TWieder schließt ein Lokal: „Zur Ecke“ in Sievern macht dicht

Martina Kattau (von rechts) mit Sohn André und Mitarbeiterin Rebecca Nanjuschka Kinski am Tresen des Lokals Zur Ecke. Foto: Dührkop
Für Flammkuchen und Torten ist das Lokal bekannt. Doch jetzt ist die Belastung für die Betreiberin zu groß. Warum auch Bürokratie eine Rolle spielt.
Sievern. „Zur Ecke – die unkomplizierte Gastronomie in Sievern“: So stellt Wirtin Martina Kattau ihr Lokal vor. Nicht nur für die legendären Flammkuchen nehmen viele Gäste weit über Geestlands Grenzen hinaus die Wege auf sich. Damit soll nun Schluss sein. Die 57-Jährige wird am Sonntag, 8. Dezember, das letzte Mal öffnen.
Die Betreiberin der etablierten Adresse (früher bekannt unter „Fitters Eck“) hat in den vergangenen zwölf Jahren aus einer beliebten Kneipe mit ein paar Snacks ein Lokal mit einer großen Speisekarte entwickelt. Pizza, Burger und Torten gehören zum Angebot.
Gründe für das Aus: Hohe Belastung und Bürokratie
„Man soll gehen, wenn es am schönsten ist“, teilt sie im Aushang mit. Doch wirklich schön ist es schon lange nicht mehr, wie sie im Gespräch verrät. Die Belastung habe enorm zugenommen. Personalmangel und Bürokratie üben Druck aus.
„Gastro ist anstrengend“, sagt sie. Als sie im Juni 2012 das Lokal, damals noch zusammen mit ihrem Mann Stephan, übernommen hatte, wusste sie, was auf sie zukommen würde. Beide sind in der Branche erfahren. Martina Kattau hatte viele Jahre im Gasthof Cordes in Sievern gearbeitet. Nach der Trennung von ihrem Mann führte sie seit 2016 das Lokal Zur Ecke unter alleiniger Regie weiter.
Als ihre „zweite rechte Hand“ beschreibt sie ihre langjährige Mitarbeiterin Rebecca Nanjuschka Kinski, die seit 2018 im Service und in der Küche ihre feste Mitarbeiterin ist. „Sie ist fleißig, loyal und aufopferungsvoll“, lobt sie.

Eine beliebte Adresse in Sievern: Das Lokal Zur Ecke wird am 8. Dezember das letzte Mal öffnen. Foto: Dührkop
Um den stetig wachsenden Andrang zu bewältigen, ist Kattau zusätzlich auf Aushilfen angewiesen. Als diese ihr im Frühsommer gekündigt hätten, habe sie keinen Ausweg mehr gesehen. Zusätzlich sei ihre langjährige „Küchenfee“ in diesem Jahr verstorben. Um den Laden am Laufen zu halten, unterstützen sie ihre Tochter Joleen und Sohn André.
Job-Anwärter sind dem Stress in der Gastro nicht gewachsen
„Wir suchen seit Jahren immer wieder nach Personal“, beschreibt die Gastronomin das Dilemma. Denn sie findet keine neuen Mitarbeiter. Selbst Aushilfen nachzubesetzen, sei nahezu unmöglich.
Viele hätten eine falsche Vorstellung von der Arbeit und stellten sich als wenig belastbar heraus. „Einige sind zu schüchtern und trauen sich kaum, die Gäste nach ihren Wünschen zu fragen“, sagt sie. Zudem seien viele überfordert, wenn es um das Kassieren geht. Kattau hat keine elektronische Kasse. Kopfrechnen ist gefragt.
Zudem beobachtet die Gastronomin zunehmend respektloses Verhalten. „Unfreundlichkeiten nehmen zu“, sagt sie deutlich. Sie sei das Diskutieren mit Gästen leid. Immer wieder müsse sie sich rechtfertigen, warum sie jeden dritten Sonntag im Monat geschlossen hat. „Ob wir es nicht nötig hätten, werde ich dann zum Beispiel gefragt.“
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Auch verstehen Gäste nicht, warum sie sich mit Klingeln bemerkbar machen sollen, wenn der Gastraum unbesetzt ist und die Chefin in der Küche arbeitet.
Wie hart im Nehmen man sein muss, lässt ein Informationsblatt an die Gäste erahnen, in dem ausdrücklich auf ein „respektvolles Miteinander“ hingewiesen wird. Wer sich nicht höflich gegenüber den Mitarbeitern verhalte, kann des Lokals verwiesen werden. Handschriftlich wurde ergänzt, dass um Geduld gebeten wird „aufgrund von Personalmangel“.
Ob es eine Zukunft für das Lokal in Sievern geben wird, steht noch in den Sternen. Mehrere Interessenten seien bereits abgesprungen. Nun setzt Martina Kattau alles auf den letzten verbliebenen Interessenten.