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Altes Land

TBlaue Wochen: Ernte der Pflaumen und der Zwetschen hat begonnen

Erntebeginn: Obstbauer Hein Lühs aus Jork wirft einen Blick auf seine Tegera-Zwetschen.

Erntebeginn: Obstbauer Hein Lühs aus Jork wirft einen Blick auf seine Tegera-Zwetschen. Foto: Vasel

Kurze Wege und volle Reife: Im Alten Land kommen Pflaumen- und Zwetschenliebhaber wieder voll auf ihre Kosten. Mit jedem Biss schützen sie auch das Klima.

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Von Björn Vasel
Mittwoch, 30.07.2025, 05:50 Uhr

Jork. Im Alten Land hat die Ernte der blauvioletten Pflaumen und der Zwetschen begonnen - auch auf dem Herzapfelhof in Osterjork. „Aktuell ernten wir die Sorte Tegera“, sagt der Obstbauer Hein Lühs. Die Sorte zeichnet sich durch festes, saftiges Fruchtfleisch aus, das in Säure und Süße ausgeglichen ist und sich leicht vom Stein lösen lässt. Die Frühsorte gehört zu den 15 Pflaumen- und Zwetschensorten, die vom Obstbauzentrum Esteburg in Moorende für den Anbau empfohlen werden.

„In Norddeutschland konnte etwas früher mit der Ernte begonnen werden als üblich, so dass sich der Ernteverzug zum Süden Deutschlands in diesem Jahr nahezu aufhob“, sagt Gartenbau-Expertin Lisa Buddrus von der Agrarmarkt Informationsgesellschaft (AMI). Der Klimawandel lässt grüßen. Die Obstbauern im Alten Land erwarten in diesem Jahr eine gute Ernte. Die AMI rechnet nach einer Umfrage unter den deutschen Erzeugerorganisationen mit einer überdurchschnittlich hohen Erntemenge. Esteburg-Chef Dr. Karsten Klopp spricht von einem guten Behang.

Bedeutungsverlust der Pflaumen und Zwetschen verfestigt sich

Im vergangenen Jahr ernteten die Obstbauern an der Niederelbe rund 2750 Tonnen. 13 Tonnen seien laut Landesamt für Statistik pro Hektar gepflückt worden, im Durchschnitt sind es 15 Tonnen. Auf rund 210 Hektar werden noch Pflaumen und Zwetschen kultiviert. Damit liegt der Flächenanteil bei knapp zwei Prozent. Das Steinobst ist ein Nischenprodukt.

So sehen die dunkelblauen bis violetten Früchte aus, die Sorte Tegera zeichnet sich durch festes, saftiges Fruchtfleisch aus, das in Säure und Süße ausgeglichen ist und sich leicht vom Stein lösen lässt.

So sehen die dunkelblauen bis violetten Früchte aus, die Sorte Tegera zeichnet sich durch festes, saftiges Fruchtfleisch aus, das in Säure und Süße ausgeglichen ist und sich leicht vom Stein lösen lässt. Foto: Vasel

Weniger als 10.000 Bäume werden im Jahr noch neu gepflanzt. Topffive, Hauszwetsche und die neue Sorte Presenta führen die Statistik an. Der „Bedeutungsverlust verfestigt sich“, sagt Dr. Hinrich Holthusen von der Esteburg. Das liegt auch an stetig steigenden Arbeitskosten. Die Löhne in Süd- und Südosteuropa sind deutlich niedriger. Zur Einordnung: Knapp eine Million Obstbäume werden jedes Jahr neu gepflanzt. Um die 150.000 Pflaumen- und Zwetschen-Bäume stehen an der Niederelbe.

Um 1900 war jeder zweite Obstbaum ein Pflaumen-Baum, die Altländer exportierten das Obst im großen Stil vor allem nach Großbritannien. Insgesamt kommt die Region heute auf 21 Millionen Obstbäume. Der Apfel überwiegt mit einem Anteil von 90 Prozent.

