TWas eine Sarg-Tischlerei und einen Hausarzt im Alten Land verbindet

Carmen Breuker, Marlies Abramowski, Anja Tiedemann und Steffen Gill hängen das Flunst-Plakat am verhängten Ecks-Schaufenster auf (von links). Foto: Vasel
Wo früher Särge und Küchen getischlert wurden, zieht jetzt ein Altländer Kunstkollektiv ein. Die Künstlerinnen und Künstler der IG Flunst arbeiten an ihrer ersten Ausstellung. Das sind ihre Pläne.
Estebrügge. Im Alten Land fehlt ein Kunstverein. Zu diesem Schluss waren die Kunsthistorikerin und Sinologin Dr. Anja Tiedemann und weitere Kulturinteressierte aus der Gemeinde Jork bei einem Gespräch im vergangenen Jahr gekommen. Bereits bei der Sonderausstellung „Idylle im Umbruch - Richard Eggers im Alten Land“ hatte sich Tiedemann dafür stark gemacht, Künstlern (nicht nur) aus dem Alten Land eine Plattform zu geben - von Bildender Kunst über Theater und Performance bis zur Musik. Sie bedauert, dass es größere Veranstaltungen wie die Farbpunkte an der Este mit ihren offenen Ateliers nicht mehr gibt.
Wichtig waren und seien ihnen auch Atelierräume für Künstler, die sich auch für Performance Art oder kleinere Theaterstücke und Konzerte eignen. Ein weiteres Ziel: Jüngere für die Kunst begeistern - unter anderem durch außergewöhnliche Ausstellungs- und Veranstaltungsorte wie Kunst (auf dem Boot) auf der Este.
Die Flüsse Elbe, Este und Lühe im Fokus
Im Januar hoben Künstlerinnen und Künstler schließlich die IG Flunst aus der Taufe. Flunst ist keine Wortschöpfung aus dem Dadaismus. Die IG Flunst ist eine Interessengemeinschaft für Fluss und Kunst. Tiedemann: „Wir wollen nicht nur gemeinsam Kunst schaffen und zeigen, sondern gleichzeitig auch unsere Flüsse Elbe, Este und Lühe als schützenswerten Naturraum fokussieren.“

Installationskunst: Blick in die Atelierräume der IG Flunst in Estebrügge. Foto: Vasel
Geplant sind neben der Kunstproduktion im Gemeinschaftsatelier wechselnde Ausstellungen mit Eröffnungsveranstaltungen wie Musik- und Theatervorführungen, Workshops für verschiedene Altersgruppen sowie der Aufbau einer ständigen Jugendkunstgruppe. Auch Schulklassen sollen partizipieren können, sagt Tiedemann.
Sie wohnt in Leeswig, ist im Gemeinderat aktiv und in der Kunstwelt als eine der führenden deutschen Expertinnen für Max Beckmann (1884-1950) bekannt - unter anderem durch die Erstellung des digitalen Max-Beckmann-Werkverzeichnisses.
Dr. Jan Sulzer stellt ehemalige Tischlerei zur Verfügung
Das Projekt werde finanziell von der Gemeinde Jork gefördert. Für 2024 stellt Dr. Jan Sulzer die ehemalige Tischlerei Ecks in Estebrügge mietfrei zur Verfügung. „Unsere Vorhaben wären sonst nicht realisierbar“, dankt die Sprecherin. Das lange nicht genutzte Gebäude wurde von Flunst-Künstlern teilweise geräumt, gereinigt und gesichert.
Die alte, nicht heizbare Werkstatt wird als Gemeinschaftsatelier genutzt, in dem aktuell fünf Künstler ihrem Schaffen nachgehen. Weitere sind assoziiert, arbeiten aber im eigenen Atelier. Die früheren Schauräume mit Schaufenstern dienen als Ausstellungsfläche.
Ziel ist Aufbau und die Verstetigung einer Künstlergruppe
Nach erfolgreichem Start sollen Anträge im Rahmen geeigneter öffentlicher Förderprogramme gestellt werden. Ziel ist der Aufbau und die Verstetigung einer Künstlergruppe, von der sich Kunstschaffende aus der Region zwischen Elbe, Este und Lühe angesprochen und eingeladen fühlen.
Gemeinsam sollen Kunstprojekte für alle Altersgruppen entstehen. IG Flunst möchte Orte und Momente der Begegnung schaffen, kreativ sein und Lebensfreude verbreiten. Tiedemann: „Kunst macht Spaß. Oder wie wir sagen: Das flunst.“

Die Fenster der Tischlerei sind verhängt, die Folie symbolisiert das Wasser der Este. In einem Fenster läuft eine Uhr - und gibt die Zeit bis zur Ausstellungseröffnung an. Foto: Vasel
Die erste Ausstellung - gezeigt wird auch Installationskunst - ist in Vorbereitung. Die Schau „Flunst mit Wasser“ wird am Sonnabend, 14. September, 19 Uhr, in der ehemaligen Tischlerei Ecks in der Estebrügger Straße 42 in Estebrügge eröffnet. Straße und Tischlerei werden zur Kunstgalerie. Gezeigt werden Arbeiten von Marlies Abramowski, Carmen Breuker & Steffen Gill (Kommune une), Jakob Harms, Mascha Richter und Anja Tiedemann. Die Estebrügger Straße wird in der Zeit von 18.30 Uhr bis 20 Uhr gesperrt, damit das große Ereignis im Altländer Kunstverein von der Straße aus beobachtet werden kann.
Die IG Flunst ist unter ig-flunst@t-online.de zu erreichen. Wer dem Altländer Kunstkollektiv ab 2025 Atelierräume anbieten möchte, kann sich unter der E-Mail-Adresse ebenfalls melden.