TAgrarministerin Staudte zeigt Weg zu Windkraft im Alten Land auf

Symbolbild: Ein Kran zieht das Rotorblatt einer neuen Windkraftanlage hoch - bald vielleicht auch an der A26 am Rand des Alten Landes. Foto: Philipp von Ditfurth//dpa
Freude im Alten Land: Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte hat einen Weg aufgezeigt, um doch Windkraftanlagen im Alten Land zu errichten. So sieht er aus.
Steinkirchen. Nachdem der Brief der niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) in seiner Post gelandet war, schöpfte der Bürgermeister der Samtgemeinde Lühe, Timo Gerke, wieder Hoffnung. „Windkraft am Rande des Alten Landes ist möglich“, frohlockt er.
Grenzverlauf des Vorranggebietes nicht eindeutig geregelt
Im Jahr 2022 hatte Niedersachsen die Kulturlandschaft im Landesraumordnungsprogramm (LROP) zum Vorranggebiet Kulturelles Sachgut erklärt. Spuren der Holler-Kolonisation des 12./13. Jahrhunderts sind bis heute sichtbar. In historischen Landschaften von landesweiter Bedeutung dürfen keine raumbedeutsamen, 240 Meter hohen Windkraftanlagen errichtet werden. Allein Kleinwindanlagen unter 50 Metern sind möglich.
Die Grenzen des Vorranggebietes Kulturelles Sachgut wurden auf den Karten im LROP allerdings nur grob mit dickem Strich markiert. Die Altländer vertreten die Auffassung, dass das Gebiet nur innerhalb der Grenzen der Gemeinden liegt. Sie verweisen auf Welterbe-Voruntersuchungen.

Spielraum: Das Vorranggebiet Kulturelles Sachgut Altes Land wird im Landesraumordnungsprogramm lediglich durch einen groben Strich markiert. Foto: Land Niedersachen
Das Problem: Festlegungen in der Raumordnung sind nicht parzellenscharf. Das sorgt für Streit. Im Februar 2025 hatte das Ministerium mit Verweis auf den dicken Strich betont, dass beispielsweise in Hollern östlich der A26 rund 18 Windkraftanlagen errichtet werden könnten.
Die rund 144 Hektar große Fläche liege laut Kartendarstellung des LROP außerhalb des Vorranggebietes. Doch diese Einschätzung kassierte das Amt für regionale Landesentwicklung (ArL) im Mai erst einmal ein.
Das dem Agrarministerium unterstellte Amt vertrat mit Verweis auf den Text im Landesraumordnungsprogramm, dass die Gemeindegrenzen der Samtgemeinde Lühe und der Gemeinde Jork ausschlaggebend seien. Damit liege die Fläche im Gebiet. Die abweichende zeichnerische Darstellung des LROP im Maßstab 1:500.000 habe nach Auffassung des ArL eine einfache Begründung: Diese diene ausschließlich „der Lesbarkeit der Planzeichnung“.
Entlang der A26
T Rückenwind für Bau großer Windkraftanlagen im Alten Land
Damit war die Windenergie aus Sicht der Fachebene tot. Doch Gerke blieb hartnäckig und drang bis zur Ministerin durch - mit Erfolg. Staudte öffnet mit ihrem Schreiben an den Bürgermeister und den Stader Landrat Kai Seefried (CDU) ein Zeitfenster.
Bislang ist das Vorranggebiet lediglich Teil des LROP. Nur auf dieser Ebene könne es eine regionalplanerische Ausschlusswirkung für Windenergienutzung entfalten. Doch im Raumordnungsprogramm des Landkreises Stade (RROP) werde das Kulturelle Sachgut bislang weder in Form eines Textes noch einer Karte erwähnt. Das hat einen einfachen Grund: Das alte RROP wird aktuell überarbeitet. Im Herbst soll die neue Fassung ausgelegt werden, bereits 2026 soll sie in Kraft treten.
Landwirtschaftsministerin stärkt Bürgermeister Gerke den Rücken
Die Ministerin betont, dass textliche Festsetzungen im LROP nicht verbindlich seien. Der Landkreis Stade (Träger der Regionalplanung) und die Samtgemeinde Lühe könnten die Grenzlinie „innerhalb der breiten Strichstärke“ des Landesraumordnungsprogramms konkretisieren. Die Potenzialflächen für Windenergie müssten nicht „unausweichlich“ im Vorranggebiet liegen. Das LROP stehe einer Bauleitplanung östlich der A26 „daher nicht zwingend entgegen“.
Grüne weist Altländern den Weg zur Windkraft
Die Altländer könnten ihre Windparks über Bebauungspläne realisieren. Windenergie am äußersten Rand der Pufferzone des potenziellen Welterbes sei raumordnungsrechtlich zulässig. „Die wertgebenden Bestandteile des Alten Landes wären weit entfernt“, so Staudte.

Samtgemeindebürgermeister Timo Gerke setzt auf Windkraft und Obstbau. Foto: Martin Hutcheson
In einer neuen Mail teilt auch das ArL die Auffassung der Ministerin. Die Lüneburger spielen den Ball an Landkreis und Kommune. Diese könnten „den breiten Strich nach eigenen planerischen Erwägungen konkretisieren“. Das will Gerke jetzt tun.
Das Kreishaus gibt sich zurückhaltend. „Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Ministerin eine Klärung in der Frage der Vereinbarkeit von Windenergieanlagen und Vorranggebiet Kulturelles Sachgut herbeiführen möchte“, sagt Kreissprecher Daniel Beneke und kündigt ein Gespräch mit Ministerium, ArL und Samtgemeinde Lühe an, um langfristig Klarheit zu bekommen.
Investoren wollen 150 Millionen Euro investieren. Gerke setzt auf die Windkraft, um die Kommunen aus den tiefroten Zahlen zu bringen und Investitionen in Bildung, Sport und Feuerschutz zu ermöglichen. 30.000 Euro Gewerbesteuer bringt eine Anlage im Jahr. Rückenwind kommt von Obstbauern. Windparks an der A26 gefährdeten weder Obstbau noch historische Strukturen, sagt die Fachgruppe Obstbau.
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