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TFähre Cranz-Blankenese in Gefahr - Hadag-Chefin gibt keine Bestandsgarantie

Seltener Anblick: Die Hadag-Fähre legt am Anleger Neuenfelde vor dem Este-Sperrwerk an.

Seltener Anblick: Die Hadag-Fähre legt am Anleger Neuenfelde vor dem Este-Sperrwerk an. Foto: Vasel

Die traditionsreiche Hamburg-Blankenese-Este-Linie (HBEL) ist in Gefahr. Die Fähre zwischen Blankenese und Cranz schreibt tiefrote Zahlen. Die Altländer kämpfen für ihren Erhalt. Doch die Hadag-Führung hält sich weiter bedeckt.

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Von Björn Vasel
Montag, 10.06.2024, 05:50 Uhr

Cranz. Auf Einladung der Bürgervertretung Neuenfelde-Francop-Cranz stellte sich Hadag-Vorständin Tanja Cohrt im Gasthaus zur Post in Cranz den Altländern. Letztere fürchten um die Zukunft der Fährverbindung zwischen Cranz und Blankenese. 1963 hatte die Hadag-Flotte die Hamburg-Blankenese-Este-Linie (HBEL) übernommen.

Wirtschaftsingenieurin und ausgebildete Kapitänin: Hadag-Vorstand Tanja Cohrt stand den Altländern im Gasthaus zur Post in Cranz Rede und Antwort.

Wirtschaftsingenieurin und ausgebildete Kapitänin: Hadag-Vorstand Tanja Cohrt stand den Altländern im Gasthaus zur Post in Cranz Rede und Antwort. Foto: Hamburger Hochbahn AG/Schulz

Tanja Cohrt war Kapitänin auf großen Containerschiffen. Vor fünf Jahren heuerte sie bei der Hadag an. Seit August 2023 führt Cohrt die Hochbahn-Tochter Hadag Seetouristik und Fährdienst AG (Hadag) gemeinsam mit Martin Lobmeyer. Während die 38-Jährige den Bereich Personal und Betrieb verantwortet, ist ihr Co-Vorstand für Finanzen und Technik zuständig. Sie stecke „viel Herzblut in die Hadag“, sagte Cohrt in Cranz.

Hadag stellt neue Schiffsführer ein

„Wir transportieren rund zehn Millionen Fahrgäste im Jahr“, sagte Cohrt. Die Hadag - gegründet im Jahr 1888 - ist für den ÖPNV im Hamburger Hafen verantwortlich. Knapp 120 Mitarbeiter und 26 Fahrgastschiffe zählen zum Unternehmen. Das ist in schwerer See. Der Grund: Die Hadag habe 2022/2023 einige Schiffsführer an Barkassenfirmen wie Abicht verloren. Hafenrundfahrt-Anbieter hätten plötzlich bis zu 1000 Euro mehr im Monat bezahlt, die Hadag habe als ein öffentliches Verkehrsunternehmen nicht mithalten können. Weil Personal fehlt(e), kam und komme es zu Einschränkungen im Betrieb und zu Ausfällen. So habe die Hadag die Linie 72 (Landungsbrücken - Elbphilharmonie) unter der Woche ausgesetzt. Das frei gewordene Schiff werde zusätzlich im Berufsverkehr eingesetzt. Die HBEL fährt zurzeit auch nicht.

Die Hadag versucht vor allem Ausfälle auf den Linien 62 und 64 im Hamburger Hafen zu verhindern, auf diesen Linien werden 8,5 Millionen von 10 Millionen Fahrgästen transportiert.

