TWie ein Buxtehuder Unternehmer den Markt für Sportflugzeuge aufmischt

Das in Buxtehude entwickelte ultraleichte Sportflugzeug Corsair fliegt 100 km/h schnell. Foto: JH Aircraft GmbH
Jörg Hollmann hat ein ultraleichtes Flugzeug in Gestalt des früheren US-Kampffliegers Corsair entwickelt. So erfolgreich, dass der Luftfahrtingenieur vor einer unternehmerischen Grundsatzentscheidung steht.
Buxtehude. Es ist wie jedes Jahr ein bedeutender Termin für Jörg Hollmann: Der 56 Jahre alte Flugzeugbauer aus Buxtehude präsentiert bei der internationalen Luftfahrtmesse Aero in Friedrichshafen am Bodensee, die am 17. April beginnt, sein eigenes Flugzeug. Zu der weltweit bedeutenden Schau der allgemeinen Luftfahrt hat er eine Lackierung in Orange und Blau gewählt. „Ich wollte weg von der militärischen Vergangenheit“, erklärt der Unternehmer die Messelackierung. Denn sein Flugzeug hat das Design des bekannten früheren US-Jagdflugzeugs Corsair. Im Zweiten Weltkrieg kam es in Dunkelblau daher.
Design stammt von altem US-Jagdflugzeug
Als Corsair vermarktet auch Hollmanns Unternehmen, die JH Aircraft GmbH in Buxtehude, sein Flugzeug der 120-Kilo-Klasse, das im Fachjargon als leichtes Luftsportgerät gilt. Das Design ähnelt deutlich dem erfolgreichen Jäger der Alliierten aus der Produktion des amerikanischen Flugzeugherstellers Chance Vought. Bekannt ist es vor allem wegen des Knickflügels. Laut dem Fachmagazin „Flug Revue“ wurden in der Zeit von 1941 bis 1952 von der Corsair 12.571 Flugzeuge produziert. Viele Menschen weltweit kennen das Kampfflugzeug aus Filmen im Kino und Fernsehen.

Jörg Hollmann sitzt auf dem Knickflügel der Corsair. Der zum Transport konstruierte Anhänger enthält Solarmodule, die den Elektroantrieb des Flugzeugs während des Transports aufladen. Foto: Sulzyc
Hollmann darf auf Namen und Design zurückgreifen, weil der spätere Rechteinhaber, der US-Flugzeughersteller Northrop Grumman, die Rechte an der Corsair verfallen ließ. „Das Flugzeug war damals schon ein sehr guter Entwurf“, sagt der Luftfahrtingenieur. Warum also nicht das Konzept aufgreifen?
Die JH Aircraft GmbH wurde 2016 gegründet. Sitz ist im Buxtehuder Gewerbegebiet zwischen dem Alten Postweg und den Bahnlinien. Firmengründer Hollmann ist in Herford aufgewachsen und lebt in Buxtehude-Immenbeck. Er arbeitete zuvor als Luftfahrtingenieur, unter anderem bei Airbus, und als selbstständiger Berater in der Luftfahrt. Hollmann ist selbst aktiver Pilot.
Die Leidenschaft, ein eigenes Flugzeug entwickeln zu wollen, war sein Antrieb, das Risiko einer Firmengründung zu wagen. „Für so ein Flugzeug sehe ich Marktchancen, weil es etwas Vergleichbares in der Klasse der leichten Luftsportgeräte nicht gibt“, erklärt Hollmann seine Entscheidung. „Ich kann ja auch nichts anderes“, fügt er hinzu.
Bisher ungekannte Flugleistungen
Eine neu entwickelte Fertigungstechnologie mache bisher ungekannte Flugleistungen möglich: „Bei höchster Strukturfestigkeit konnten wir ein Leergewicht von nur 120 Kilogramm erreichen“, sagt Jörg Hollmann. In der Entwicklung arbeitete das Start-up-Unternehmen mit der AMM Enterprise GmbH, ein auf Luftfahrt spezialisierter Dienstleister, und der Hochschule 21 in Buxtehude zusammen, die die Materialeigenschaften der neuen Bauweise prüfte.
Das Ergebnis ist ein technologischer Quantensprung: 1200 Liter Treibstoff pro Stunde verbrauchte die ursprüngliche Vought F4U Corsair. Das heutige Sportflugzeug aus Buxtehuder Produktion fliegt mit Elektroantrieb. „Wir haben Energie an Bord, die einem Liter Kerosin entspricht“, sagt Jörg Hollmann. Das reicht aus, um zwei Stunden in der Luft zu bleiben. Dabei fliegt das einsitzige, einmotorige Leichtflugzeug aus Kohlefaser 100 km/h schnell.

Blick in das Cockpit des einsitzigen Sportflugzeugs. Foto: Sulzyc
Drei Stunden Ladezeit an der Steckdose
Für Verbrennungsmotoren sieht Jörg Hollmann keine Zukunft in der Klasse der leichten Luftsportgeräte. Die JH Aircraft hat einen Kraftfahrzeug-Anhänger mit Solarmodulen konstruiert, die während der Fahrt die Batterie des Flugzeugs aufladen - zwei Stunden beträgt die Ladezeit. Über die Steckdose zu Hause lässt sich die Corsair in drei Stunden aufladen.
Zielgruppe sind Privatpiloten aus Leidenschaft, die alleine fliegen und sich ein solches Luftsportgerät gönnen möchten.„Die Corsair ist ein Trainingsflugzeug und kein Reiseflugzeug“, sagt Jörg Hollmann. Knapp 90.000 Euro kostet der mit Strom betriebene Flieger. Zur Luftfahrtmesse in diesem Monat aktualisiert der Flugzeugbauunternehmer zurzeit die Preislisten. „Die Preise für Material haben sich wöchentlich geändert“, so Hollmann. Flugplätze in der Region befinden sich in Agathenburg, Hamburg-Fischbek und Rotenburg.
Die Corsair gilt als serienreif
Im Kleinflugzeugbau kommen und gehen viele Firmen - die JH Aircraft ist geblieben: Die Corsair gilt als serienreif. „Jetzt muss sich die abgeschlossene Entwicklung auszahlen“, sagt Jörg Hollmann. Der Buxtehuder Flugzeugbauer produziert zurzeit wie eine Manufaktur. Wie viele Flugzeuge die JH Aircraft herstellt, möchte der Geschäftsführer nicht öffentlich nennen. Das sei in der Branche nicht üblich. Konkurrenten veröffentlichten Produktionszahlen auch nicht.
Hat ein Kunde verbindlich ein Flugzeug bestellt, engagiert Hollmann zusätzlich freie Mitarbeiter für die Produktion. „Wer jetzt ein Flugzeug haben will, wird es vor 2026 nicht bekommen können“, gibt Hollmann einen kleinen Einblick.
Die JH Aircraft sieht vor einer unternehmerischen Grundsatzentscheidung: Soll sie weiterhin wie eine Manufaktur produzieren - oder im größeren Stil? Um das volle Marktpotenzial auszuschöpfen, bräuchte es einen Impuls von außen in die GmbH, sagt Jörg Hollmann. Eine Entscheidung hat der Buxtehuder Flugzeugbauer noch nicht getroffen. Möglicherweise bringt die Luftfahrtmesse in Friedrichshafen eine Antwort.

Der Luftfahrtingenieur und Unternehmer Jörg Hollmann ist auch selbst Pilot. Foto: Sulzyc