TWildunfälle im Herbst: Diese 6 Dinge sollten Autofahrer wissen
Im Herbst müssen sich Autofahrer wieder vermehrt auf ungewollte Begegnungen mit Wildtieren einstellen. Foto: Pleul/dpa
Jährlich gibt es Tausende Wildunfälle. Wie reagiert man besten? Wo sind Unfälle am wahrscheinlichsten? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Landkreis. Wildunfälle können grundsätzlich das ganze Jahr über passieren, doch im Herbst und Frühjahr steigt das Risiko merklich. Im Jagdjahr 2022/2023 sind knapp 230.000 Stück Reh-, Schwarz- und Damwild auf deutschen Straßen verunglückt. Rund 3000 Menschen werden laut dem Deutschen Jagdverband (DJV) jährlich bei Wildunfällen verletzt.
Im Landkreis Cuxhaven sind im vergangenen Jahr 929 Wildunfälle mit Rehen, Damwild oder Wildschweinen gemeldet worden. In der Stadt Bremerhaven waren es 41. „Beteiligt waren in 36 Fällen Autos, in drei Fällen Liefer- oder Lastkraftwagen sowie jeweils ein motorisiertes Zweirad und ein Fahrzeug der Kategorie ,andere Fahrzeuge‘“, sagt Frank Lorenz, Sprecher der Bremerhavener Polizei.
Auch zahlreiche Hasen und Vögel sterben im Verkehr, aber das wird statistisch nicht erfasst.
Rehe sind am stärksten gefährdet - über 36.500 ausgewertete Datensätze von 2021 bis 2023 Foto: Tierfund-Kataster
Wann ist die Gefahr besonders hoch?
Im Herbst ist die Unfallgefahr überdurchschnittlich hoch: „Die meisten Zusammenstöße passieren in den Abend- und frühen Morgenstunden“, erklärt Eike Lindau, Kreisjägermeister im Landkreis Cuxhaven.
In dieser Zeit sind viele Wildtiere auf Futtersuche und wechselten über die Straße. Ab Ende September kämpfen zudem die Hirsche um den Harem. Für Autofahrer bedeutet die Brunft eine gefährliche Zeit, denn die „Liebe“ macht auch Tiere „blind“. Bei der Wanderung zu den ausgewählten Brunftplätzen vergessen die scheuen Tiere jede Vorsicht und wechseln unbedacht über Straßen.
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In Deutschland werden die Uhren in der Nacht zum 27. Oktober um eine Stunde zurückgestellt – von drei Uhr auf zwei Uhr. In den Wochen danach steigt das Risiko für Wildunfälle noch einmal an. Durch die Zeitumstellung fällt der Berufsverkehr von einem Tag auf den anderen wieder in die Dunkelheit oder die Dämmerung - also genau in die Rushhour von Wildtieren.
Wo passieren häufig Unfälle?
„Besonders gefährlich sind die Übergangsbereiche zwischen Wald- und Feldzonen“, sagt Lindau. Der Kreisjägermeister warnt Autofahrer, dass es in Neuenwalde, Bad Bederkesa, Schiffdorf und Hagen besonders häufig zu Wildwechseln komme.
„Ein besonderer Schwerpunkt ist die B71 zwischen Wachholz und Heerstedt. Dort gab es im vergangenen Jahr eine Vielzahl von Unfällen mit Dammwild.“ Kein Wunder: „Einige Autofahrer fahren in diesem Bereich doch recht forsch“, hat der Kreisjägermeister beobachtet: „Zudem wird dort oft überholt.“
Im Stadtgebiet sind es laut Polizeiangaben unter anderem die Ein- und Ausfallstraßen am Stadtrand, die Autobahnzubringer sowie der Hafenzubringer Cherbourger Straße und die Straße Am Luneort, auf denen sich das Wild zum Fahrbahnseiten-Wechsel entschließt.
„Autofahrer rechnen meist nicht damit, dass sich Wild so stadtnah bewegt“ - und so kommt es auch hier immer wieder zu Unfällen.
Wie lassen sich Wildunfälle vermeiden?
Vor allem auf Strecken, die an unübersichtlichen Wald- und Feldrändern verlaufen, ist es wichtig, vorausschauend zu fahren, den Straßenrand im Blick zu halten und immer bremsbereit zu sein. Ein rotweißes Verkehrsschild warnt meistens vor häufigem Wildwechsel an bestimmten Stellen.
