TBrauchen Kommunen heutzutage eigentlich noch Aushangkästen?
Der Aushangkasten am Dorfgemeinschaftshaus Neuenkirchen. Foto: Battmer
Sie wirken wie aus der Zeit gefallen: In der Samtgemeinde Lühe gibt es immer noch 16 Aushangkästen für öffentliche Mitteilungen. Was steht eigentlich in diesen Kästen? Und braucht man sie im digitalen Zeitalter wirklich noch?
Altes Land. Es regnet schon den ganzen Tag. Das ist auch am Aushangkasten neben dem Dorfgemeinschaftshaus in Neuenkirchen nicht spurlos vorbeigegangen. Die Plexiglas-Scheibe ist von beiden Seiten nass, die Papiere - von der Feuchtigkeit gewellt - sind dadurch nur schwer zu lesen.
Was steht da eigentlich? Wer einen Blick in den Aushangkasten wirft, der erfährt, dass in der Samtgemeinde Lühe ein allgemeines Böllerverbot gilt - oder zu Amtsdeutsch: Die Allgemeinverfügung zum Verbot für das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie II.
Hinweis auf die Ratssitzung von vor zwei Wochen
In den Kästen wird auf die Sprechstunde der Sozialarbeiterin des Landkreises für Jugend und Familie hingewiesen, dienstags von 14 bis 15.30 Uhr. Auch der Ersatzbau für den Strommast von Stade bis Kummerfeld betrifft mehrere Gemeinden, über das Planfeststellungsverfahren wird informiert.
In Guderhandviertel und am Rathaus weist eine Bekanntmachung auf die letzte Ratssitzung des Jahres in der Samtgemeinde Lühe hin. Das war zum Zeitpunkt der TAGEBLATT-Tour noch aktuell. In anderen Aushangkästen wurde allerdings auch zwei Wochen nach der Sitzung noch auf die Samtgemeinderatssitzung vom 6. Dezember hingewiesen.

Klitschnass und schwer zu lesen: Dieser Aushangkasten. Foto: Battmer
Es gibt auch Ankündigungen anderer Veranstaltungen, wie dem Feuerwehrball der Freiwilligen Feuerwehr in Neuenkirchen - eine Grauzone, denn eigentlich sollten hier nur wirklich offizielle Dokumente wie Bekanntmachungen, Beschlüsse oder Planfeststellungsverfahren veröffentlicht werden. Sicherlich nichts am Aushangkasten zu suchen hat die Neueröffnung eines Friseurs in Grünendeich. Ein entsprechender Flyer klebt außen an mehreren Kästen.
Klar ist: Die Samtgemeinde Lühe hat in ihrer Hauptsatzung festgesetzt, dass öffentliche Mitteilungen in den Aushängekästen veröffentlicht werden müssen - ebenso wie im Amtsblatt und im TAGEBLATT. Außerdem werden alle Mitteilungen natürlich auch auf der Webseite der Samtgemeinde veröffentlicht. „Die Homepages der Kommunen haben die Aushangkästen ersetzt“, sagt Tim Siol, Verwaltungsvize im Rathaus der Samtgemeinde Lühe.
Allein in Hollern-Twielenfleth gibt es noch fünf Aushangkästen
Auch deshalb habe es durchaus Diskussionen gegeben, die Zahl der Aushängekästen zu reduzieren. Die Gemeinde Hollern-Twielenfleth - mit 20,46 Quadratkilometern Fläche und fast 3500 Einwohnern die größte Kommune in der Samtgemeinde Lühe - hat ganze fünf Aushangkästen. Bis vor kurzem waren es sogar noch sechs, einer in der Hollern-Straße wurde entfernt.
Ein bis zwei Aushangkästen pro Kommune ist ein Vorschlag der Verwaltung, berichtet Siol. Er würde die Kästen aber nicht gänzlich abschaffen wollen. „Es gibt immer noch genügend Leute, die nichts mit dem Internet anfangen können.“
Und dennoch sind die Aushangkästen landesweit langsam am Aussterben: Es gebe sie nicht mehr in allen Kommunen, sagt ein Sprecher des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes (NSGB). Der Verband möchte auf Nachfrage keine Empfehlung abgeben, ob man die Kästen noch braucht oder nicht. Aber vielsagend: In der Hauptsatzung, die der NSGB als Muster zur Verfügung stellt, kommen die Schaukästen nicht mehr vor. „Es ist inzwischen mehr ein zusätzlicher Service“, gibt auch der Sprecher zu.

Vermeintlich HSV-Fans haben einen Aushängekasten in Hollern-Twielenfleth beklebt. Foto: Battmer
Jeder Gemeindedirektor achte in der Samtgemeinde Lühe darauf, dass aktuelle Dinge auch veröffentlicht werden, so Siol. Birgit Eggerstedt und Peter Zeyn seien aus dem Rathaus dafür zuständig, die Aushänge anzubringen. Das kostet Zeit: Je nachdem, wie viele Kästen sie anfahren, seien die Mitarbeiter zum Teil stundenlang beschäftigt.
Daher seien auch digitale Schaukästen schon Thema im Rathaus gewesen. Schließlich könnten diese ganz bequem vom Schreibtisch aus aktualisiert werden. „Das wäre ideal, aber zu teuer“, so Siol. Die Kosten dafür lägen etwa bei 5000 Euro pro Monitor. Selbst so ein kleiner Posten ist für die hochverschuldete Samtgemeinde Lühe ein großer. „Aber vielleicht wäre das ja etwas, was man mit einem Förderprojekt wie Leader machen könnte“, sagt Siol.
Fredenbeck schafft zusätzlichen Schaukasten an
Der große Nachteil solcher digitalen Monitore: Sie sind auf Strom und gegebenenfalls auch auf Daten angewiesen. Daher setzt die Samtgemeinde Fredenbeck - mit Blick auf Blackout und einen möglichen Katastrophenfall - weiterhin auf die analogen Aushangkästen. Nicht nur das: Es soll auch ein weiterer in der Samtgemeinde dazu kommen.