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TMehr als 90 Minuten Schulweg: Mutter klagt gegen den Landkreis Stade

Schulkinder aus Horneburg müssen mit S-Bahn und Bus über Buxtehude fahren, um die Freie Waldorfschule in Apensen zu erreichen (Symbolbild).

Schulkinder aus Horneburg müssen mit S-Bahn und Bus über Buxtehude fahren, um die Freie Waldorfschule in Apensen zu erreichen (Symbolbild). Foto: Silvia Marks/dpa-tmn

Sechs Mütter aus Horneburg streiten sich seit Jahren mit dem Landkreis Stade. Der Grund: Für Schulkinder aus Horneburg, die auf die Freie Waldorfschule Apensen gehen, gibt es keinen direkten Schulverkehr. Nun klagt eine aufgebrachte Mutter dagegen.

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Von Steffen Buchmann
Freitag, 10.11.2023, 09:50 Uhr

Horneburg. 9,5 Kilometer. Soweit ist die Fahrstrecke vom Haus der Familie Stüven zur Freien Waldorfschule in Apensen. Doch der tägliche Schulweg gestaltet sich schwierig für die beiden Töchter, denn es gibt keinen direkten Schulverkehr.

„Ich kann nicht verstehen, dass unser Problem einfach so abgetan wird“, sagt Meike Stüven. Die alleinerziehende Mutter lebt mit ihren acht- und elfjährigen Töchtern in Horneburg, beide besuchen seit 2021 die Waldorfschule in Apensen.

Da es keinen direkten Schulbus gibt, hat Meike Stüven bisher immer schriftlich eine sogenannte „Schülerbeförderung“ beim Landkreis Stade beantragt, wodurch die jüngste Tochter per Taxi oder Kleinbus von zu Hause bis zur Schule und zurück gebracht wurde. Doch im Juli 2023 lehnte der Landkreis Stade den Antrag für das neue Schuljahr ab.

Kinder pendeln drei Stunden täglich mit der Bahn

„Wir waren gerade im Sommerurlaub, als der Ablehnungsbescheid bei uns im Briefkasten landete“, sagt Stüven. Als Grund führte der Sachbearbeiter an, der Schulweg der Tochter sei „unter Inanspruchnahme des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu bewältigen“. Lediglich für Rückfahrten nach der vierten und fünften Schulstunde gab die Behörde ihrem Antrag auf Schülerbeförderung statt, da hier keine geeigneten Verbindungen im ÖPNV zur Verfügung stünden. „Im Bescheid wurde mir zudem vorgehalten, ich hätte mir bei der Schulwahl darüber im Klaren sein müssen, dass der Schulweg für meine Tochter umständlicher und belastender sein würde, als wenn sie die Oberschule in Horneburg besuchen würde“, sagt Meike Stüven.

Der von der Behörde beigelegte Fahrplan, nach dem sich die Tochter zukünftig richten soll, sei eine Zumutung für ihre Tochter. „Sie muss morgens um kurz nach 7 Uhr mit der S-Bahn nach Buxtehude fahren, wo sie dann drei Minuten Umstiegszeit hat, um die Regionalbahn Richtung Cuxhaven über Apensen zu erreichen“, sagt die Mutter. Wenn die Grundschülerin den Anschluss in Buxtehude verpasse, würde die nächste Bahn erst über eine Stunde später fahren - der Unterricht beginnt jedoch um 8 Uhr.

Weil es vom Zuhause der Stüvens bis zum Horneburger Bahnhof ein weiter Weg ist, rechnet die Mutter vor: „Meine Tochter ist zu Fuß und der Bahn 97 Minuten unterwegs, um morgens zur Schule zu kommen. Und dann kommt noch mal dieselbe Zeit für den Rückweg dazu“, sagt Stüven.

Landkreis sieht rechtliche Pflichten erfüllt

Inzwischen hat die Horneburgerin ein Klageverfahren gegen den Landkreis eingeleitet, um die Schulbeförderung per Taxi wieder komplett bewilligt zu bekommen. Es sei jedoch der letzte Ausweg, sagt Meike Stüven. Viel lieber wäre es ihr, wenn der Landkreis einen regulären Schulverkehr per Bus einrichten würde. „Allein aus Horneburg reisen täglich mindestens zehn Kinder über Umwege nach Apensen“, sagt Julia Brunsch aus Horneburg, deren drei Kinder ebenfalls keine Schülerbeförderung erhalten.

Insgesamt sechs Mütter aus Horneburg stünden in ständigem Kontakt miteinander und versuchen seit Jahren, den Landkreis zum Einlenken zu bewegen. „Man trifft jedoch nur auf taube Ohren“, sagt Julia Brunsch. Es stehe in keinem Verhältnis, dass die Mütter ihre Kinder selbst zur Schule fahren müssen, um ihnen täglich gut drei Stunden Fahrtweg per ÖPNV zu ersparen.

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„Mit dem Auto braucht man etwa zwölf Minuten bis zur Schule, so bleibt den Kindern neben der Schule auch mehr Freizeit“, so Brunsch weiter. Sie habe den Schulweg per Bahn auch mit ihren Kindern eingeübt und sie dorthin begleitet. Sie finde es trotzdem unzumutbar, dass so junge Kinder mit dem Fahrplan auf sich selbst gestellt sein sollen.

Mutter lädt Landrat Seefried zur Schul-Tour ein

„Teilweise können die Kinder noch nicht richtig lesen oder die Uhrzeit bestimmen. Aber laut Kreis sollen sie die richtige Anschlussbahn finden, wenn die vorherige Verspätung hatte“, beklagt Meike Stüven. Sie habe dafür kein Verständnis und lade den Landrat herzlich ein, mal selbst eine Woche lang täglich diese Schulroute zu benutzen - gerne begleite sie ihn auf dem Weg.

Dem TAGEBLATT erklärt Landkreis-Pressesprecher Daniel Beneke, dass der Landkreis die Schülerbeförderung im Rahmen seiner rechtlichen Verpflichtung teilweise mit Taxi oder Kleinbus sowie über den ÖPNV sicherstelle. „Bei der Waldorfschule Apensen handelt es sich um eine sogenannte Ersatzschule“, sagt er. „Die für uns maßgebliche Rechtsprechung des OVG Lüneburg erklärt eine zeitliche Obergrenze von 90 Minuten je Richtung bei privaten Ersatzschulen als zumutbar.“ Meike Stüven rechnet und sieht das anders, daher die Klage.

Zudem, sagt Beneke, erhielten Kinder aus Horneburg bei Erfüllung der satzungsgemäßen Voraussetzungen grundsätzlich eine Schülerfahrkarte für den ÖPNV. Die Entscheidungen über Taxi-Beförderungen würden vor Bewilligung oder Ablehnung zudem immer individuell betrachtet, so Beneke weiter.

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