TAltländer machen sich für Windkraftanlagen an der A26 stark

Lediglich kleine Anlagen stehen an der A26 im Windpark Agathenburg. Foto: Vasel
Die Altländer wollen auf Windkraft nicht verzichten. Die Samtgemeinde Lühe fordert große Anlagen entlang der Autobahn. Doch das wird nicht einfach.
Steinkirchen. Mit einer Resolution will der Rat der Samtgemeinde Lühe erreichen, dass der Landkreis Stade im neuen Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) „gezielt Flächen entlang der Autobahn A26 für die Errichtung von Windkraftanlagen ausweist“. Im Klima- und Umweltausschuss haben die Politiker den Entwurf auf den Weg gebracht - einstimmig.

Blick auf ein Naturstrom-Windrad. Foto: Naturstrom AG
Auf Anregung von Sonja Zinke (CDU) wurde der Entwurf um den Passus „unter Berücksichtigung des kulturellen Sachguts“ ergänzt.
Bei Windkraft an der A26 droht kaum Widerstand
Samtgemeindebürgermeister Timo Gerke hatte sich im Vorfeld für einen fraktionsübergreifenden Vorstoß starkgemacht. Der Bereich entlang der Autobahn biete sich an. Die Bevölkerung in der Marsch und auf der Geest werde nicht belastet, die Flächen würden allein von Landwirten und Obstbauern genutzt, der Abstand zur Wohnbebauung sei groß.
Durch A26 und Stromtrassen gebe es bereits einen großen Eingriff in Natur- und Kulturlandschaft. Die Errichtung größerer Windkraftanlagen falle deshalb nicht mehr groß ins Gewicht. Weder optisch noch akustisch ergebe sich eine für die Bevölkerung spürbare Zusatzbelastung, der Verkehr auf der Autobahn erzeuge bereits Lärm.
Der Ausbau erneuerbarer Energien, insbesondere von Windenergie, sei ein zentraler Baustein für das Erreichen nationaler und regionaler Klimaziele. Auch die Samtgemeinde müsse einen Beitrag zur Energiewende leisten. „Nicht nur über Dach- oder Agri-Photovoltaik-Anlagen“, so Gerke.

Blick auf den Windpark in Agathenburg zwischen Moor und Marsch. Foto: Vasel
Die Nutzung von Flächen entlang der A26 für Windenergie reduziere den Druck auf wertvolle Agrarflächen für Freiflächen- oder Agri-PV.
Es gibt Pläne: Die PNE AG will die alten Anlagen im Windpark Agathenburg ersetzen, ein Antrag auf Bauvorbescheid ist gestellt. Doch bislang haben sich die Cuxhavener nicht wieder beim Kreis gemeldet. Die neun Windkraftanlagen mit 66 Metern Höhe könnten leistungstechnisch allesamt durch eine 260 Meter hohe Anlage ersetzt werden.
Eigentümer, Bürger und Kommunen könnten profitieren
Außerdem würden Landeigentümer wie Obstbauern und Landwirte, Handwerker und Bürger (über Energiegenossenschaften) sowie Kommunen von dem Ausbau profitieren - über Pacht, Abgaben, Gewerbesteuer oder niedrigere Strompreise.
Laut Heinzfrieder Dürkes (SPD) und Sonja Zinke (CDU) würden die Kreistagsfraktionen ihrer Parteien diese Altländer Forderungen unterstützen. Gerke hat den niedersächsischen Umweltminister Christian Meyer (Grüne) eingeschaltet. Seine Ministerialen sollen mit dem Agrarministerium sprechen.
Der Grund: Im Jahr 2022 war die welterbewürdige Kulturlandschaft - die Spuren der Holler-Kolonisation des 12./13. Jahrhunderts sind bis heute sichtbar - auf Betreiben des Landes sowie der Samtgemeinde Lühe und der Gemeinde Jork im Landesraumordnungsprogramm als „Vorranggebiet kulturelles Sachgut“ festgesetzt worden.
In diesem sind keine raumbedeutsamen Eingriffe mehr möglich - wie der Bau weiterer Autobahnen oder großer Windkraftanlagen. Diese würden die „wertgebenden Bestandteile oder das Gebiet als Ganzes in seiner Wertigkeit erheblich beeinträchtigen“ und seien deshalb unzulässig, heißt es im Landwirtschaftsministerium.
Lediglich Kleinwindanlagen sind im Gebiet möglich
In festgesetzten Historischen Kulturlandschaften dürfen nur Kleinwindenergieanlagen bis 50 Meter errichtet werden. Gerke hofft, dass das Kulturelle Sachgut im Grenzbereich - innerhalb des Gebietes - aufgeweicht wird, damit Hollern-Twielenfleth, Guderhandviertel, Steinkirchen und Neuenkirchen von leistungsstarken, mehr als 200 Meter hohen Windkraftanlagen profitieren können.
Die DKC Kommunalberatung GmbH hatte in einem Fachbeitrag der Wind- und Sonnenenergie für die Überarbeitung des RROP enge Grenzen gesetzt, ihr Gutachten ist allerdings rechtlich nicht verbindlich. Im Alten Land wird der Fokus auf Dach- und Agri-Photovoltaik liegen.
Bekanntlich muss der Kreis Stade im Regionalen Raumordnungsprogramm laut einer Vorgabe des Landes 3,67 Prozent seiner Fläche als Windenergie-Vorranggebiet ausweisen. Das ist machbar, so Kreischefplaner Simon Grotthoff. Das Programm wird bis 2026 überarbeitet. Sorge bereitet ihm weniger das Kulturelle Sachgut als die geforderten gesetzlichen Abstände der Anlagen zu Siedlungen oder Denkmälern.
Samtgemeindebürgermeister und Ratspolitik geht es um Energiewende und Steuereinnahmen. Ein Beispiel: Mit vier 200 Meter hohen Windkraftanlagen könnten 32.000 Tonnen CO2 eingespart und 15.000 Haushalte mit Strom und im Verbund mit Speichertechnik zum Teil auch mit Wärme versorgt werden.
Mindestens 90 Prozent der Gewerbesteuer verbleiben in der Standort-Gemeinde. Diese könnte zusätzlich mit 0,2 Cent pro Kilowattstunde rechnen - über die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ermöglichte freiwillige Kommunalabgabe der Windkraftanlagen-Betreiber.
Bei drei modernen Anlagen könnten Kommunen wie Neuenkirchen mit rund 90.000 Euro rechnen - plus Gewerbesteuer. Letztere würde erst nach einigen Jahren fließen, in Kehdingen sind 45.000 Euro pro Anlage drin. Die Kommunen setzen auf Bürgerbeteiligung.

Karte aus dem Fachbeitrag: Die Schraffierung zeigt den Bereich des Kulturellen Sachgebiets, für die Politik in der Samtgemeinde Lühe sind auch die roten Ausschlussflächen (im Randbereich) kein Tabu mehr. Foto: Landkreis Stade