TAbwasser und Etat: Gemeinderat Jork stellt Weichen nach Schiet-Streit
Blick auf die Kläranlage in Wetterndorf: Hamburg Wasser übernimmt die hoheitliche Aufgabe der Abwasserentsorgung im Alten Land und in Horneburg. Foto: Vasel
Abwasser und Geld, das beschäftigt die Politik im Rat der Gemeinde Jork. Jetzt haben die Altländer zwei Zukunftsentscheidungen getroffen - allerdings nicht unumstritten.
Jork. Der Rat der Gemeinde Jork hat vor Weihnachten in der Altländer Festhalle zwei wichtige Weichen für die Zukunft gestellt: Die Politiker segneten am Donnerstagabend die Abgabe der hoheitlichen Aufgabe der Abwasserentsorgung an Hamburg Wasser und den Haushalt 2026 ab.
Die Abwasser-Abstimmung fiel mit 14:13 Stimmen denkbar knapp aus. CDU und FDP/Piraten war es im Vorfeld gelungen, Klaus Hubert und Timm Hubert (beide BVJ) auf ihre Seite zu ziehen. SPD, Grüne und die Mehrheit des Bürgervereins Jork (BVJ) stimmten mit Bürgermeister Matthias Riel für die Übertragung an Hamburg - verbunden mit der Auflösung des Abwasserzweckverbandes Altes Land und Geestrand (AZV). Dieser war 1967 von den Kommunen im Bereich der heutigen Gemeinde Jork und der Samtgemeinden Lühe und Horneburg gegründet worden.
Mehrheit sagt Nein zu einem Wirtschaftsprüfer
Vor dieser Entscheidung hatten die Fraktionsvorsitzenden Michael Eble (CDU) und Peter Rolker (FDP) versucht, die Entscheidung erneut aufzuschieben und einen unabhängigen und neutralen Wirtschaftsprüfer zurate zu ziehen. Er sollte den Kommunalpolitikern die „langfristigen“ Vor- und Nachteile erläutern. Die Christdemokraten und die Liberalen wollten sich nicht auf die Aussagen der Hamburger Stadtentwässerung (HSE) verlassen. Der Vorstoß scheiterte letztlich an den Stimmen der Mehrheit aus BVJ, SPD und Grünen. Der grüne Fraktionsvorsitzende Gunther Müller sprach von einem „peinlichen“ Antrag. Die Fakten lägen seit Monaten auf dem Tisch.
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In der Stadt Buxtehude laufe es seit 2002/2003 reibungslos, sekundierte der BVJ-Sprecher Partho Banerjea. Seinerzeit hatten Buxtehude, Apensen und Neu Wulmstorf - nach dem Abschluss eines Staatsvertrags zwischen Niedersachsen und Hamburg - die Abwasserentsorgung an Hamburg Wasser beziehungsweise die HSE übertragen. Der Buxtehuder Rat habe - über die Festsetzung der Gebühren - mehr Einfluss als der Gemeinderat Jork heute. Aktuell werden Gebühren in der Verbandsversammlung festgelegt.
Letztlich würden Privathaushalte und Gewerbebetriebe vor Kostensteigerungen bewahrt, betonte Banerjea. Ohne die Übertragung der hoheitlichen Aufgabe an Hamburg, müssten die rund 36.000 Kunden mit einer spürbaren Steigerung der Kosten rechnen. Der Grund: Ab Anfang 2027 muss die Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent aufgrund einer Änderung im Steuerrecht auf einen Teil der von Hamburg-Wasser-Tochter HSE erbrachten Leistungen aufgeschlagen werden. Das müsste in die Gebühren einfließen. Es geht um etwas mehr als 8 Euro pro Jahr und Haushalt. Die EU pocht bekanntlich auf Wettbewerbsgleichheit zwischen privatwirtschaftlichen und kommunalen Anbietern bei Dienstleistungen. Durch den Übertragungstrick entfällt die Umsatzsteuerpflicht.
Mehrheit will Bürger und Firmen von Mehrkosten entlasten
Rund 300.000 Euro an Kaufkraft stünden im Alten Land und in Horneburg „nicht mehr für Konsum zur Verfügung, sollte die Übertragung scheitern“, sagte Banerjea. Es gelte, Kaufkraft in der Region zu binden. „Wir ersparen Bürgern und Unternehmen eine Mehrbelastung“, sagte Christian Au. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, selbst Jurist, unterstrich, dass die Übertragung von Vermögen und Anlagen „lediglich treuhänderisch“ in extra Buchungs- und Gebührenkreisen an Hamburg Wasser erfolge.

