TSauensiekerin heimst dank Spenderniere Medaillen am laufenden Band ein

Die Sauensiekerin Angela Rathjen nahm gemeinsam mit rund 2500 Sportlern aus über 60 Nationen bei den World Transplant Games in Dresden teil. Foto: Laudien
„Ohne diese Tortur wäre ich nach vier Tagen tot gewesen“: So beschreibt Angela Rathjen die Zeit, als sie nur dank Blutwäschen überlebte. Die Geschichte einer (Wett-)Kämpferin.
Sauensiek. 2500 Sportlerinnen und Sportler aus über 60 Nationen in 17 Sportarten waren bei den World Transplant Games in Dresden dabei. Eine davon war Angela Rathjen aus Sauensiek. Bei den Schwimmwettkämpfen mit internationaler Konkurrenz holte sie Bronze über 100 und 400 Meter Freistil.
Ziel der internationalen Sportwettkämpfe, die alle zwei Jahre stattfinden: den Amateursport unter Organtransplantationsempfängern, Lebendspendern sowie Spenderfamilien zu fördern und die Botschaft der Organspende weltweit sichtbar zu machen.

Organspende-Botschafter bei der Siegerehrung der Schwimmwettkämpfe: Sportlerinnen aus Großbritannien, Argentinien und für Deutschland die Sauensiekerin Angela Rathjen. Foto: Laudien
Seit 17 Jahren auf Wettkämpfen
Angela Rathjen lebt seit 14 Jahren mit einer Spenderniere und nimmt seit 17 Jahren erfolgreich an nationalen und internationalen Schwimmwettkämpfen der Organtransplantierten und Dialysepatienten teil. Mehrere Gold-, Silber- und Bronzemedaillen hängen in ihrem Haus in Sauensiek, etwa von der Weltmeisterschaft in Newcastle über 400 Meter Freistil oder Silber vergangenes Jahr in Lissabon. Dieses Jahr fand die Weltmeisterschaft zum ersten Mal in Deutschland statt.
Untersuchung wegen Wasser in den Beinen
„Der Austausch mit gleichgesinnten Sportlern ist mir wichtig. Egal ob Verkäuferin oder Anwalt, wir haben alle das gleiche Schicksal, und das verbindet uns“, sagt die 50-Jährige. Zudem werben die Wettkämpfe für die Organspende - und das sei ihr besonders wichtig. Denn erst dadurch wurde ihr ein neues Leben geschenkt.
1994 nahm ihr schweres Schicksal seinen Lauf. Bei der damals 19-Jährigen wurden bei einer Untersuchung aufgrund von Wasser in den Beinen Schrumpfnieren festgestellt. Zudem waren die Nieren von einer Immunkrankheit befallen.

Angela Rathjen nahm gemeinsam mit rund 2500 Sportlern aus über 60 Nationen bei den World Transplant Games in Dresden teil. Foto: Rathjen
Tabletten und Dialyse versagten
Anfangs bekam Angela Rathjen Tabletten, die sie acht Jahre lang einnahm. „Sonst hätte ich schon früher an die Dialyse gemusst.“ Doch die Nierenfunktion wurde zunehmend schlechter - und die Dialyse unausweichlich. Ab 2002 musste sich Angela Rathjen jede Nacht zu Hause für zehn Stunden an eine Bauchfelldialyse anschließen, um die Giftstoffe aus ihrem Körper zu pumpen. Doch nach zwei Jahren wirkte auch diese Methode nicht mehr.
Dreimal in der Woche zur Blutwäsche nach Hamburg
„Die Nieren waren mittlerweile nur noch so klein wie Haselnüsse“. Eine Blutwäsche wurde lebensnotwendig. Dreimal in der Woche fuhr Angela Rathjen von Sauensiek zum Dialyse-Zentrum nach Hamburg-Dulsberg, wurde für fünf Stunden an das Dialysegerät angeschlossen.
Ihr rechter Arm war von Einstichen und Hautschwellungen gezeichnet an den zwei Stellen, wo das Blut am Handgelenk aus dem Körper herausgepumpt und an der Armbeuge wieder zurückgeführt wurde. „Hinterher fühlte ich mich jedes Mal sehr schlapp, aber ohne diese Tortur wäre ich nach vier Tagen tot gewesen.“
Viele Jahre arrangierte sich die junge Frau mit ihrer Krankheit, musste auf vieles verzichten, durfte etwa nur wenig Ost und Gemüse essen, höchstens einen halben Liter am Tag trinken und konnte nur eingeschränkt arbeiten.
Ihr Arzt riet ihr, sich mit Sport fit zu halten. Die gebürtige Sauensiekerin war schon früher gerne im dortigen Freibad und entdeckte das Schwimmen für sich wieder neu.
Auf der Warteliste für eine neue Niere
Von ihrem Arzt bekam sie den Tipp zum Verein Transdia für Transplantations- und Dialyse-Patienten, der auch Sportwettbewerbe ausrichtet. Außerdem stand sie im Eppendorfer Krankenhaus auf der Warteliste für eine neue Niere. Ein Leben zwischen Warten, Hoffen und ständiger Erreichbarkeit, falls ein passendes Organ gefunden wird.
Den Tag, als ihr 2011 mitgeteilt wurde, dass man für sie ein Spenderorgan habe, wird sie nie vergessen. „Als das Telefon klingelte, habe ich gleich geahnt, dass es mein Arzt ist.“
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Einziger Wermutstropfen: Der Spender war bereits 64 Jahre alt. Und je älter das Organ, desto schlechter ist es, so die Faustregel. „Dennoch habe ich diese Chance auf ein neues Leben sofort ergriffen und es bis heute nicht bereut.“
Angela Rathjen hat seit vielen Jahren einen Organspendeausweis, den man bei Ärzten und in Apotheken bekommt und arbeitet mittlerweile im Hurtig-Markt in Sauensiek.
2024 gab es bundesweit 953 Organspenderinnen und Organspender. Das entspricht 11,4 Organspenderinnen und -spender je eine Million Einwohner. Ende 2024 standen in Deutschland etwa 8575 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Die meisten von ihnen warten auf eine Spenderniere.
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