TDebatte um Sanierung der L140: Zwei Optionen und ein Hintertürchen

Kurz hinter dem Ortskern in Steinkirchen soll die Sanierung der L140 beginnen. Doch die Pläne stoßen auf Widerstand der Anwohner. Foto: Battmer (Archiv)
Die Sanierung der L140 sorgt weiter für Aufregung in Steinkirchen. Im Ausschuss standen die Planer jetzt Rede und Antwort. Im Kern geht es nur noch um zwei Optionen - doch es gibt ein Hintertürchen. Das würde die Gemeinde allerdings viel Geld kosten.
Steinkirchen. Rund 100 Besucher wollten wissen, wie es mit der Ortsdurchfahrt in Steinkirchen weitergeht. Die Stimmung in der Debatte ist aufgeheizt. Falk Salomon, Leiter für Planung der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, legte von Beginn an großen Wert darauf, die vermeintlichen Wogen zu glätten. „Wir wollen keine Fronten aufbauen.“
Von den Zuhörern gab es Nachfragen, aber auch Unverständnis und Kritik. Land und Politik hätten sich bereits auf die Variante mit Schutzstreifen (Fahrradstreifen) bei der L-140-Sanierung festgelegt - diesen Eindruck hätten zumindest einige Zuhörer bekommen.
„Noch ist überhaupt nichts entschieden“, betonte Salomon. Allerdings geht es letztlich doch nur um die Frage: mit Schutzstreifen oder ohne? Denn wie die Zahlen und Fakten belegen, gibt es zwei realisierbare Optionen - und eine Hintertür.
„Für die Verkehrssicherheit eine Vollkatastrophe“
Als Diskussionsgrundlage brachten Salomon und Kollege Clemens Vagts einen Entwurf mit Schutzstreifen auf der Fahrbahn mit. Für diese Variante hatten sich sowohl Politiker als auch Anwohner in der Vergangenheit ausgesprochen.

Großer Andrang bei der Sitzung des Bauausschusses: Etwa 100 Zuhörer kamen ins Dorfgemeinschaftshaus, weil die L-140-Sanierung Thema war. Foto: Battmer
Vagts skizzierte, wie viel Platz pro Verkehrsteilnehmer - sprich Kfz, Fußgänger und Radfahrer - eingeplant werden müsse. Das Ergebnis: Unter rund 14 Metern in der Breite ist eine Sanierung der Ortsdurchfahrt in Steinkirchen nach aktuellen Gesetzen und Empfehlungen nicht zu machen.
Arne Kramer, Leiter des Straßenverkehrsamtes des Landkreises Stade, machte deutlich: Radfahrer müssen in Steinkirchen auf der Straße fahren. Die Rechtslage und die Verkehrsmengen lassen es nicht anders zu, betonte er. Besonders ein einseitiger Radweg in beide Fahrtrichtungen, wie mehrfach in der Debatte angeregt, sei „für die Verkehrssicherheit eine Vollkatastrophe“.
Land könnte auch nur die Fahrbahn sanieren
Neben den bekannten Varianten brachte Salomon aber auch eine Art Null-Lösung ins Spiel: „Wenn die Mehrheit das will, dass alles so bleibt, nur in schick, dann machen wir das“, sagt Salomon. Dafür gab es großen Applaus.
Das würde allerdings bedeuten, dass die Landesbehörde nur die Straßenoberfläche saniert, wie Vagts dem TAGEBLATT erklärte. Heißt: Sollte sich der Rat nicht für eine der angebotenen Varianten entscheiden, saniert das Land die Gehwege nicht mit. Die liegen in der Zuständigkeit der Gemeinde. Eine (spätere) Sanierung der Gehwege müsste die Kommune aus eigener Tasche bezahlen.
In Steinkirchen hatte sich wie berichtet eine Bürgerinitiative (BI) Bürgerei gegründet, die eine „14,20 Meter breite Verkehrsschneise durch das Dorf verhindern“ will. Die BI kritisiert, dass die Sanierung das Ortsbild gefährde. So könnten bis zu 50 Bäume, unter anderem mächtige Kastanien, der Sanierung zum Opfer fallen. Die Pläne seien auch eine Gefahr für Wirtschaft und Tourismus.
Gegensätzliche Aussagen von Anwohnern gab es in puncto Verkehrssicherheit. „Ich fahre auf dem Gehweg, ich bin doch nicht doof“, sagte ein Zuhörer zur allgemeinen Belustigung. Im Kern ging es aber mehreren Rednern so: Es sei viel zu gefährlich, auf der Straße zu fahren. Dennoch hieß es auch, dass doch alles so bleiben könne, schließlich gebe es kaum Unfälle in Steinkirchen. Genau deshalb plädierten die Verantwortlichen für einen Schutzstreifen. Denn auf der Straße fahren müssen die Radfahrer (zumindest rein rechtlich) so oder so. „Schutzstreifen wären eine Verbesserung für den Radverkehr“, sagte Kramer.
Anwohner in Sorge vor Rasern
Weitere Kritik gab es beim Thema Parkplätze. Mit den Schutzstreifen könnte man nicht mehr an der Straße parken, Autofahrer nur noch neben den Streifen halten. Geplant sind nur noch zwei Parkbuchten: in Richtung Mittelnkirchen an der Bäckerei Pfeiffer und in Richtung Stade an der Hogendiekbrücke. „Eine Luxussituation“, so Salomon, „dass hier öffentliche Flächen zufällig Parkflächen sind.“
Zudem fürchten die Anwohner, dass eine breitere Straße zum Rasen einlädt. Die Asphaltfläche sei größer, doch die Schutzstreifen engten die Fahrbahn ein, so Salomon. „Die Forschung besagt, dass das Geschwindigkeitsniveau nicht hochgeht.“
Arbeitskreis für L-140-Sanierung geplant
Im ersten Teil der L-140-Sanierung geht es um eine circa 865 Meter lange Strecke von der Kurzen Straße bis zum Kirchweg in der Steinkirchener Ortsmitte. „Ich persönlich fände es unglücklich für Ihren Ort, wenn Sie diese Chance verstreichen lassen“, sagt Salomon über die Schutzstreifen. Er brauche allerdings Mehrheiten und Beschlüsse. Die muss die Politik liefern, da das Land sich bei der L-140-Sanierung nach den Wünschen der Gemeinde richten will.
Wie geht es weiter? Es soll ein Arbeitskreis gegründet werden, kündigte Hauke Eckhoff, Vorsitzender des Bauausschusses, an. Mit dabei sein sollen Politiker aus Steinkirchen sowie Grünendeich, ein paar Bürger, die Verwaltung, die Verkehrswacht, Touristiker, Gewerbetreibende und auch Vertreter des Landes Niedersachsen. Salomon sagte für das Land bereits zu.