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TWie wirtschaftlich ist das Baggern in der Elbe noch?

Der Laderaumsaugbagger „Kaishuu“ transportiert regelmäßig Baggergut aus dem Hamburger Hafen zur Verbringstelle Tonne E 3 in der Nordsee bei Helgoland.

Der Laderaumsaugbagger „Kaishuu“ transportiert regelmäßig Baggergut aus dem Hamburger Hafen zur Verbringstelle Tonne E 3 in der Nordsee bei Helgoland. Foto: Fischer

Hamburg hat 2021 etwa 133 Millionen Euro für Instandhaltung im Hafen ausgegeben. 14,5 Millionen Kubikmeter Sedimente wurden gebaggert. Bis 2030 könnten sich die Kosten zur Instandhaltung im Hafen verfünffachen.

Von Ulrich Rohde Freitag, 03.11.2023, 10:25 Uhr

Landkreis/Cuxhaven/Hamburg. Die Bundes- und Landespolitik sowie der Bund der Steuerzahler thematisieren zunehmend die Kosten für die Fremdvergabe der Unterhaltungsbaggerungen in der Elbfahrrinne und in den Hafenbecken der Hansestadt Hamburg.

Einmal mehr passiert der Laderaumsaugbagger "Kaishuu" elbaufwärts die "Alte Liebe" vor Cuxhaven. Das Arbeitsschiff ist auf der Fahrt von der Verbringstelle des Baggerguts aus dem Hamburger Hafen, der Tonne E 3 vor Helgoland. Das unter Luxemburgischer Flagge fahrende, 2002 gebaute Schiff ist 158 Meter lang und kann eine Geschwindigkeit von bis zu 12 Knoten erreichen.

Für die Revierfahrt von Hamburg bis zur Tonne E 3, rund 160 Kilometer, benötigt die "Kaishuu" etwa acht Stunden. Ein Törn hin und zurück beträgt, inklusive Baggern, bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von zehn Knoten rund 20 Stunden. Dabei entstehen dem Auftraggeber, der Hamburg Port Authority, geschätzte Kosten in Höhe von etwa 120.000 Euro.

Hamburg hat im Jahr 2021 insgesamt etwa 133 Millionen Euro für die Instandhaltung im Hafen ausgegeben. 14,5 Millionen Kubikmeter Sedimente mussten gebaggert werden. Die Verbringung von einem Kubikmeter Schlick in die Außenelbe kostet die Hansestadt rund 9 Euro. Hinzu kommt im Gebiet der Tonne E 3 eine Ausgleichszahlung in Höhe von 7 Euro pro Kubikmeter an das Land Schleswig-Holstein für den Nationalpark Wattenmeer.

Geht man, wie der ehemalige Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Prof. Hans-Heinrich Witte, von einem jährlichen Zuwachs der Baggermenge in der Tideelbe und dem Hamburger Hafen in Höhe von drei bis vier Millionen Kubikmetern aus, so wird sie im Jahr 2030 allein in Hamburg ungefähr 30 Millionen Kubikmeter betragen. Die dann auflaufenden Kosten für die Instandhaltung im Hafen lassen sich heute noch nicht seriös einschätzen, könnten sich aber verfünffachen.

Eine Lösung des massiven Schlickproblems für den Hamburger Hafen steht noch aus. Einigkeit besteht lediglich darin, dass der so genannten Kreislaufbaggerei ein Ende bereitet werden soll. Hier werden Sedimente aus dem Hafen bei der Elbinsel Neßsand verklappt, von wo sie mit dem Flutstrom wieder zurück in die Hafenbecken treiben. Einzige Möglichkeit: Das Material muss weit genug vor die Elbmündung transportiert werden, um diesen Kreislauf zu vermeiden. An dieser Stelle kam vor einem Jahr eine Verklappungsstelle nahe Scharhörn auf Hamburger Gebiet ins Spiel, die aber von den Nachbarländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein strikt abgelehnt und zunächst von Hamburg nicht weiterverfolgt wird, obwohl Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) immer mal wieder mit dieser Idee liebäugelt.

