TWindpark: Im Nordkreis soll es ohne Bebauungsplan jetzt schneller gehen

Höhere Windräder für mehr Energie: Die Betreiber Energiekontor und Windglück wollen den kleinen Windpark in Balje-Hörne repowern. Foto: Marcus Brandt/dpa/Symbolbild
Bei der Aktualisierung des Regionalen Raumordnungprogramms ist der Windpark in Balje-Hörne rausgeflogen, er galt als Auslaufmodell. Jetzt gibt es die Chance, zu repowern.
Balje. Sie gehören zu den ältesten Windenergieanlagen im Landkreis: die zehn gerade mal 70 bis 100 Meter hohen Mühlen in Balje-Hörne. Schon lange wollten die Betreiber Energiekontor und Windglück Hörne GmbH & Co KG den Windpark repowern; also bestehende Windenergieanlagen abbauen und dafür weniger, aber größere - und damit effizientere - Anlagen errichten.
Erst störte der alte Deich, weil Baudenkmal. Dann trat der Seeadler in den Fokus. Der Windpark flog aus dem Raumordnungsprogramm (RROP) des Landkreises Stade. Doch mit Einläuten der Energiewende 2021 könnte der Windpark in der Folgeplanung wieder berücksichtigt werden.
Damit rechnen auch die Betreiber und planen aktuell ein Repowering. Das Thema stößt in Balje auf großes Interesse. Knapp 40 Zuhörer und Zuhörerinnen waren vergangene Woche zur Ratssitzung in die Gaststätte Zwei Linden gekommen.
Wie Florian Nitsch, Projektkoordinator beim Energiekontor, erläuterte, sollen die zehn kleinen Anlagen - drei mit 0,5 Megawatt und sieben mit 1,3 Megawatt Leistung - durch fünf bis sechs 200 Meter hohe Anlagen mit einem Rotordurchmesser von 160 Metern und einer Megawatt-Leistung von sechs bis acht Megawatt ersetzt werden.
Änderung der B-Plans aufwendiger als Aufhebung
Doch zuvor muss der Bebauungsplan Nr. 6 Windpark Balje-Hörne Süd aus dem Jahr 1999 aufgehoben oder geändert werden. Denn dort wird die Bauhöhe für Windräder auf maximal 99,95 Meter festgesetzt. Da Windkraftanlagen nach Paragraf 35 des Baugesetzbuches im Außenbereich ohnehin privilegiert sind, ist im Gegensatz zu Solarparks bei Windparks zum Erreichen des Baurechts kein B-Plan im Außenbereich erforderlich.
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Gegen eine Änderung des B-Plans spreche der Zeitfaktor, so Stefan Köller aus dem Planungsamt der Samtgemeinde Nordkehdingen, „eine Änderung ist naturgemäß wesentlich aufwendiger als die Aufhebung“. Aber auch die Aufhebung lasse sich nicht von heute auf morgen realisieren, ergänzte Baljes Gemeindedirektor Ernst Hülsen, es müsse eine Aufhebungssatzung erstellt werden, die öffentlich ausgelegt wird und schließlich beschlossen werden muss.
Nach der Zeitschiene der Betreiber sollen bis Ende 2025 parallel zur Aufhebung des B-Plans die Gutachten zur Avifauna (Vogelwelt) und andere immissionsschutzrechtliche Gutachten erstellt werden. Teilweise liegen die Ergebnisse offenkundig vor: Koordinator Nitsch erklärte, dass der Seeadler nicht bedroht sei.
Im nächsten Schritt könne man ins BImSchG-Verfahren einsteigen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) steckt den rechtlichen Rahmen für die Genehmigung von Anlagen ab, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können. Dazu gehören Schallimmissionen, Schattenschlag, Brandschutz, Standsicherheit, Naturschutz und Denkmalschutz. Dieses Verfahren soll Mitte 2026 abgeschlossen sein. Danach könnte es in die EEG-Ausschreibung gehen. Erst dann, im ersten Quartal des Jahres 2027, soll der Bau der neuen Anlagen und der Rückbau der alten beginnen. Anfang 2028 könnten sich die Windräder drehen.
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35.000 Euro pro Anlage und Jahr für die Gemeinde
Für die Gemeinde Balje springt nach dem Repowering eine langfristige Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen heraus. Aber auch andere Kommunen profitieren. Denn nach Paragraf 6 des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) erhalten alle Kommunen im Umkreis von 2500 Metern eine finanzielle Beteiligung von 0,2 Cent pro Kilowattstunde. Das entspreche etwa 35.000 Euro pro Windenergieanlage und Jahr.
Und auch die Bürgerinnen und Bürger könnten profitieren: „Wir werden nach dem niedersächsischen Bürgerbeteiligungsgesetz Beteiligungen anbieten“, erläuterte Nitsch, „etwa einen jährlichen Strombonus oder Direktzahlungen an die Anwohner. Wer die Windenergieanlagen vor der Haustür hat, soll dafür günstiger Strom bekommen.“
Bürgermeisterin Rike Feil (CDU) sieht die Vorteile: „EEG-Zulage, Bürgerbeteiligung und mehr Gewerbesteuer, das sind die Pluspunkte.“ Ratsherr Henning Ohlendorf (SPD) stimmte dem Projekt zu - „wir brauchen die Windenergie und es ist gut, wenn wir das Verfahren verkürzen können“ -, aber er fragte auch nach weiteren Einwirkungsmöglichkeiten: „Inwieweit sind wir beteiligt, nachdem wir den B-Plan aufgehoben haben?“ Es werde eine Stellungnahme der Gemeinde möglich sein, so Köller. Letztlich sprach sich der Rat einstimmig für die Aufhebung des B-Plans aus.