Zähl Pixel
Landkreis Stade

TWolfsangriff von Hagenah: So unsachlich wird das Thema diskutiert

Wolfsangriff von Hagenah: So unsachlich wird das Thema diskutiert

Hass und Hetze: Das Thema Wolf polarisiert. Nach dem jüngsten Nutztierriss in Hagenah bleibt es nicht bei einer polemischen Diskussion im Netz. Es geht viel weiter.

author
Von Karsten Wisser
Sonntag, 08.06.2025, 19:00 Uhr

Landkreis. Der Tod des Holstein-Rinds auf einem Hof in Hagenah, von dem das TAGEBLATT berichtete, war brutal. Drei Wölfe haben die Färse laut unabhängigen staatlichen Rissgutachtern der Landwirtschaftskammer gerissen und angefressen.

So weit, so schlimm. Was im Anschluss daran in den sozialen Netzwerken passiert ist, macht es für die Betroffenen - Landwirte in vierter Generation - noch schlimmer. Mitglieder der Wolfsschützer-Szene kaperten die Diskussion zum TAGEBLATT-Artikel. Ihre Anhängerschaft hetzt - zum Teil ohne den Text zu lesen, wie sie freimütig zugibt.

Böse Unterstellungen - ist das schon Verleumdung?

Den betroffenen Landwirten wird unterstellt, dass sie den Wolfsangriff mit einem ohnehin toten Tier provoziert hätten. Es dürfte in den Bereich der Verleumdung gehen, was dort so locker gepostet wird - ohne jede sachliche Grundlage.

Und es wurde wohl noch bedrohlicher: Mitglieder dieser Szene sollen mehrere Tage vor Ort gewesen sein, wie glaubwürdige Quellen berichten. Sie stellten eine leicht verfremdete Luftaufnahme eines Teils des Hofes ins Netz. In Hagenah wurden Flyer verteilt, in denen sich die Aktivisten unter anderem ihrer militärischen Kompetenzen rühmen. Vor Ort wurden von den Wolfsschützern Menschen angesprochen: Sie sollten doch bitte Vorfälle auf dem Hof melden. Die betroffene Landwirtsfamilie glaubt auch, dass ihr Gelände nachts von einer Drohne überflogen worden ist.

Soll das einschüchtern? Landwirte, die das verfolgen, könnten bei der nächsten Wolfsattacke zögern, an die Öffentlichkeit zu gehen. „Viele Landwirte haben Angst vor diesen Aktivisten“, sagt ein Betroffener.

Wilde Abschussfantasien der Wolfsgegner bei Facebook

Es gibt auch die andere Seite, die sich kaum weniger dramatisch äußert. Da schwelgen bei Facebook einige anonym in Abschussfantasien. Sie wollen den Wolf wieder ausrotten. „Wir Weidetierhalter müssen uns wieder bewaffnen. Schießen, vergraben und den Mund halten - anders wird es nicht gehen“, lautet einer der vielen Kommentare. „Diese Wölfe sind praktisch schon tot“, schreibt ein anderer. Das eben wollen die betroffenen Landwirte nicht, wie im TAGEBLATT berichtet.

Beim Totfundmonitoring werden die Todesursache, Krankheiten und Mageninhalte untersucht. Die Untersuchung von 1000 toten Wölfen ergab, dass etwa jeder zehnte davon illegal geschossen wurde.

Beim Totfundmonitoring werden die Todesursache, Krankheiten und Mageninhalte untersucht. Die Untersuchung von 1000 toten Wölfen ergab, dass etwa jeder zehnte davon illegal geschossen wurde. Foto: Marielle van Uitert/Leibniz-IZW/dpa

Ein Abschuss jetzt wäre für die Jägerschaft ein schwerer Verstoß gegen die Waidgerechtigkeit - unabhängig von strafrechtlichen Konsequenzen. Waidgerechtigkeit ist ein Kodex, der die Jagdausübung regelt. Dazu gehört, dass keine Tiere geschossen werden dürfen, die ihren Nachwuchs versorgen, wie jetzt bei den Wölfen der Fall. Die Wolfswelpen würden verhungern, wenn jemand die Elterntiere erschösse.

Karsten Wisser

Weitere Artikel