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Versorgungsnot

TZu wenige Kinderärzte in Bremerhaven: Kann eine Poliklinik helfen?

Ein Arzt untersucht ein Kind. Doch Eltern in Bremerhaven haben Schwierigkeiten, überhaupt einen Arzt zu finden.

Ein Arzt untersucht ein Kind. Doch Eltern in Bremerhaven haben Schwierigkeiten, überhaupt einen Arzt zu finden. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Fast 1500 Menschen unterstützen schon die Petition einer Mutter für mehr Kinderärzte in Bremerhaven. Nun liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, der in der akuten Krise helfen könnte. Das Krankenhaus müsste einsteigen in die ambulante Versorgung.

Von Ursel Kikker Mittwoch, 14.02.2024, 11:05 Uhr

Bremerhaven. 1450 Menschen unterstützen die Petition für mehr Kinderärzte in Bremerhaven. Jule Wohlers hat sie online gestartet. Sie findet selbst keinen Arzt für ihre beiden Kinder. Mehrere Praxen in der Stadt und in der Umgebung haben geschlossen, andere nehmen keine neuen Patienten mehr auf oder bieten nur ferne Termine an. Die Familie sagt, es muss sich dringend etwas ändern, und zwar jetzt.

Akutlösung: Poliklinik am Krankenhaus

„Endlich anfangen - das ist das Entscheidende“, sagt auch Dr. Gunnar Wagner. Er hat die dermatologische Klinik am Klinikum Bremerhaven Reinkenheide (KBR) geleitet, setzt sich für eine bessere medizinische Versorgung in Bremerhaven ein und hat zu fehlenden Kinderärzten Bürgermeister Torsten Neuhoff und Andrea Toense geschrieben. Der eine ist Aufsichtsratsvorsitzender des KBR, die andere neue Gesundheitsdezernentin in Bremerhaven. Er schlägt eine Poliklinik vor, um die akute Versorgungskrise für die Kinder zu mindern. Als schnelle, kurzfristige Lösung.

Jule Wohlers hat eine Petition gestartet wegen fehlender Kinderärzte in Bremerhaven.

Jule Wohlers hat eine Petition gestartet wegen fehlender Kinderärzte in Bremerhaven. Foto: Scheschonka

Hautarzt-Modell hat schon funktioniert

Was heißt das? Wagner erinnert an 2019. Damals waren drei niedergelassene Hautärzte gleichzeitig ausgefallen. Zwei Assistenzärztinnen haben dreimal pro Woche jeweils zwei Stunden Sprechstunden für die Poliklinik abgehalten. „Es waren erfahrene Kolleginnen, bei denen ich mir nicht jeden Patienten selbst ansehen musste. Somit konnte ich die Aufsicht neben meinen eigenen Tätigkeiten durchführen. Wir haben damals in zwei Monaten 1.800 Patienten in der Poliklinik versorgen können, ohne dass es im eigentlichen Betrieb der Hautklinik zu Problemen gekommen wäre“, schildert Wagner. Der Betrieb einer Poliklinik sei mit dem vorhandenen Personal und den zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten möglich, ist er überzeugt. Außerdem sei es ein gutes Ausbildungsangebot für die Assistenzärzte. „Unser Versorgungsproblem ist damit nicht gelöst, aber es ist ein Anfang“, so Wagner.

Notwendigkeit in der Pädiatrie ist da

Peter Kurt Josenhans, Vorstandsmitglied bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Bremen, hatte in einem Interview mit der „Nordsee-Zeitung“ im Oktober 2023 gesagt, dass er Polikliniken punktuell für möglich halte. „Genau diese Notwendigkeit könnte sich in der Pädiatrie ergeben“, so Wagner. Die Maßnahme sei zunächst zeitlich begrenzt. Es sei entscheidend, „jetzt den Fuß in die Tür zubekommen“. Wagner: „Ohne die Ambulantisierung der Krankenhäuser wird man die Menschen nicht mehr versorgen können.“

Am Ende geht es immer ums Geld

Am Ende wird es auch bei einer solchen Lösung ums Geld gehen. „Ich habe den Betrieb damals schweren Herzens wieder eingestellt, da wir nur vorstationär abrechnen konnten. Bei der Anzahl der Patienten haben die Kassen dann nur noch die Hälfte der Kosten übernommen“, sagt Wagner. Aber jetzt möchte er die KV beim Wort nehmen.

„Wir brauchen eine kurzfristige Lösung“

Die Gesundheitsdezernentin will im März alle Beteiligten an einen Tisch bringen, darunter Vertreter der KV, der Ärztekammer, des Klinikums Bremerhaven Reinkenheide, der senatorischen Behörde. „Ich greife auch den Vorschlag von Herrn Wagner gerne auf“, sagt Toense. „Wir brauchen auf jeden Fall eine kurzfristige Lösung.“ Auch Hausärzte und Hautärzte fehlen zunehmend.

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