Die Hadag versucht vor allem Ausfälle auf den Linien 62 und 64 im Hamburger Hafen zu verhindern, auf diesen Linien werden 8,5 Millionen von 10 Millionen Fahrgästen transportiert. Foto: Vasel

Doch es gehe wieder aufwärts. Die Hadag habe seit August 2023 bereits 13 neue Mitarbeiter gewonnen. Zuverlässige Arbeitszeiten, aber auch neue Leistungen wie Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter-Prämien, Dienstfahrräder oder Sportangebote hatten Ex-Mitarbeiter zur Rückkehr bewegt. „Wir sind ein guter Arbeitgeber“, sagte Cohrt.Trotzdem fehlten weiter Schiffsführer. Mehr als eine Handvoll würde sie sofort einstellen. Doch der Arbeitsmarkt sei leergefegt. Ein bis zwei kämen monatlich hinzu. Zusätzlich fehlten Schiffsführer im täglichen Betrieb, denn vier Kollegen begleiten aktuell den Neubau von drei Fähren. „Wir arbeiten auf Stabilität im Fährbetrieb hin“, sagt der Personal-Vorstand. Die Personalprobleme der Hadag seien lediglich mittelfristig zu lösen.

Schwerpunkt liegt auf den Hauptlinien

Der Fokus liege auf den Linien 62 (Finkenwerder - Landungsbrücken) und 64 (Finkenwerder - Teufelsbrück). Diese kommen auf einen Anteil von 60 Prozent bei den Fahrgästen. 8,5 Millionen Fahrgäste nutzen diese Linien. Deshalb sei für die Hadag „am Allerwichtigsten“, diese beiden Hauptlinien aufrechtzuerhalten. Ein Ziel bei Personal- oder Technik-Problemen: Niemals zwei Schiffe hintereinander auf der Linie 62 und der Linie 64 ausfallen lassen.

Cranz-Blankenese ist ihr Sorgenkind

Bei der Hamburg-Blankenese-Este-Linie (HBEL) seien die Fahrgastzahlen laut Cohrt seit Jahren rückläufig. Einen ersten Knick habe es im Jahr 2011 nach der Insolvenz der Sietas-Werft in Neuenfelde mit 75.000 Fahrgästen im Jahr 2012 gegeben. Davor seien bis zu 100.000 an Bord gegangen. Durch den massiven Personalabbau hätten deutlich wenig Pendler die Fähre zwischen Blankenese und Cranz genutzt. „Seitdem ist es stetig bergab gegangen“, sagt die Hadag-Vorständin.

Die Hadag-Fähre bringt Touristen in das Alte Land, hier steigen Fahrradfahrer in Neuenfelde aus.

Die Hadag-Fähre bringt Touristen in das Alte Land, hier steigen Fahrradfahrer in Neuenfelde aus. Foto: Vasel

In der Regel gingen weniger als fünf Fahrgäste pro Fahrt an Bord der Hadag-Fähre Altona. 4 Euro zahlen Fahrgäste für die Fahrt von Cranz/Neuenfelde nach Blankenese. Doch jeder Passagier koste die Hadag rund 40 Euro.

Zeitgleich habe die Verschlickung in der Este und in der Elbe zugenommen. Fahrwasser und Werfthafen wurden nicht mehr ausgebaggert. In und vor dem Este-Sperrwerk gab es nach dem Aus für den Schiffbau weniger Bewegungen. Hinzu kam der höhere Sedimenteintrag infolge der Elbvertiefungen von 1999 und 2022. Das Verschlickungsproblem sei ein Grund, warum nur 35 Prozent der Fahrten der HBEL fahrplanmäßig in Neuenfelde oder in Cranz enden.

Die Fähre Blankenese-Cranz (HBEL) wird häufig nach Finkenwerder umgeleitet.

Die Fähre Blankenese-Cranz (HBEL) wird häufig nach Finkenwerder umgeleitet. Foto: Vasel

Wegen der Verschlickung oder wegen Niedrigwassers wurden 65 Prozent der HBEL-Fahrten nach Finkenwerder umgeleitet. Infolge der Unzuverlässigkeit und Ausfälle gingen weniger Fahrgäste an Bord. Im Jahr 2022 waren es noch 50.000, im vergangenen Jahr zählte die Hadag lediglich 30.000 Fahrgäste auf dieser Linie.

