TWildes Spiel: So will D/A-Coach Ioannou den 4:3-Sieg aufarbeiten

Dennis Rosin erzielt das frühe 1:0 für D/A. Foto: Berlin
Für den Zuschauer ist ein 4:3-Spektakel toll. Für Trainer ein Graus. D/A beschert solch ein Spektakel in Lohne. Chefcoach Ioannou zieht daraus besondere Erkenntnisse.
Drochtersen. „Freuen, unbedingt freuen“, sagt D/A-Trainer Oliver Ioannou, als er nach dem Abpfiff dieses verrückten Fußballspiels kurz vor der Pressekonferenz von ein paar Fans begrüßt wird. Die Fans schauen nämlich gerade so, als hätte D/A in Lohne verloren. Jedenfalls ziehen einige die Augenbrauen hoch und atmen etwas lauter aus als normal. Dabei darf D/A den vierten Sieg im fünften Spiel und Tabellenplatz zwei feiern. Mit viel Dusel zwar, aber egal.
Der Vorabend in Lohne beginnt eher gemächlich. Ein Torfestival ist nicht abzusehen. Nur 583 Fans kommen ins Heinz-Dettmer-Stadion in Lohne. Luftlinie 50 Meter entfernt, einmal schräg über den vollbesetzten Parkplatz, steht das moderne Clubhaus des Schützenvereins. Dort ist Party. Dort ist mehr los.
Lohne ist ein guter Gastgeber
Der Lohner Stadionsprecher gibt kurz vor dem Anpfiff ein wenig Geschichts- und Geografieunterricht. Wo liegen Drochtersen und Assel? Wie ist die Spielvereinigung entstanden? Er empfiehlt, Drochtersen beim Blütenfest mit dem Oldtimertreffen zu besuchen. Eine schöne Geste, nette Gastgeber. Dann sorgen die 22 Spieler auf dem Rasen für eine Show.
„Es war ein spektakuläres Spiel, kurzweilig für die neutralen Zuschauer“, sagt Oliver Ioannou. Er selbst hätte am liebsten weniger Drama gehabt. „Bis zum Schluss hatte ich das Gefühl, hier kann alles passieren“, sagt Ioannou. Seine Stimme klingt nach dem Abpfiff ein wenig rauer als sonst.
Dennis Rosin bringt D/A nach neun Minuten in Führung. Haris Hyseni hatte im Strafraum den Ball clever behauptet und aufgelegt. Dann beginnt die wilde Fahrt.
Giwah erzielt sein drittes Ligator
D/A-Keeper Patrick Siefkes greift vielleicht alle zwei Jahre mal daneben. In Lohne staubt Felix Schmiederer nach 13 Minuten zum 1:1 ab, weil Siefkes einen Flankenball nicht festhält. Drei Minuten später lässt der Gastgeber D/A-Innenverteidiger Liam Giwah an der Strafraumkante machen. Kein Gegnerdruck. Viel Zeit. Giwah nimmt mit rechts Maß. Ein satter Schuss. Der Ball schlägt unten links zum 2:1 ein.
Lohnes Tjark Reinert trifft kurz vor der Halbzeit zum 2:2. Die D/A-Defensive sieht da ganz unglücklich aus. In der Pause holen die Spieler Luft für weitere 45 Minuten spektakulären Fußball.
D/A-Außenverteidiger Robin Kölle macht in der 50. Minute das 3:2. Jan-Pelle Hoppe gleicht vier Minuten später aus. Es ist noch keine Stunde vorbei, da bringt Jorik Wulff D/A erneut per Kopf in Führung. Dass einer der Kleinsten im D/A-Kader das Siegtor köpft, gehört zu den Feinheiten dieses verrückten Spiels.
D/A hat Glück in der Schlussphase
Lohne drückt in der Schlussphase. Einmal Außenpfosten, einmal steht Siefkes im Weg, einmal Justin Plautz. D/A hätte sich über einen Handelfmeter beim Block von Plautz vor der Torlinie nicht beschweren dürfen. Der Rest ist purer Wille. Den Ball wegbolzen, in jeden Schuss werfen, Zweikämpfe gewinnen.
Kurz nach dem Abpfiff mit der Trinkflasche in der Hand pflückt Sieg-Torschütze Jorik Wulff diese Partie auseinander. Solch ein verrücktes Spiel habe er auch noch nicht erlebt. Wulff sagt, dass D/A fünf, sechs Tore schießen musste. Er hätte bei einem Konter treffen müssen. Vier D/A-Spieler laufen auf das Lohner Tor zu. Wulff hat viele Ideen im Kopf, viel Zeit. „Am Ende habe ich mich genau für das Falsche entschieden“, sagt er.

Jorik Wulff versucht, im Mittelfeld Ideen zu kreieren. Foto: Berlin
Wulff lobt die Mentalität der Mannschaft. „Nach jedem Rückschlag haben wir sofort aufs nächste Tor gespielt“, sagt er. Aber gibt das Auftreten zu denken? Trotz des Sieges? Wulff glaubt schon.
Es gibt viel zu analysieren. Vier Treffer, drei Gegentreffer. „Aber die Entstehung der Gegentore sind klare Baustellen, individuelle Dinger“, sagt Wulff. Der Mann, der in diesem Sommer vom VfB Lübeck zur Spielvereinigung zurückkehrte, sagt: „Teamtaktisch haben wir nicht groß was falsch gemacht.“
Englische Woche: Mittwoch kommt HSC
So sieht es im Grunde auch der Trainer, der am Montag im erstem Training nach dem Dusel-Sieg eine Balance finden muss. Zum einen soll D/A den Sieg ruhig feiern. Das ist gut fürs Gemüt, fürs Selbstvertrauen und hilft nach dem Schuss vor den Bug beim Heimspiel gegen den HSV II (0:2). Zum anderen muss Ioannou hinterfragen, warum seine Mannschaft „in diesem wilden Spiel nicht die komplette Stabilität über 90 Minuten“ hatte.
Weil Ioannou aber ein positiv denkender Mensch ist, sieht er in der Mentalität seiner Spieler eine Qualität. „Wir haben Rückschläge weggesteckt. Es lief nicht alles rund. Aber wir haben geackert bis zum Schluss“, sagt Ioannou. Vielleicht, sinniert der Coach, sei diese Erkenntnis sogar wertvoller, als keine große Erkenntnis nach einem 4:0-Sieg.
Vor dem Spiel gegen den HSC Hannover, das bereits am Mittwoch, 27. August, ab 19.30 Uhr im Kehdinger Stadion in Drochtersen über die Bühne geht, wird Ioannou seinen Jungs sagen: „Es lohnt sich, sich in jeden Ball zu schmeißen und jeden Laufweg mitzumachen.“
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