400 Kilometer beträgt Strecke für Revierfahrt in die AWZ

Vor etwa eineinhalb Jahren stellte Hamburg beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) den Antrag, Schlick in der so genannten Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) nordwestlich Helgolands ("Entenschnabel") verklappen zu können. Das komplexe Antragsverfahren läuft noch und wird, dem Vernehmen nach, nicht mit übergroßer Eile durchgeführt. Der Nachteil für Hamburg: Die Revierfahrt in die AWZ und zurück betrüge etwa 400 Kilometer, ein Törn würde ungefähr 24 Stunden dauern. Die Kosten pro Kubikmeter Schlick beliefen sich nach jetzigem Stand dann geschätzt auf knapp 15 Euro. Eine weitere Ausweichmöglichkeit würde die von Niedersachsen ins Spiel gebrachte Tiefwasserreede vor Langeoog darstellen. Doch auch hier müssten die Laderaumbaggerschiffe lange und damit teure Fahrtzeiten in Kauf nehmen.

Ministerium beantwortet Anfrage ausweichend

Vor diesem Hintergrund fragte der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Bundestag, Florian Oßner, wie berichtet bereits im Frühjahr, ob das Bundesverkehrsministerium über eine Wirtschaftlichkeitsberechnung verfüge, die die Kosten der derzeitigen Fremdvergabe von Baggerleistungen denen einer möglichen Unterhaltungsbaggerei in Eigenregie der öffentlichen Hand gegenüberstelle. Die Antwort des Ministeriums lautete kurz und bündig, dass eine Prüfung ergeben habe, dass die Fremdvergabe an Nassbaggerreedereien günstiger sei als die Eigenregie. Ob es tatsächlich eine solche Prüfung aktuell gegeben hat, ist zumindest fraglich. Denn der Bitte Oßners sowie des Bundes der Steuerzahler Niedersachsen/Bremen, Einsicht in die Wirtschaftlichkeitsberechnung nehmen zu können, ist das Ministerium bis heute nicht nachgekommen.

Auch eine zweite Anfrage Oßners im August an das Ministerium wurde ausweichend beantwortet. Oßner fragte: "Wie stellt sich die in Ihrer Antwort angegebene Wirtschaftlichkeitsberechnung dar und wäre es nicht sinnvoller, Baggerschiffe ohne Laderaum und separate Baggergut-Transportschiffe einzusetzen, da diese über ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis verfügen, was Arbeitskosten angeht und effektiver einsetzbar sind?" In seiner Antwort vom 21. September bezieht sich das Ministerium lediglich auf die wirtschaftliche Prüfung des derzeit noch im Bau befindlichen verwaltungseigenen Laderaumsaugbaggers "Osteriff" gegenüber Fremdunternehmen. Die "Osteriff" befindet sich seit sieben Jahren im Bau und soll voraussichtlich 2025 - nach erfolgter "Endausrüstung" - in Dienst gestellt werden. Die reinen Baukosten stiegen gegenüber den ursprünglich veranschlagten 95 auf nunmehr geschätzte 142 Millionen Euro - den wirtschaftlichen Verlust von rund 90 Millionen Euro nicht mit eingerechnet.

Pilotprojekt mit Bagger ohne Laderaum forcieren

Derzeit soll auch in der CDU-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft, unterstützt vom Bund der Steuerzahler in Hamburg, eine ähnliche Anfrage an den Senat erarbeitet werden, in der es um den Wirtschaftlichkeitsvergleich der Baggerei in Fremdvergabe mit der in Eigenregie geht. Für den Cuxhavener CDU-Bundestagsabgeordneten und ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretär Enak Ferlemann ist die Sache eindeutig: "Wenn es in die AWZ geht, bringt ein in Eigenregie geführtes System mit Baggern ohne Laderaum und mehreren Transportschiffen nur Vorteile." Florian Oßner und Ferlemann unterstützen einen Vorschlag des Bundes der Steuerzahler, ein Pilotprojekt voranbringen, um zu zeigen, wie die Unterhaltungsbaggerei in Eigenregie durch Bund und Hamburg klimaneutral und Steuern sparend umgesetzt werden kann. Sie schlagen deshalb vor, das von einer Arbeitsgruppe um den Cuxhavener Ingenieur Jürgen Grzeskowiak entwickelte Konzept mit Baggern ohne Laderaum und Transportschiffen in einer Testphase umzusetzen, um den Beweis anzutreten, dass die öffentliche Hand mit diesem System etliche Millionen Euro sparen kann.

Die Bundesregierung hat nun allerdings den Antrag der CDU-Fraktion über den "Erwerb von Fahrzeugen" mit einem Betrag von 2 Millionen Euro für die Planung der Geräte zu fördern abgelehnt. Doch auch dieses Vorhaben soll weiterverfolgt werden.

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