Bei der Verschlickung habe die Hadag keinen Einfluss, so Cohrt. Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes weigere sich, die Bundeswasserstraße Este auszubaggern, so Jenny Wesche von der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende. Das Geld sei knapp. Durch das Aus der Sietas-Werft fehle eine ökonomische Begründung. Drei bis sechs Millionen Euro würde das Baggern mindestens kosten, hieß es.

Elbe und Este sind verschlickt, die Altona macht deshalb häufig nicht in Cranz fest.

Elbe und Este sind verschlickt, die Altona macht deshalb häufig nicht in Cranz fest. Foto: Vasel

Der Hadag-Fähre Altona fehle häufig die sprichwörtliche Handbreit Wasser unter dem Kiel, deshalb könne die Fähre (Kapazität: 185 Passagiere) aufgrund ihres Tiefgangs von 1,90 Meter häufig Neuenfelde und Cranz nicht mehr anlaufen.

Hadag-Chefin macht keine Zusagen

Deshalb werde sich kurz- und mittelfristig nichts an den Ausfällen ändern. Andere Schiffe für die HBEL gebe es nicht, Personal sei knapp. Ein Extra-Neubau ist für die Hadag keine Option. Fahrgäste seien auf der HBEL „praktisch nicht existent“, so Cohrt. Deshalb falle es der Hadag ohnehin schwer, diese Linie auszubauen. Eine Bestandszusage gab es nicht. Cohrt: „Unser Hauptanliegen ist es, den gesamten Betrieb zu stabilisieren. Das müssen wir erst einmal wieder hinkriegen. Vorher kann ich keine Zusagen machen.“

Bürgerschaftsabgeordnete Dr. Gudrun Schittek, aber auch Manfred Hoffmann von der Bürgervertretung und einige Bürger machten in Cranz noch einmal deutlich, wie wichtig die HBEL für das Alte Land und Buxtehude sei - für Pendler und Touristen. Bei Einhalten des Fahrplans „hätte die Fähre ein Riesenpotenzial“.

Die Buslinie 150 ist für die Altänder keine Alternative zur Fähre.

Die Buslinie 150 ist für die Altänder keine Alternative zur Fähre. Foto: Vasel

Langfristig werde sich wieder Industrie auf der Werft entwickeln. Die Buslinie 150 oder der eigene Pkw seien für viele keine Alternative, diese stecken häufig auf der Straße oder im Elbtunnel im Stau fest. Hinzu komme: Die Fahrten seien reduziert, Bus und Hadag-Fähre 62 seien nicht ausreichend aufeinander abgestimmt, Umsteigezeiten von einer Minute seien zu kurz.

Ein Ponton könnte helfen, dass die Hadag-Fähre Altona zumindestens Neuenfelde-Sperrwerk anläuft.

Ein Ponton könnte helfen, dass die Hadag-Fähre Altona zumindestens Neuenfelde-Sperrwerk anläuft. Foto: Vasel

Immerhin: Die Hadag will jetzt die Digitalisierung vorantreiben, geplant seien Fahrgastinformationsanzeiger an den Anlegern mit Infos zu Umsteigemöglichkeiten auf Bus und Bahn oder Leihfahrräder sowie Störungen. Und. Die Hadag will prüfen, ob in Neuenfelde ein Ponton vor dem Sperrwerk als Anleger helfen könnte, mehr Fahrten zu sichern.

Hiweis in der HVV-App. Die HBEL zwischen Blankenese und Cranz fällt ersatzlos aus.

Hiweis in der HVV-App. Die HBEL zwischen Blankenese und Cranz fällt ersatzlos aus. Foto: Vasel

Hadag-Fähranleger in Cranz.

Hadag-Fähranleger in Cranz. Foto: Vasel

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