TDas Alte Land im Retro-Look: Bauherr setzt auf Fachwerkhäuser

Geplant sind Fachwerkhäuser: Die Erschließung des neuen Baugebiets "Siebenhöfen" in Hollern hat begonnen. Foto: Vasel
Prächtige Fachhallenhäuser prägen seit Jahrhunderten das Alte Land. Jetzt knüpft ein Bauträger an dieses architektonische Erbe an - und errichtet in Hollern-Twielenfleth direkt an der L140 ein neues Wohngebiet. Was dort geplant ist.
Jork. Mit ihrer Baufibel und ihren Gestaltungssatzungen wollen die Kommune in der Samtgemeinde Lühe und die Gemeinde Jork das Bewusstsein für die Altländer Baukultur auch bei Neubauten stärken. Der langjährige Leiter des Museums Altes Land in Jork, Dieter-Theodor Bohlmann, warb über Jahrzehnte gebetsmühlenartig für eine Rückbesinnung auf heimatgebundene Handwerkskunst - unter Verweis unter anderem auf die Heimatschutzarchitektur zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Diese griff Elemente traditioneller Architektur auf, ohne die alten Baustile detailgetreu nachzuahmen. Bohlmann appellierte an die Architekten und die Bauherren, dass ortsbildprägende Gestaltungselemente der Altländer Fachhallenhäuser - von der Backsteinausfachung über Formen der Fenster und Türen und die Farben Grün, Weiß und (Backstein-)Rot bis zum Goldenen Schnitt - auch bei Neubauten aufgegriffen werden.
Bauträger hat sich auf Fachwerk spezialisiert
In Hollern wird in diesem Jahr das erste größere Fachwerkhaus-Wohngebiet des Alten Landes entstehen - zwischen der Landesstraße 140 und der Hinterstraße in Hollern. Das Unternehmen Mühlenhaus Historische Wohnbau GmbH aus Steinfeld bei Vechta will dort sechs Einfamilienhäuser und zwei Mehrfamilienhäuser erstellen.

Der Bauträger Mühlenhaus Historische Wohnbau aus Steinfeld-Mühlen bei Vechta setzt seit Jahren auf den Bau von Fachwerkhäusern. Foto: Mühlenhaus
In diesen Tagen hat die Erschließung des Baugebiets begonnen. Ein Bebauungsplan musste nicht aufgestellt werden, die frühere Hofstelle konnte nach dem Abriss des nicht denkmalgeschützten Gebäudeensembles auf Grundlage von Paragraf 34 des Baugesetzbuches („Lückenbebauung“) entwickelt werden. Das heißt: Die neue Bebauung musste sich „in die Eigenart der näheren Umgebung“ einfügen. Weitere Kriterien: Die Erschließung muss gesichert sein, das Ortsbild darf „nicht beeinträchtigt werden“. Der ehrenamtliche Bürgermeister der Gemeinde Hollern-Twielenfleth, Dirk Thobaben (CDU), ist von den geplanten „Neubauten im nicht spezifisch Altländer Fachwerkstil sehr angetan“.
Der Bauträger aus Mühlen bei Vechta hat sich nach eigenen Angaben auf die Errichtung von Fachwerkhäusern und deren Renovierung sowie Restaurierung spezialisiert. Dabei orientiere sich das von Ludger Olberding gegründete Familienunternehmen an niederdeutschen Hallenhäusern in Ein- und Zweiständerbauweise. Mehr als 400 Fachwerkhäuser seien in den vergangenen 25 Jahren errichtet worden. Ansprechpartner vor Ort ist das Unternehmen ISH Immobilien aus Stade. Die Stader vermarkten das Baugebiet.
Baustellenverkehr läuft über die Landesstraße
Der Baustellenverkehr soll über die L140 laufen, unterstreicht Rolf-Peter Koch, bei ISH verantwortlich für Neubauvertrieb und Projektentwicklung. Die beiden Mehrfamilienhäuser mit jeweils vier (Eigentums-)Wohnungen werden über die Straße Siebenhöfen - sprich die Landesstraße - erschlossen werden, die sechs Einfamilienhäuser über die Hinterstraße.

Die Karte zeigt das neue Baugebiet zwischen der L140 (Siebenhöfen) und der Hinterstraße in Hollern. Foto: Mühlenhaus
Die Käufer werden voraussichtlich zwischen 4000 bis 4500 Euro pro Quadratmeter auf den Tisch legen müssen. Die Wohnungen sind knapp 70 bis 75 Quadratmeter groß, die Einfamilienhäuser um die 124 Quadratmeter groß.
Erste Bewohner können 2024 einziehen
Die oberen Wohnungen in den beiden Mehrfamilienhäusern werden über Laubengänge erschlossen. Türen sowie Giebel- und Gauben-Elemente werden - wie im Alten Land üblich - grün gestrichen. Eine Luftwärmepumpe wird die Energie der Umgebungsluft nutzen und in Wärme für das Haus umwandeln (auch bei Minusgraden). Optional sind Photovoltaik und Carports. Die ersten Häuser sind beziehungsweise werden vorproduziert, die Bausätze werden ab April/Mai aufgestellt, noch 2024 werden die ersten Bewohner einziehen können. Die Gebäude werden auf Pfählen und Streifenfundamente gegründet. Mit der Kombination aus historischem Fachwerkstil und modernster Haustechnik besetze das Unternehmen eine Nische, unterstreicht Koch.
Die neuen Wohnungen würden helfen, die Einwohnerzahl zu halten und Infrastruktur wie Grundschule, Kita, Freibad oder Arztpraxis langfristig zu sichern, sagt Samtgemeindebürgermeister Timo Gerke. Einen Steinwurf entfernt hat das Stader Unternehmen Lindemann 32 Wohnungen im Wohnpark „Siebenhöfen“ geschaffen. Laut Wohnraumversorgungskonzept des Landkreises Stade besteht bis 2035 ein Bedarf von 173 Wohneinheiten in der Samtgemeinde Lühe. Die Gutachter forderten seinerzeit Nachverdichtung in den Eigenheimgebieten und Geschosswohnungsbau im oberen und im kleineren, bezahlbaren Preissegment. Weiterhin fehlen Wohnungen im Alten Land.