Doch nicht nur dort heißt es: Fuß vom Gas. Schon allein Tempo 80 statt 100 verkürze den Bremsweg um etwa 24 Meter, so Experten. Das kann im Ernstfall über Leben und Tod entscheiden.
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Steht ein Wildtier bei Dämmerung oder in der Dunkelheit auf der Fahrbahn, sollte das Fernlicht ausgeschaltet werden, um die Tiere nicht zu blenden. Dann gilt es sofort, aber den nachfolgenden Verkehr beachtend, das Tempo zu drosseln - also nicht ohne Not scharf abbremsen.
Da die Tiere die jeweilige Geschwindigkeit der Fahrzeuge nicht abschätzen können, ist es nicht ausgeschlossen, dass sie unvermittelt auf die Straße laufen. Hupen kann Tiere vertreiben - aber immer ist mit Nachzüglern zu rechnen.
Wie verhalte ich mich bei einem Wildunfall richtig?
Ist ein Unfall unvermeidbar, ist es wichtig, sofort das Bremspedal durchzutreten und das Lenkrad festzuhalten. „Auch wenn eine Kollision mit dem Tier nicht mehr zu vermeiden ist, sollte man nicht versuchen auszuweichen“, erklärt Polizeioberkommissar Stephan Hertz von der Polizeiinspektion Cuxhaven.
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Aus polizeilicher Erfahrung besteht eine große Gefahr, bei solch einem Ausweichmanöver mit einem anderen Fahrzeug zusammenzustoßen oder von der Fahrbahn abzukommen und gegen einen Baum zu prallen oder sich zu überschlagen. Und das kann schlimmstenfalls tödlich enden. „Der Anteil der Wildunfälle, bei denen im Landkreis Cuxhaven Menschen zu Schaden kommen, liegt unter einem Prozent“, sagt Hertz.
Warum sind Unfälle mit Wildtieren so gefährlich?
Doch nicht immer gehen Wildunfälle glimpflich aus: So verletzte sich ein Motorradfahrer im vergangenen Jahr schwer, als er im Bereich Hagen mit einer Horde Wildschweine kollidierte.
Ein Unfall mit einem Wildtier setzt erhebliche Kräfte frei: Der Zusammenstoß mit einem rund 70 Kilogramm schweren Damhirsch bei Tempo 60 hat laut Deutschem Jagdverband in etwa den Effekt, als würde sich ein zweieinhalb Tonnen schweres Nilpferd auf die Motorhaube setzen. Ein 100 Kilogramm schweres Wildschwein entspricht bereits einem dreieinhalb Tonnen schweren Nashorn.

Aufprallgeschwindigkeit von Wildtieren Foto: Deutscher Jagdverband
Müssen die Fahrbahnen in Wildwechselgebieten besser gesichert werden?
Entlang von Autobahnen sind die Fahrbahnen in Wildwechselgebieten durch Schutzzäune gesichert. „Diese haben eine hohe Wirksamkeit, können aber nicht einfach auch auf Landstraßen und weiteren Straßen aufgestellt werden“, heißt es beim Allgemeinen Deutscher Automobil-Club (ADAC).
Hier gibt es viele Einmündungen, Grundstückszufahrten oder Feldwege, die den Straßenverlauf unterbrechen. „Schutzzäune könnten also allenfalls lückenhaft installiert werden. Durch diese Lücken können jedoch Wildtiere auf die Fahrbahn gelangen. Oftmals finden sie dann den Ausweg nicht mehr. Außerdem wäre die ökologische Zerschneidungswirkung beträchtlich.“
Die Wirkung von inzwischen weitverbreiteten Reflektoren am Straßenrand ist umstritten. Forscher konnten in unterschiedlichen Studien keinen signifikanten Einfluss der Reflektoren auf das Unfallgeschehen feststellen.
„Eine gewisse Wirkung kann auf Autofahrer bestehen, die durch die Reflektoren auf Wildwechselgebiete aufmerksam und dafür sensibilisiert werden, dass Wildtiere die Straße überqueren könnten“, teilt der ADAC mit. „Bei Duftzäunen, akustischen Wildwarngeräten oder Ultraschall gibt es ebenfalls keine seriösen Belege für eine beständige Wirksamkeit.“