Blick auf die Kläranlage in Wetterndorf. Foto: Vasel
Peter Rolker (FDP) sprach von einem „Fehler von historischer Dimension“. Es gebe keinen Grund, etwas an der Form der aktuellen, absolut zufriedenstellenden Partnerschaft mit der HSE zu ändern.
Diese managt als Dienstleister mit eigenem Personal seit 2002 den Betrieb für den Verband. Die Daseinsvorsorge müsse bei Trink- und Abwasser in kommunaler Hand bleiben, ist sich Rolker mit Eble einig. Sollte nach 30 Jahren der Vertrag auslaufen, wäre es unwahrscheinlich, dass die drei Kommunen wieder einen Verband gründen. Es sei besser, das Bilanzvermögen von über 70 Millionen Euro inklusive einer Liquiditätsrücklage von 19 Millionen Euro in den eigenen Händen zu behalten - und unmittelbar über Investitionen entscheiden zu können. Das sei Demokratie.
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Für Gunther Müller (Grüne) war die Kritik der CDU/FDP und der Huberts („Gewissensgründe“) eher emotional statt rational begründet. Letztlich setzten sich die Befürworter um Bürgermeister Riel durch. Die Samtgemeinden Horneburg und Lühe hatten sich bereits für eine Übertragung der hoheitlichen Aufgabe der Schiet-Entsorgung an Hamburg ausgesprochen, um die Gebührenzahler zu entlasten. Der Rechtsakt kostet Letztere, etwa für die Umschreibung des Verbandseigentums, rund 100.000 Euro.
Schuldenfalle: FDP lehnt Haushalt 2026 ab
Mehr Einigkeit gab es beim Haushalt. Der 29,4-Millionen-Euro-Etat wurde mit 22:5 Stimmen beschlossen. Michael Eble (CDU) kritisierte wie bereits im Finanzausschuss, dass Bund und Land die Kommunen im Regen stehen lassen: „Wir haben 25 Prozent der Aufgaben, bei 14 Prozent des Steueraufkommens.“ Die neue Grundschule Jork wird mit Sporthalle, Kunstrasenplatz sowie Altländer Archiv rund 29,2 Millionen Euro kosten. Fertigstellung: Sommer 2027. Das Land, das Ganztagsbetreuung verlangt, schießt nur eine halbe Million Euro zu.

Blick auf einen Plan der neuen Grundschule in Jork: Goldbeck will bis Sommer 2027 fertig sein, rechts ist Norden, links unten ist die Oberschule zu sehen. Das Feintuning läuft noch. Foto: Goldbeck
Und in Königreich-Estebrügge muss 2026/2027 ein Gerätehaus gebaut werden, um Feuerschutz und Gesundheit der Feuerwehrleute zu sichern. Kosten: 5,6 Millionen Euro. Außerdem werden Straßen saniert - etwa in Gehrden. Der Schuldenberg wächst bis 2027 von 11,5 Millionen auf 52 Millionen Euro. Zins und Tilgung verschlingen 2,2 Millionen Euro im Jahr. Es gibt nicht mehr viel Luft. Deshalb sollen Gewerbegebiete ausgewiesen werden. Die FDP stimmte wegen der Folgekosten der Verschuldung mit Nein, Jork steuere „wie die Titanic“ auf einen Eisberg zu.

So könnte der Neubau des Feuerwehr-Gerätehauses für die Ortsfeuerwehr Estebrügge-Königreich aussehen. Foto: Sandra Köster/Gemeinde Jork
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