TSeltener Blick hinter die Kulissen im Obstbau – Roboter im Einsatz

Blick vom Verpackungslager auf die Verpackungslinien und die Industrieroboter. Patrick Hauschildt setzt am Standort Guderhandviertel auf Automatisierung. Foto: Vasel
Obstbau und -handel an der Niederelbe, das ist Hightech. Beim Obstgroßhandel Hauschildt in Guderhandviertel helfen jetzt einarmige Industrieroboter beim Packen der Paletten.
Guderhandviertel. Auch der Altländer Patrick Hauschildt setzt auf Automatisierung. Fast lautlos stapeln die Palettierroboter hinter dem Schutzgitter die Kisten mit den abgepackten Äpfeln - auf den Millimeter genau. Ist die Euro-Palette voll, geht es - wie von Geisterhand gesteuert - weiter. Ein autonomer Paletten-Shuttle fährt die Ware durch die Packhalle. Mit dem weltweit aktiven Unternehmen Palm Systems aus Jork hat der bereits im Jahr 1570 gegründete Betrieb aus Jork-Wisch am Standort Guderhandviertel eine der modernsten Verpackungslinien in der Region realisiert.
Einarmige Industrieroboter packen die Obstkisten auf die Euro-Paletten
Nach Branchen wie der Automobil- und Lebensmittelindustrie, kommen die einarmigen Industrieroboter von Kuka aus Augsburg jetzt im Fruchthandel im Alten Land zum Einsatz. Palm Systems gehört laut Obstbauzentrum Esteburg zu den Vorreitern bei Robotik und KI-Einsatz.

Palettierroboter stapeln die Kisten millimetergenau. Foto: Vasel
„Wir können rund 100 Tonnen am Tag verpacken“, rechnet Patrick Hauschildt (33) vor. Zehn Linien gibt es, für Äpfel und Birnen sowie für Steinobst wie Kirschen und Zwetschen. Die rund 100 Meter lange Verpackungshalle spiegelt auch architektonisch den Arbeitsablauf wider. Das war dem Unternehmer wichtig. Das vorsortierte Obst wird auf der Westseite angeliefert, vom Kühltransporter geht es sofort in das Kühllager. Hier können vor dem Verpacken „bis zu 1000 Tonnen kurzfristig bei zwei bis vier Grad gelagert werden“.

Mensch und Maschine arbeiten Hand in Hand. Foto: Vasel
Nach der fruchtschonenden Entleerung aus der Großkiste ins Wasser, schwimmen die Früchte durch einen Kanal zum Verpacken. Mensch und Maschine arbeiten Hand in Hand an den Linien. Sie werfen einen prüfenden Blick auf die Früchte. Diese wurden - unter anderem im Hauptbetrieb in Wisch - vorher mit Hilfe einer Hightech-Kamera nach Größe und nach Farbe selektiert. Der Clou: Mostobst wird in der neuen Halle unterirdisch in ein Extra-Gebäude abtransportiert. Anhand der vollautomatischen Etikettierung können Kunden den Weg des Obstes bis zum Erzeuger zurückverfolgen.

Die Äpfel schwimmen zum Verpacken. Foto: Vasel
Jeder Raum wird genutzt. Das Verpackungsmaterial saust vom Lager, das sich über den Linien befindet, in die Anlagen. Wenn das Tafelobst - verpackt in der Schale, im Netz oder im Foodtainer - in der Kiste liegt und vom Roboter auf die Euro-Palette gestapelt worden ist, geht es zur Wahrung der Fruchtqualität umgehend mit dem Stapler in einen weiteren Kühlraum.

Bis zu 1000 Tonnen können in diesem Kühllager geparkt werden. Foto: Vasel
Über fünf Rampen kann die Ware von dort auf der Ostseite der Halle in Kühl-Lkw verladen werden. Weiterer Standortvorteil: Der Verpackungsbetrieb im Gewerbegebiet Guderhandviertel verfügt über eine Direktanbindung an die L125.
Junger Obstbauer stieg 2016 erfolgreich in Großhandel ein
Seit dem Herbst 2024 verpackt Hauschildt seine Handelsware in Guderhandviertel, Sortierung und Lagerung laufen weiter in Wisch. Rund 30 seiner 45 Mitarbeiter sind in Guderhandviertel beschäftigt. Das Unternehmen besteht aus dem 90 Hektar großen Obsthof und dem deutschlandweit aktiven Obstgroßhandel. Der 33-Jährige hatte den Hof im Jahr 2016 vom Vater übernommen, als zweites Standbein baute er mit Erfolg den Handelsbetrieb auf.

Blick auf die Verpackungshalle von Obst Hauschildt im Gewerbegebiet Dollerner Straße in Guderhandviertel, rechts ist die L125 zu sehen Foto: Hauschildt
Die Tonnage stieg stetig, der Platz wurde knapp. Ursprünglich wollte er deshalb seinen Betrieb am Hauptsitz in Wisch erweitern. Doch das scheiterte am Widerstand von Nachbarn und Politik. Ende 2020 gab er seine Pläne für eine Erweiterung in der Gemeinde Jork auf.
Bürgermeister Marco Hartlef unterstützte die Ansiedlung
Das Aus der Obstgemeinschaftsbrennerei Niederelbe ebnete schließlich der Ansiedlung an der Dollerner Straße (L125) in Guderhandviertel im Jahr 2021 den Weg - unterstützt von Bürgermeister Marco Hartlef (CDU) und dem Rat. Die Gemeinde will den Obstbau stärken. Hier gelang es Hauschildt, Politik und letztlich auch Nachbarn im Bebauungsplanverfahren ins Boot zu holen. „Finanziell war es eine große Herausforderung“, sagt Hauschildt, die Zinsen seien durch die Verzögerungen bis zum Bau kräftig gestiegen. Die EU unterstützte das Projekt mit Mitteln aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).

Das Unternehmen verfügt über einen eigenen Fuhrpark. Foto: Hauschildt
Zum Großhandel gehört ein eigener Fuhrpark.
Vorher stand hier die Obstgemeinschaftsbrennerei
Sein Betrieb steht auf historischem Boden. 1971/1972 wurde hier die Obstgemeinschaftsbrennerei Niederelbe an der Dollerner Straße errichtet. Die Brennerei war die größte deutsche Obstbrennerei in Bauernhand. Im Dezember 2020 beschlossen die 950 Mitglieder der Genossenschaft die Auflösung. Nach Abschaffung des Branntweinmonopols waren die Altländer nicht mehr konkurrenzfähig - trotz guter Produkte. Bis zu 12.000 Tonnen Obst im Jahr wurden verarbeitet, bis zu 15 Prozent über den Feinbrand unter anderem zu Obstbränden und -likören veredelt. Im Sommer 2021 wurde die Brennerei abgerissen, um Platz für den Verpackungsbetrieb zu schaffen.