Die Altländer vermarkten ihre Pflaumen und ihre Zwetschen überwiegend direkt über den Wochenmarkt und den Hofladen. Ein Teil wird über Erzeugerorganisationen und Fruchthandel vermarktet. Ohnehin liegen die Hauptanbaugebiete im Süden der Republik: Platz 1 belegt Baden-Württemberg mit 1730 Hektar, gefolgt von Rheinland-Pfalz mit 900 Hektar. Auf 4020 Hektar wird das Steinobst angebaut.

Selbstversorgungsgrad liegt unter 50 Prozent

Fast die Hälfte der konsumierten Früchte stammt aus heimischem Anbau. Der Verbrauch wird laut AMI-Marktanalyse 2025 für dieses Jahr auf 78.500 Tonnen geschätzt. Das entspricht einem Pro-Kopf-Konsum von knapp 950 Gramm.

In Neuanlagen stehen 1000 Bäume auf einem Hektar. Bis zum Vollertrag dauert es fünf Jahre. Das Sortiment wird weiter von Sorten wie Jojo, Doppelte Hauszwetsche, Fellenberg, Tegera und Haganta bestimmt.

Selbstpflücken als Erlebnis im Alten Land

Auch bei Familie Lühs sind Pflaumen und Zwetschen ein Nischenprodukt. In der 2009 aufgepflanzten Plantage stehen 20 Sorten. Auf dem Herzapfelhof wird Selbstpflücken angeboten. Die Altländer setzen auf das Erlebnis Obstbau. „Wir hoffen, dass dadurch die Wertschätzung für unser Obst steigt“, sagt Hein Lühs. Das Kilo kostet 3,90 Euro. Die Kunden, häufig junge Familien mit den Großeltern, erfahren, wie aufwendig die Produktion ist - vom Pflücken bis zum Pflanzenschutz.

Betriebe wie der Herzapfelhof bieten auch Pflaumen zum Selbstpflücken an.

Betriebe wie der Herzapfelhof bieten auch Pflaumen zum Selbstpflücken an. Foto: Vasel

Letzterer ist auf dem Demeter-Betrieb eine Herausforderung. Gegen Pilze gebe es bei Pflaume und Zwetsche kein Mittel. Regelmäßig müssen faule Früchte mit der Hand vom Baum geholt werden, um weitere Infektionen zu vermeiden. Das gilt auch für geplatzte Früchte oder durch Sonnenbrand geschädigte Früchte, erklärt Lühs.

Damit der Pflaumenwickler keine Eier in den Früchten legt, hängen Dispenser mit Sexualpheromonen in den Bäumen. Das Pheromon verwirrt den männlichen Schädling, es kommt nicht mehr zum Fortpflanzungsakt.

Obst ist ein Immunbooster

Hein Lühs hofft wie Dr. Christian Weseloh von der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse, dass noch mehr Verbraucher auf regionales Obst („volle Reife“) setzen und die hohen Umwelt- und Sozialstandards honorieren. Kurze Wege stünden für frische Früchte. Zudem sei der CO2-Rucksack deutlich kleiner als bei Importfrüchten.

Die erntefrischen Früchte werden auch in 500-Gramm-Schalen vermarktet.

Die erntefrischen Früchte werden auch in 500-Gramm-Schalen vermarktet. Foto: Vasel

Geerntet wird bis September/Oktober. Zwetschen und Pflaumen werden nicht zeitgleich reif, Saisonarbeitskräfte müssen bis zu drei Mal durchpflücken. Die Früchte sollten glänzen und angenehm duften. Das Steinobst ist reich an Vitaminen und Mineralstoffen, die Ballaststoffe fördern die Verdauung. Die länglich-ovale Zwetsche ist mit ihrem festeren Fruchtfleisch eine Unterart der eher runden Pflaume. Tipps und Rezepte unter www.geerntet-in-deutschland.de

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