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Verkehr

TSteinkirchener auf den Barrikaden: Anwohner wehren sich gegen L140-Ausbau

Anwohner der L140 bilden eine 14-Meter-Menschenkette in Steinkirchen.

Anwohner der L140 bilden eine 14-Meter-Menschenkette in Steinkirchen. Foto: IG Bürgerei/Tiedemann

Anwohner der Bürgerei lehnen die Pläne für den Ausbau der Landesstraße 140 in Steinkirchen ab. Sie wollen für den Erhalt des Ortsbilds mit den großen Bäumen und gegen die bisherige Planung kämpfen. Das ist ihr Anliegen.

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Von Björn Vasel
Dienstag, 13.02.2024, 15:25 Uhr

Steinkirchen. Seit 2019 diskutieren die Steinkirchener, wie die Verkehrssicherheit auf der L140 im Verlauf der Straße Bürgerei - insbesondere für Fußgänger und Fahrradfahrer - verbessert werden kann. Im Zuge der geplanten Grundsanierung der Landesstraße ist im Rat aktuell die Vorzugsvariante im Gespräch. Das Konzept: Fahrradschutzstreifen mit Markierungen auf der Fahrbahn und Fußwege beidseitig.

Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr will die Straße frühestens ab 2025 auf einer Länge von 2,4 Kilometern in Steinkirchen und Grünendeich für voraussichtlich bis zu sechs Millionen Euro sanieren.

Bürgerinitiative entlang der Bürgerei gegründet

Doch im Dorf regt sich Protest, eine Interessengemeinschaft hat sich gebildet. Die IG Bürgerei will „eine 14,20 Meter breite Verkehrsschneise durch das Dorf verhindern“, betont Heino Eckerich. Die vorgelegte Planung sei „aus der Zeit gefallen“, eine breite Trasse würde zum Rasen animieren. Diese würde nicht nur das gewachsene Ortsbild zerstören, sondern auch örtliche Wirtschaft und Tourismus gefährden. Deshalb sei eine Überarbeitung der Pläne gemeinsam mit den Anliegern unabdingbar. „Wir lehnen eine Sanierung der Straße nicht grundsätzlich ab, diese ist notwendig“, ergänzt Saskia Tiedemann mit Blick auf die Schäden, „allerdings nicht in dieser Dimension.“

In einer Anwohnerversammlung sei die Vorzugsvariante „einstimmig“ abgelehnt worden, 34 Steinkirchener, darunter der ehemalige Bürgermeister der Samtgemeinde Lühe, Michael Gosch (CDU), waren der Einladung an einem Sonntagmorgen gefolgt.

Die Anwohner wollen Gärten und Straßenbäume möglichst erhalten. Der aktuellen Planung könnten bis zu 50 Bäume, unter anderem mächtige Kastanien, zum Opfer fallen. Vor einigen der Altländer Fachwerkhäuser gebe es - wie vor dem im Jahr 1618 errichteten, denkmalgeschützten Wohn- und Wirtschaftsgebäude Bürgerei 27 - noch Vorgärten im Biedermeierstil mit Wegen und Buchsbaumeinfassungen. Die Straße müsse sich in die Kulturlandschaft einfügen.

Anwohner wollen keine Flächen verkaufen

Die 14,20 Meter breite Vorzugsvariante sei auf fast 800 Metern „ohne Enteignungen nicht umsetzbar“. Sie wäre bis zu vier Meter breiter als heute. Für diese Planung wolle und werde keiner der Eigentümer einen Teil seines Grundstücks verkaufen, so Tiedemann. Wie berichtet, müsste die Fahrbahn - bei der Umsetzung der Vorzugsvariante - von 6,35 Meter auf 8,05 Meter verbreitert werden, hinzu kämen die beiden jeweils 1,80 Meter breiten Fußwege links und rechts der Landesstraße plus beidseitig eine Rinne (je 0,33 Meter) für die Entwässerung. Damit nicht genug. Auch ein jeweils rund 0,75 Meter breiter Sicherheitsstreifen zwischen der Fahrbahn und dem Fußweg muss laut Landesbehörde angelegt werden. Die 1,50 Meter breiten Schutzstreifen für die Radler sollen die Fahrbahn optisch einengen.

Die Anwohner, so Tiedemann und Eckerich, wünschten sich eine Planung mit schmaleren Wegen und den Verzicht auf die breiten Sicherheitsstreifen durch Schaffung einer durchgängigen 30-km/h-Zone in Steinkirchen - von der historischen Bürgerei an der Kirche bis zur Esso-Tankstelle in Grünendeich. Außerdem hielten die Bürger am heutigen Konzept fest. Ihr Favorit: Ein kombinierter Fuß- und Fahrradweg, in Teilbereichen auch lediglich einseitig. Bei einem Kompromiss wären die Anlieger bereit, auf einen Teil ihrer Grundstücke zu verzichten.

Die Einführung von Schutzstreifen für Fahrradfahrer hätte ein absolutes Halteverbot zu Folge, warnt Eckerich. „Unverzichtbarer“ Parkraum ginge verloren, Parkbuchten würden verschwinden. „Das ist nicht nur für Anwohner inakzeptabel“, so die Sprecher der IG Bürgerei. Das bedrohe letztlich auch die örtliche Wirtschaft. Unter anderem (Rad-)Touristen könnten vertrieben werden. Wer nicht mehr vor dem Geschäft parken könne, werde womöglich in Nachbarorte ausweichen. Kurzum: Jede Variante ohne ausreichend Parkmöglichkeiten werde auf Ablehnung stoßen.

Weitere Querung auf Höhe Rewe gefordert

Notwendig seien eine weitere Querungshilfe oder eine Ampel mit Überweg auf Höhe der Straße Hinter der Feuerwache (Rewe). Des Weiteren müssten Fuß- und Fahrradfahrer bei Engpässen wie am Hafen einen Vorrang vor dem Pkw- und Lkw-Verkehr haben. Hier müsse die Fahrbahn, ähnlich wie in Hohenfelde auf der anderen Lühe-Seite, reduziert werden, um Platz für Fuß- und Radweg zu schaffen.

Bei der Sanierung müssten sich die Räte in Grünendeich und Steinkirchen auf ein Konzept einigen. Des Weiteren müsse vor Beginn der Sanierung eine Beweissicherung erfolgen. Während der Bauphase müsse es einen sicheren Schulweg geben. Ihren sechsseitigen Forderungskatalog werden sie vor dem Planungsausschuss am Dienstag, 20. Februar, 18.30 Uhr, im Rathaus an Verwaltung und Bürgermeisterin Sonja Zinke (CDU) übergeben. Weitere Forderung: Geschäfte und Obsthöfe müssten erreichbar bleiben, eine Vollsperrung dürfe es nicht geben. Tiedemann: „Wir wollen kein Ladensterben.“

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