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TApfelernte 2025: Was die Obst-Experten positiv stimmt - und was nicht

Knapp 320.000 Tonnen könnten die rund 500 Familienbetriebe im Herbst an der Niederelbe ernten. Rund 1,6 Milliarden Äpfel hängen an den Bäumen.

Knapp 320.000 Tonnen könnten die rund 500 Familienbetriebe im Herbst an der Niederelbe ernten. Rund 1,6 Milliarden Äpfel hängen an den Bäumen. Foto: Vasel

1,6 Milliarden Äpfel werden die Obstbauern an der Niederelbe in diesem Jahr ernten. Die Aussichten für die Vermarktungssaison 25/26 sind gut. Doch die Probleme nehmen zu.

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Von Björn Vasel
Sonntag, 17.08.2025, 15:50 Uhr

Jork. Die knapp 500 Familienbetriebe an der Niederelbe werden im Herbst voraussichtlich 320.000 Tonnen Äpfel ernten. „Das sind 28 Prozent mehr als im Vorjahr“, rechnet Dr. Matthias Görgens vom Obstbauzentrum Esteburg in Moorende vor. Er spricht von einer „leicht überdurchschnittlichen Ernte“.

In diesem Jahr hingen zu viele Früchte am Baum, deshalb mussten sie die Anzahl reduzieren - andernfalls wären die Früchte nicht groß genug. Herausfordernd war zudem der Pflanzenschutz.

Verbraucher wollen makellose Äpfel

Der Schorfpilz muss in diesem regnerischen Jahr verstärkt bekämpft werden. Der Pilz ist einer der größten Feinde des Obstbaus. Früchte werden deformiert, bekommen Flecken. Handel und Verbraucher wollen makellose Äpfel.

Dabei sind diejenigen mit Schorf trotzdem essbar, sie sind aber schlechter lagerfähig. Auch Hagel habe einige Betriebe getroffen.

Menge und Qualität stimmt bei den Äpfeln

Unter dem Strich stehe das Anbaugebiet in der Saison 2025/2026 bei Menge und Qualität der Äpfel gut da, so die aktuelle Einschätzung. Die hohen Temperatur-Unterschiede zwischen Tag und Nacht bringen jetzt Farbe auf die Äpfel.

Bei Elstar werden 90.000 Tonnen in der Kiste landen. Die Ernte der Hauptsorten beginnt Anfang September. Bei der Jonagold-Gruppe wird an der Niederelbe mit 94.000 Tonnen gerechnet. Bei Wellant rechnen die Kernobstexperten des Obstbauzentrums Esteburg in Moorende mit 18.000 Tonnen.

Diese Apfelsorte, die von vielen Apfelallergikern gut vertragen wird, „hat ihr Potenzial noch nicht ganz ausgeschöpft“, so Esteburg-Vize Dr. Matthias Görgens. Braeburn ist mit 40.000 Tonnen im sicheren Bereich. Bei den exklusiven Clubsorten wie Fräulein werden 25.000 Tonnen erwartet.

Deutschlandweit bessere Ernte erwartet

Deutschlandweit werden insgesamt eine Million Tonnen Äpfel erwartet. Das ist ein Plus von 14,7 Prozent. In der Europäischen Union werden in diesem Jahr rund 10,5 Millionen Tonnen Äpfel geerntet, 0,1 Prozent weniger als 2024.

Auch die Apfel-Expertin der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI), Ursula Schockemöhle, rechnet angesichts der nicht herausfordernden Menge („keine Rekordernte“) mit einem ausgeglichenen Markt - mit Blick auf lokale Nachfrage, innereuropäischen Handel, Verarbeitung und Exportmöglichkeiten. Die Voraussetzungen für Vermarktung und ordentliche Erzeugerpreise seien bei der neuen Pflücke gut. „Ich bin ganz optimistisch“, sagt Schockemöhle.

Deutscher Apfel-Export könnte steigen

Doch der Apfelmarkt ist ein Weltmarkt. Während die USA und Indien leicht höhere Ernteerträge prognostizieren, wird in China sowie in der Türkei, Serbien, Moldawien und der Ukraine mit einem Produktionsrückgang von bis zu 70 Prozent gerechnet. Das stabilisiert den Mostpreis.

Dies könne auch die Marktdynamik im Nahen Osten, Zentralasien, Indien und Südostasien verändern. Den Deutschen eröffnen sich neue Chancen im Tafelobst-Export - im Nahen Osten und in Nordafrika, aber auch in Indien.

Dr. Christian Weseloh von der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse spricht bei der Prognosfruit 2025 in Angers.

Dr. Christian Weseloh von der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse spricht bei der Prognosfruit 2025 in Angers. Foto: BVEO

Die World Apple and Pear Association hat die Ernteschätzungen beim Prognosfruit-Kongress 2025 im französischen Angers der Obsterzeuger und -händler sowie der Vertreter der obstverarbeitenden Industrie bekannt gegeben. Dieser ist ein Stimmungsbarometer.

Mit Dr. Christian Weseloh war auch ein Apenser vor Ort. Er ist der Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO). Dieser gehören Elbe-Obst und M.A.L. an. „Nachdem die Apfellager aktuell geräumt sind, haben wir für 2025/2026 eine gute Ausgangssituation“, sagt Weseloh.

Obstbauern stehen unter Druck

Die gute Prognose für die Saison 2025/2026 wird durch langfristige Entwicklungen getrübt. „Der Klimawandel macht die Ernteerträge immer schwieriger kalkulierbar. Regulatorische Einschränkungen bei Pflanzenschutzmitteln und ausufernde Produktionskosten erschweren den Anbau zusätzlich“, sagt der BVEO-Geschäftsführer.

Weseloh verweist auf den Mindestlohn: Dieser soll 2026 auf 13,90 Euro pro Stunde steigen. Das entspricht einer Steigerung seit 2015 um 63,5 Prozent. Wettbewerbsverzerrungen nehmen zu, in Polen ist der Mindestlohn um die Hälfte niedriger. Mehrkosten könne der Obstbau schwerlich über den Lebensmitteleinzelhandel kompensieren. Der Obstbau fordert Ausnahmeregelungen für Saisonarbeitskräfte.

Dr. Christian Weseloh (links) von der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse und Philippe Binard von der World Apple and Pear Association. 2026 findet die 50. Prognosfruit in Konstanz statt.

Dr. Christian Weseloh (links) von der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse und Philippe Binard von der World Apple and Pear Association. 2026 findet die 50. Prognosfruit in Konstanz statt. Foto: BVEO

Unsicherheiten bleiben. Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump werde Auswirkungen auf den Apfelmarkt haben, Handelsströme könnten sich verschieben. Mit einem Gesamtwert von mehr als 10 Milliarden Euro sind Äpfel und Birnen nicht nur wichtige Wirtschaftsmotoren in der EU, deutsche Äpfel überzeugten durch hohe Sozial- und Umweltstandards und niedrigen CO2-Fußabdruck.

Mit einem Pro-Kopf- Verbrauch von 18 Kilo liegen Äpfel, vor Bananen, Trauben und Erdbeeren. Die BVEO warnt, dass die Apfelanbaufläche durch steigende Kosten wie bei Freilanderdbeeren sinken könnte. Noch liege der Selbstversorgungsgrad bei 50 Prozent. Corona- und Ukraine-Krise hätten gezeigt, wie wichtig die Ernährungssouveränität sei.

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