TEnde einer Ära: Holger Blohm hört als Campingplatzbetreiber auf Lühesand auf

Fährmann, Gastwirt und Campingplatzbetreiber: Holger Blohm setzt den Dauercamper Sören Schulz nach Lühesand über. Foto: Vasel
Es ist die letzte Saison für Holger Blohm auf Lühesand - als Campingplatzbetreiber. Schweren Herzens hat der Altländer die Camper über Ostern informiert, dass er 2024 aufhört. Doch das soll nicht das Ende der Geschichte sein.
Grünendeich. Um 12 Uhr legt die Sottje am Fähranleger an. Campingplatzbetreiber Holger Blohm hält die Ruderpinne fest in der Hand. Dauercamper Sören Schulz geht an Bord - vollbepackt mit Lebensmitteln. Sein Wohnwagen steht bereits in der zweiten Saison auf der Insel.
„Wir haben gewusst, dass Holger Blohm aufhören wird“, sagt der Eisenbahner. Wehmütig hätten viele Camper trotz alledem die Nachricht aufgenommen, das Aus kam überraschend.
Viele hatten gehofft, dass die Familie den Betrieb weiterführt. Schließlich waren Tochter und Schwiegersohn in der Saison 2023 in Blohms Fußstapfen getreten. Doch die vierte Generation gehe jetzt andere Wege.
Damit endet im Herbst eine Ära. Schließlich hat die Familie die Geschichte der Insel geprägt. Der Großvater von Holger Blohm, Heinrich Blohm, legte 1933 den Grundstein für das Ausflugslokal und den Campingplatz. Heinrich Blohm betrieb seinerzeit auch das Ausflugslokal Zur schönen Fernsicht in Grünendeich.
Samtgemeinde Lühe sucht neuen Pächter
Ende 2024 ist Schluss für Blohm, der Pachtvertrag werde zum Jahresende gekündigt. Die Gastronomie werde im Mai enden, sagt der 65-Jährige. Doch das soll nicht das Ende des Campingplatzes sein. Verpächter ist die Samtgemeinde Lühe.
„Die Suche nach einem neuen Pächter ist für mich eine Chefsache“, sagt der Bürgermeister der Samtgemeinde Lühe, Timo Gerke. Er ist in der vergangenen Woche offiziell von Blohm informiert worden.
Gerke wird jetzt die Politik einbinden, um die Ausschreibung auf den Weg zu bringen. Erste Interessenten hätten sich im Rathaus gemeldet. „Lühesand ist für uns ein Aushängeschild“, sagt Gerke. In kaum einer TV-Reportage fehle die Insel. Campingplatz und Gaststätte seien unverzichtbar für den Tourismus im Alten Land. Gerke bedauert, dass Blohm aufhört: „Er ist eine Institution.“
Bürgermeister setzt auf Blohm als Fährmann
Die Gaststätte auf Lühesand gehört der Familie - genauso wie die Fähren und Anleger. Gerke hofft, dass Blohm nicht komplett aussteigt. Sein Wunsch: Der 65-Jährige betreibt die Auto- und Wohnwagenfähre Sottje II und die Personenfähre Sottje weiter und hilft der Kommune bei der Auswahl eines Nachfolgers.
Als Fährmann will Rentner Blohm in der kommenden Saison den Übergang begleiten, nicht jeder darf Wohnwagen und -mobile oder Personen über die Lühesander Süderelbe schippern. Das könne er sich durchaus vorstellen, so Blohm.

Mit der Fähre „Sottje II“ werden Wohnwagen auf die Insel übergesetzt. Foto: Vasel
Sein Großvater hatte das Areal einst vom landeseigenen Domänenamt in Stade gepachtet. Der aktuelle Vertrag wurde 1994 geschlossen - mit der Samtgemeinde Lühe. Diese hat den Nordteil vom Land Niedersachsen gepachtet.
Zum Paket gehört der Parkplatz mit Kiosk in Sandhörn. Der Vertrag wäre zum 31. Dezember 2025 ausgelaufen. Ähnlich wie bei Freibad und Kaffeeklappe in Twielenfleth standen Neuverhandlungen an.Die CDU hatte im Rat mit Blick auf die angespannte Haushaltssituation auf höhere Einnahmen gedrängt.
Nach TAGEBLATT-Informationen nimmt die Samtgemeinde Lühe etwa 3000 Euro im Jahr ein; Blohm hat den Kiosk unterverpachtet. Die Campingplatz-Pacht geht direkt ans Domänenamt. Für Gerke muss ein neuer Pächter viel Herzblut mitbringen. Der Campingplatz müsse „auch in den nächsten 90 Jahren so gut wie in der Vergangenheit betrieben werden“.
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Dauercamper lieben ihr Bullerbü mit Elbblick
Darauf baut auch Dauercamper Sören Schulz. Für ihn und seine Familie ist Lühesand ein Bullerbü ohne Autoverkehr. „Der Urlaub auf der Insel entschleunigt und erdet“, sagt der Gast aus dem Ruhrgebiet.
Auf dem Platz mitten in der Natur und direkt am Wasser gebe es nicht überall Wasser und Strom, die Wohnwagen stehen nicht dicht an dicht. Camper versorgen sich selbst durch Solarzellen. Die Gemeinschaft unter den Campern sei einmalig, sagt Schulz. Er habe großen Respekt vor der Leistung der Familie: „Das ist schon viel Arbeit.“ Blohm selbst ist mit vielen Campern groß geworden, auch seine Frau lernte er auf Lühesand kennen. An der Insel hängt sein Herz.

Knapp 174 Fußballfelder würden auf Lühesand passen, die Wohnwagen, Wohnmobile und Zelte stehen nicht auf festen Parzellen. Es gibt auch Wochenendhäuser. Foto: Vasel
Die 124 Hektar große Insel ist Urlaubs- und Naturparadies zugleich. Der Süden gehört zum Naturschutzgebiet „Elbe und Inseln“, außerhalb der Sturmflutzeit halten seit 2016 die Galloways von Wilhelm Braack vom Münchhof aus Jork auf 60 Hektar die Landschaft offen - für den Erhalt der ortstypischen Flora und Fauna. Seine Färsen schlagen sich auf der Sommerweide im Schatten der höchsten Freileitungsmasten Europas mit Elbblick die Mägen voll, einer der Masten ist 227 Meter hoch.

Außerhalb der Sturmflutsaison grasen von April bis Oktober die Färsen, so heißen die Jungfrauen unter den Galloways, auf dem Eiland. Foto: Vasel
Lühesand war einst Baggerdeponie
Noch bis in die 1960er Jahre diente das Eiland als Baggerdeponie. Durch die Aufspülungen für die Elbvertiefungen versandete die Insel. Auf dem mageren Dünen-Standort entwickelten sich Trockenrasengesellschaften. So wuchs die heutige Insel in den Jahren insbesondere in den Jahren 1914 bis 1920 stetig. Im Jahr 1837 tauchte Lühesand auf einer Karte auf, die heute im Staatsarchiv Stade verwahrt wird.
Das heutige Lühesand wird als Verschmelzungsprodukt mindestens zweier Inseln angesehen. Von denen könnte eine die Nachbarinsel sein, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch Bojensand genannt wurde. Um 1900 jedenfalls war Lühesand noch durch einen wasserführenden Priel zweigeteilt. Im Spätmittelalter verlief hier noch die Deichlinie - bis zu den verheerenden Sturmfluten des 15. Jahrhunderts.