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Frauen gesucht

TAltländer feiern Blütenfest und Königinnen auf ganz besondere Art

Ausstellungsvorbereitung: Miriam Stöckmann, Dr. Kai Janofsky und Barbara Wetegrove (von links) schauen in die Kiste mit dem Flunkkranz, neben der Filigrankette das Symbol der Würde der Blütenkönigin.

Ausstellungsvorbereitung: Miriam Stöckmann, Dr. Kai Janofsky und Barbara Wetegrove (von links) schauen in die Kiste mit dem Flunkkranz, neben der Filigrankette das Symbol der Würde der Blütenkönigin. Foto: Vasel

Für viele junge Frauen wird am Krönungstag ein Mädchentraum wahr. Jetzt widmet das Museum dem Altländer Blütenfest und der Blütenkönigin eine große Ausstellung. Die neue Majestät soll diese am 1. Juli eröffnen. Die Gemeinde Jork sucht Bewerberinnen.

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Von Björn Vasel
Mittwoch, 06.12.2023, 08:50 Uhr

Jork. Der frühere Bürgermeister und Drogist Gerd Hubert gehört zu den Vätern des Blütenfestes. Um sich für die Übernahme der väterlichen Drogerie vorzubereiten, hatte Hubert weitere Erfahrungen als Geschäftsführer einer Drogerie in Heidelberg gesammelt. Dort gab es viele Feste, von Brücken- bis zu Weinfesten. Nach der Rückkehr warb Hubert bei lockeren Gesprächen „nach dem Tennis oder bei der Werbegemeinschaft“ für ein Fest in Jork. Mit Arno Grünewald, seinerzeit in der Werbung bei Karstadt, und dem Direktor der Altländer Sparkasse, Max-Dietrich Tesch, sowie dem Elektromeister Gerd Müller fand er engagierte Mitstreiter. Bürgermeister Cord Michelsen schloss sich an. Hubert im Rückblick: „Beim ersten Fest kamen 250 Besucher, mittlerweile sind es mehr als 25.000.“ Dann kam die spontane Idee auf, an dem Tag eine Blütenkönigin zu krönen. „Wir waren erst skeptisch, denn kurz nach dem Krieg hatte es bereits einen Anlauf gegeben.“ Doch letztlich, so Hubert, sei aus Blütenfest und -königin eine „Erfolgsgeschichte“ geworden, das Alte Land sei touristisch bundesweit bekannt geworden.

Vom blütenweißen Kleid zur Altländer Tracht

Bei den ersten beiden Festen habe die Königin noch ein Kleid getragen. Die damals 17-jährige Martina Imlau ging 1982 als erste Blütenkönigin beim ersten offiziellen Blütenfest - im Vorjahr hatten die Jorker einen Versuchsballon gestartet - mit echten Kirschblüten im Haar und einem blütenweißen Kleid in die Annalen ein. Martina Meyer war 1994 die erste Regentin, die mit der fünfreihigen Filigrankette auf den Schild gehoben wurde.

Die Altländer Blütenkönigin sticht mit ihrer Tracht unter den Produktköniginnen -und -königen hervor.

Die Altländer Blütenkönigin sticht mit ihrer Tracht unter den Produktköniginnen -und -königen hervor. Foto: Vasel

Für die vier sei von Anfang an klar gewesen, dass „ihre“ Königin schnell eine „echte“ Altländer Tracht tragen müsse. Letztlich habe die Sparkasse das ermöglicht. Ursel Zupp habe diese in 80 Stunden geschneidert. Wichtiger Ratgeber sei Trachtenforscher Hinrich Behr gewesen.

Die Wahl fiel auf die Festtagstracht von 1860. Diese wurde von Altländerinnen nach Trauung und Ehrentanz getragen, bis 1900 auch an Sonn- und Festtagen. Nach dem „ut’n Disch danzen“ (Ehrentanz der Brautleute) wechselte die Braut ihre Kleidung. Sie durfte zum ersten Mal den leuchtend roten Tuchrock und die weiße Schürze der verheirateten Frau tragen. Gewöhnlich legte die Braut zum goldenen Brusttuch die vergoldeten „God’n Parl’n“ an, einige - wie die heutige Blütenkönigin - trugen allerdings weiterhin ihre silberne, mehrreihige Filigrankette und natürlich den Flunkkranz mit den Brokatflügeln. Dieser wird heute von der Veranstaltungsmanagerin der Gemeinde Jork, Miriam Stöckmann, in einer schlichten Kiste verwahrt. Die Brokatflügel stellen die Flügel einer Mühle dar - in Freudenstellung.

Kronamt sucht neue Blütenkönigin

Lange Zeit war der Vorsitzende der Werbegemeinschaft Jork der Zeremonienmeister, seit der Auflösung und der Übernahme des Festes durch die Kommune ist das Rathaus das Kronamt des Alten Landes. Heute steht Stöckmann dem Amt vor. Sie ruft Bewerberinnen aus dem Alten Land auf, sich im Rathaus unter veranstaltungen@jork.de zu melden. Kandidatinnen sollten mindestens 18 Jahre alt sein, auch 50-Jährige könnten in die engere Auswahl kommen. Wichtig sei eine offene Art. Schließlich soll die Königin „als Botschafterin“ für die Kulturlandschaft werben, insbesondere für Tourismus und Obstbau. Wissen werde bei Bedarf in einem Crash-Kurs vermittelt. Wichtig sei, dass Arbeitgeber und Familie mitziehen. Ohne „Hofdame oder Queen Mum“ komme die Königin nicht in die Tracht.

Gesetzt sind Termine wie Grüne Woche und Apfelkabinett mit Kanzler in Berlin, aber auch die Norddeutschen Obstbautage in Jork. „Es sind 15 bis 20 Termine“, so Stöckmann. Die Blütenkönigin steche mit ihrer Tracht unter Spargel-, Wein- und Kartoffelköniginnen hervor, die Abendkleider und Schärpe tragen. Eine Frau in Tracht, das lieben Fotografen und Politiker. In Berlin nahmen Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck die Königin Anna-Sophie Sietas in ihre Mitte. Ihre Nachfolgerin wird am 4./5. Mai 2024 inthronisiert.

Auch die Altländer Blütenkönigin Anna-Sophie Sietas, hier bei ihrer Krönung durch Landrat Kai Seefried im Mai 2023, wird für das Projekt interviewt.

Auch die Altländer Blütenkönigin Anna-Sophie Sietas, hier bei ihrer Krönung durch Landrat Kai Seefried im Mai 2023, wird für das Projekt interviewt. Foto: Vasel

Archiv sammelt Fotos und Erinnerungen

Aktuell führt das Team erste Interviews mit Zeitzeugen wie Gerd Hubert, Frank Deppe und Michel Rausch, aber auch Königinnen wie Anna-Sophie Sietas, die sich einen „Mädchentraum“ erfüllte. Das Fest und seine 40 Königinnen werden den Schwerpunkt des Jahrbuchs bilden. Dr. Kai Janofsky und Barbara Wetegrove vom Museum Altes Land und vom Archiv rufen auf, persönliche, bewegende Erinnerungen und Fotos für die Ausstellung „Die Blütenköniginnen im Alten Land: Botschafterinnen und Mädchentraum“ vom 1. Juli bis zum 31. Oktober unter archiv@jork.de zur Verfügung zu stellen.

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