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TSchäfer in Sorge: Junger Wolf streift durch das Alte Land

Beweis: Die Wildkamera hat am 15. Oktober einen Wolf in Jork-Hinterbrack aufgezeichnet.

Beweis: Die Wildkamera hat am 15. Oktober einen Wolf in Jork-Hinterbrack aufgezeichnet. Foto: Deichverband

Oberdeichrichter und Deichschäfer schlagen Alarm: Zwischen Jork-Hinterbrack und Leeswig streift ein Wolf durch die Plantagen. „Ich kann nicht mehr schlafen“, sagt der betroffene Schäfer.

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Von Björn Vasel
Mittwoch, 01.11.2023, 19:00 Uhr

Jork. Der Wolf streift offenbar bereits seit einigen Monaten durch das Alte Land, berichten Obstbauern und Jäger. Mittlerweile gibt es einen Beweis: Ein junger Wolf lief am 15. Oktober um 4.33 Uhr vor die Linse einer Wildkamera in Hinterbrack. Das Video sorgt bei Deichschäfer Vasile Buza für schlaflose Nächte. Er fürchtet - nach den Wolfs-Attacken an der Oste - um das Leben seiner 1000 Schafe.

Zwei tote Schwäne haben seine Befürchtungen nun verstärkt. Allerdings geht der zuständige Jäger mittlerweile davon aus, dass die Tiere „vermutlich erschlagen“ worden sind. Die Untere Jagdbehörde beim Landkreis Stade sei informiert.

Wie gefährlich der Wolf für Weidetiere wie seine Schafe werden könne, weiß der Moldawier aus seiner Heimat. „Wenn der Wolf erst einmal Blut geleckt hat und Schafe als Beute betrachtet, werde ich meine Tiere nicht schützen können“, sagt Buza und mahnt: „Wenn sich ein Wolf in eine so dicht besiedelte Gegend wie das Alte Land traut, kann er nicht nur Schafen gefährlich werden.“

Zäune entlang der Deiche sind keine Option

Vermeintlich wolfssichere Zäune könnten am Deich nicht aufgestellt werden - nicht nur wegen der hohen Kosten und des Personalaufwands. Die Deiche werden in Etappen beweidet. Zäune bieten keinen Schutz, verweist Buza auf die Attacken der jüngsten Zeit.

Deichschäfer Vasile Buza sorgt sich um das Leben seiner Tiere.

Deichschäfer Vasile Buza sorgt sich um das Leben seiner Tiere. Foto: Vasel

Für ihn und den Oberdeichrichter gebe es nur eine Option: „wolfsfreie Zonen“ in der Marsch durch konsequente Bejagung des Wolfes in einem Streifen von 50 bis 60 Kilometern entlang der Deiche an der Elbe. Die Politik müsse endlich gesetzliche Grundlagen schaffen. Seine Schafe grasen zurzeit auf Hahnöfersand, in Horneburg und auf der Geest. Die Gefängnisinsel sei auch nicht mehr sicher vor Wölfen. 2019 beobachteten die Pförtner einen Wolf, der durch das Tor lief. Und: Wölfe könnten auch durch die Borsteler Binnenelbe schwimmen. Auf Hahnöfersand steht auch der zweite Stall des Deichschäfers der Zweiten Meile Alten Landes.

Lammfleisch aus Irland flutet den deutschen Markt

Buza fürchtet um seine Existenz. Schäfer hätten es wirtschaftlich ohnehin schwer. Der Einsatz der Schafe als vierbeinige Deichschützer bilde - wie überall in der Marsch - das wirtschaftliche Fundament der Schäferei in Borstel.

Er zahle nicht nur beim Scheren drauf, sondern müsse Geld für das „Entsorgen der Wolle“ draufpacken. Für Schafswolle gebe es keinen Markt. Beim Fleisch sieht es nicht besser aus. Importe aus Irland überschwemmen den Markt, bei den Dumpingpreisen könnten Deichschäfer nicht mithalten. „Wir müssten sieben bis acht Euro für Lammfleisch bekommen, die Iren liefern für sechs Euro das Kilo.“

„Die Sicherheit der Bevölkerung muss absoluten Vorrang haben“, mahnt Ulferts. 50.000 Menschen werden durch den zwölf Kilometer langen Elbdeich vor verheerenden Sturmfluten geschützt. Die Deich-Schafe müssten weiter „Vortritt“ vor dem Wolf haben.

Denn Schafe schlagen sich beim Grasen auf dem Deich nicht nur den Magen voll, sondern treten mit ihren Klauen die Löcher in den Deichen zu. Diese werden durch Mäuse, Maulwürfe und nicht angeleinte Hunde verursacht. Ulferts: „Solche Löcher können im Sturmflutfall zu schweren Schäden führen - im schlimmsten Fall zu einem Deichbruch.“ Die feste Grasnarbe auf dem Kleimantel und dem Sandkern sei der Panzer der Deiche.

Zahl der wild lebenden Wölfe steigt weiter

Die Zahl der in freier Wildbahn lebenden Wölfe in Niedersachsen ist im dritten Quartal dieses Jahres nach Angaben der Landesjägerschaft (LJN) erneut gestiegen. Zum 31. Oktober waren 55 Wolfsrudel nachgewiesen, teilte die LJN mit. Offiziell bestätigt waren demnach 50 Wolfsrudel, vier Wolfspaare und ein residenter Einzelwolf. Im zweiten Quartal waren 48 Wolfsterritorien gezählt worden. Die Landesjägerschaft ist in Niedersachsen damit beauftragt, die Tiere zu zählen, zu erfassen und zu dokumentieren.

Zugleich wurden im dritten Quartal 2023 sieben Totfunde in das Monitoring aufgenommen. Fünf Wölfe, vor allem junge Tiere, starben demnach bei Verkehrsunfällen, zwei weitere wurden illegal abgeschossen.

Insgesamt dokumentierte die LJN im Berichtszeitraum 107 Angriffe auf Nutztiere - mehrheitlich Schafe. (epd/bal)

Ein toter Schwan liegt in einer Apfelplantage.

Ein toter Schwan liegt in einer Apfelplantage. Foto: Deichverband

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