann Lindhorst von der Rechtsanwaltskanzlei SKNvonGEYSO aus Hamburg. Foto: Vasel

Rechtlich sei die Einführung von KI gar nicht so schwer, so Jurist Lindhorst. Er sehe viele Vorteile: Seine Kanzlei begleite einen Anbieter von Krankenhaussoftware. Dieser wertet anonymisierte Patientendaten aus, KI-Software gibt dann den Ärzten bei vergleichbaren Patienten den Rat, bestimmte Krankheiten abzuprüfen. Ärztliche Behandlungsfehler werden dank KI minimiert, der Arzt aber nicht ersetzt. Davon ist Lindhorst überzeugt.

„Wir müssen immer noch schneller und besser sein als die KI. Weil wir es sind, die sie am Ende kontrollieren müssen“, sagt Professor Dr. Kristina Lemmer von der Leuphana Universität Lüneburg und der Hochschule Bremen.

„Wir müssen immer noch schneller und besser sein als die KI. Weil wir es sind, die sie am Ende kontrollieren müssen“, sagt Professor Dr. Kristina Lemmer von der Leuphana Universität Lüneburg und der Hochschule Bremen. Foto: Vasel

Lebenslanges Lernen werde immer wichtiger, der Mensch werde nicht überflüssig. „Wir müssen immer noch schneller und besser sein als die KI. Weil wir es sind, die sie am Ende kontrollieren müssen“, sagt Professor Dr. Kristina Lemmer. KI, davon ist die Verwaltungsinformatikerin überzeugt, werde dem Mensch wieder mehr Zeit zurück für das Wesentliche geben.

Unter www.buxtehude-wirtschaft.de gibt es die Talkshow zum Nachhören.

Blick in das Wohnzimmer von Deck 2: Die Teilnehmer der Kiss Me KI-Talkshow waren von den Vorteilen überzeugt.

Blick in das Wohnzimmer von Deck 2: Die Teilnehmer der Kiss Me KI-Talkshow waren von den Vorteilen überzeugt. Foto: Vasel

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