Schwarze Schafe? Polizei kontrolliert heute diese Fahrzeuge

Insgesamt 270 Polizisten werden niedersachsenweit an diesem Mittwoch im Einsatz sein. Foto: dpa-Bildfunk
Einen Blitzermarathon soll es in dieser Woche in Niedersachsen nicht geben. Stattdessen gibt an diesem Mittwoch einen speziellen Aktionstag an 19 Orten. Wen die Polizei ins Visier nimmt.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Hannover. Am Mittwoch sollen in Niedersachsen besonders viele Laster und Transporter kontrolliert werden. Das Bundesland beteiligt sich an einem bundesweiten Aktionstag unter dem Motto „Güterverkehr im Blick“, wie das niedersächsische Innenministerium kurzfristig mitteilte. 270 Polizisten und Polizistinnen sollen demnach an 19 Orten, an Autobahnraststätten und Bundesstraßen Fahrzeuge kontrollieren.
Der Druck, Transporte möglichst pünktlich und günstig anzubieten, gehe zu häufig zulasten der Fahrer und Fahrerinnen, der Umwelt oder der Fahrzeugsicherheit, sagte Niedersachsen Innenministerin Daniela Behrens (SPD). Die Polizisten sollen deshalb unter anderem den technischen Zustand der Fahrzeuge, die Ladungssicherheit oder die Fahrtüchtigkeit der Fahrer überprüfen. Behrens: „Der Anteil an Lkw und Transportern im Straßenverkehr erfährt ständig Zuwächse.“
Paketdienstleister stehen unter besonderem Druck
Beispiele gefällig? Erst am Montag kontrollierten Beamte der Polizeiinspektion Cuxhaven einen Kleintransporter eines Paketdienstleisters im Bereich Loxstedt. Bei der Kontrolle des Fahrzeugs und des 26-jährigen Fahrers wurden diverse Verstöße festgestellt. Zunächst wurde festgestellt, dass der Transporter seit Februar 2024 nicht mehr versichert war. Notwendige Nachweise zu Lenk- und Ruhezeiten wurden nicht mitgeführt oder gar nicht erst geführt. Des Weiteren wurde bei der Kontrolle des Laderaums festgestellt, dass mehrere Pakete mit Gefahrgut ungesichert transportiert wurden. Fahrer und alter erwarten nun entsprechende Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren.
Ebenfalls am Montag war ein 37 Jahre alter Paketfahrer in Rotenburg auf einen am Fahrbahnrand geparkten Anhänger aufgefahren. Nach eigenen Angaben habe er während der Fahrt einen Scanner bedient und deshalb das parkende Fahrzeug vor ihm übersehen. Durch den Aufprall wurde der Anhänger gegen die Außenfassade eines Mehrparteienhauses geschoben. Schaden: knapp 10.000 Euro.
Unfälle mit Lkw haben oft verheerende Folgen
Bei den Kontrollen sollen die Beamten - neben dem Ahnden von Verstößen - über Gefahren und mögliche Fehler im Straßenverkehr aufklären. Der Präsident der Landesverkehrswacht Niedersachsen, Heiner Bartling, appellierte in dem Zusammenhang an die Fahrer, im Verkehr mehr Rücksicht zu nehmen. Trotz vieler Sicherheitssysteme an den Fahrzeugen und Verbesserungen im Verkehrsfluss sei menschliches Fehlverhalten eine häufige Unfallursache.
Menschliches Fehlverhalten, Unaufmerksamkeit, gefährliche Fahrmanöver, zu hohe Geschwindigkeiten in Kombination mit Übermüdung, Ablenkung und zu geringer Abstand führen immer wieder zu Unfällen. Insbesondere wenn Lkw beteiligt sind, enden diese oft besonders tragisch. Die jüngst veröffentlichte Verkehrsunfallstatistik für das Jahr 2023 zeigt in Niedersachsen einen erneuten Anstieg der Verkehrsunfälle. Zwar liegen die Werte der getöteten und schwerverletzten Lkw-Fahrer leicht unter denen der Vorjahre, doch ihre im Pkw oder auf dem Rad unterlegenen Unfallgegner im Straßenverkehr kommen weniger glimpflich davon.
Trotz angepasster gesetzlicher Vorgaben, wie beispielsweise die Einhaltung des Schritttempos beim Abbiegen und die verpflichtende Einführung von Assistenzsystemen, haben Verkehrsunfälle mit Lkw immer noch zu oft schwerwiegende Folgen für alle Beteiligten.
Angesichts der alarmierenden Zunahme von Verkehrsunfällen und der gestiegenen Anzahl von Verkehrstoten in den letzten Jahren, unterstützt der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) die polizeilichen Maßnahmen, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu verbessern.
Bundesweiter Flickenteppich beim Blitzermarathon
Beim diesjährigen Blitzermarathon ist Deutschland ein Flickenteppich. Nur fünf Bundesländer beteiligen sich sowohl an der am Montag beginnenden Aktionswoche gegen überhöhte Geschwindigkeit als auch am Schwerpunkttag am kommenden Freitag, dem 19. April, mit besonders intensiven Kontrollen, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei Innenbehörden und Landespolizeien ergab. Sechs weitere Bundesländer nehmen nur an einer der beiden Aktionen teil, fünf an keiner der beiden.
Konkret verzichten Berlin, Bremen, das Saarland und Sachsen auf eine Teilnahme. Thüringen, Bayern und Brandenburg beteiligen sich nur am Blitzermarathon am 19. April, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein nur an der sogenannten Speedweek ohne Höhepunkt am Freitag - wobei man in Mecklenburg-Vorpommern sogar einen ganzen Aktionsmonat veranstaltet. Das volle Programm fahren nur Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Hessen, Hamburg und Baden-Württemberg.
Umstrittene Kontrollen von Autofahrern
Mit der Aktion, die auch in anderen europäischen Ländern stattfindet, will die Polizei einerseits Aufmerksamkeit auf das Problem überhöhter Geschwindigkeit lenken, andererseits durch zusätzliche Kontrollen Druck auf Raser ausüben.
Doch obwohl man sich einig darüber ist, dass große Gefahren von Rasern ausgehen - überhöhte Geschwindigkeit ist eine der häufigsten Unfallursachen - sind die Aktionen nicht unumstritten, wie schon die stark unterschiedliche Beteiligung der einzelnen Bundesländer zeigt. So argumentiert man beispielsweise in Berlin, dass die Effekte früherer Aktionen kaum messbar gewesen seien und sich auf die Aktionstage beschränkt hätten. Daher setze man lieber auf Kontrolldruck das ganze Jahr über.
Befürworter setzen dagegen auf die durch die Aktion erzeugte Aufmerksamkeit und den erzieherischen Effekt der Kontrollen auf Raser. Selbst der Verkehrsclub ADAC äußert sich positiv: Aktionen wie der Blitzermarathon leisteten „einen Beitrag zur Verkehrssicherheit, da sie den Verkehrsteilnehmenden die Gefahren zu schnellen Fahrens bewusst machen und entsprechend sensibilisieren können“, heißt es dort. (tip/dpa)