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Obstbau

TWarum in Indien bald Äpfel aus dem Alten Land verkauft werden

Das Foto zeigt die Qualitätsprüfung von Red-Prince-Äpfeln aus dem Alten Land im August durch die indischen Behörden im Hafen von Nhava Sheva bei Mumbai.

Das Foto zeigt die Qualitätsprüfung von Red-Prince-Äpfeln aus dem Alten Land im August durch die indischen Behörden im Hafen von Nhava Sheva bei Mumbai. Foto: Elbe-Obst

Gute Nachrichten für den Obstbau an der Niederelbe: Deutsche Äpfel dürfen ab sofort nach Indien exportiert werden. Der Wachstumsmarkt war den Deutschen bislang verschlossen. Die Altländer haben bereits die ersten Container auf die Reise geschickt.

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Von Björn Vasel
Donnerstag, 09.11.2023, 00:15 Uhr

Jork. Seit 2015 hatte sich die Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO) für eine Öffnung des Wachstumsmarktes starkgemacht. Mit 1,4 Milliarden Menschen ist Indien mittlerweile das bevölkerungsreichste Land der Welt - und mit knapp 400.000 Tonnen im Jahr einer der größten Apfel-Importeure der Welt.

Indien: Markt mit Wachstumspotenzial

Das Marktpotenzial liegt bei 300 Millionen Euro. Tendenz steigend. Doch bislang beträgt der Pro-Kopf-Apfel-Konsum lediglich zwei Kilogramm im Jahr. Die Inder - fast 40 Prozent ernähren sich vegetarisch - greifen in ihren Supermärkten nicht nur zu heimischen Äpfeln. Die wachsende Ober- und Mittelschicht sei bereit, gutes Geld für Premium-Äpfel aus dem Ausland zu zahlen. Das unterstrich Elbe-Obst-Geschäftsführer Stefan Moje beim Obstforum Niederelbe in der Altländer Festhalle in Jork. Er wirbt seit Jahren für Exporte - insbesondere zur Preisstabilisierung bei großen Apfelernten in Deutschland und Europa.

EU-Mitbewerber haben in Asien die Nase vorn

Doch bislang hatten Mitbewerber wie Italien, Belgien, Frankreich, Polen oder die Niederlande die Nase vorne - auch, weil sich diese Staaten stärker für ihre Obstbauern einsetzten als die Bundesregierung. Nachdem Russlands Präsident Wladimir Putin im Jahr 2014 im Zuge der Krim-Krise einen Importstopp für EU-Äpfel verhängt hatte, mussten neue Märkte her. 900.000 Tonnen exportiert Europa in alle Welt, 96.000 Tonnen davon werden in Kühlcontainern bereits heute nach Ost- und Südostasien verschifft.Seit acht Jahren versuchten die Deutschen, unter anderem auf dem Wachstumsmarkt Indien einen Fuß in die Tür zu bekommen. 2019 gab es erste Probelieferungen durch BayWa (Bodensee) und Elbe-Obst.

Eine Delegation aus Indien besucht die Elbe-Obst in Hollern-Twielenfleth vor dem Start der Altländer Apfel-Exporte nach Indien.

Eine Delegation aus Indien besucht die Elbe-Obst in Hollern-Twielenfleth vor dem Start der Altländer Apfel-Exporte nach Indien. Foto: Elbe-Obst/BVEO

Gemeinsam mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium hatte die Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO) neun Zielländer ausgemacht: Brasilien, China, Indien, Kanada, Südafrika, Südkorea, Taiwan, Thailand sowie Vietnam. Bislang öffneten sich lediglich Kanada und Thailand komplett, nach Taiwan darf lediglich die Niederelbe über die Elbe-Obst exportieren. „Deutschland schläft“, kritisierte Moje in Jork das Ministerium; die Abteilung im Ministerium für die komplexe Öffnung ausländischer Märkte für deutsche Agrarprodukte vom Apfel bis zur Kartoffel bestehe lediglich aus 2,5 Planstellen. Das sei deutlich weniger als in den Nachbarländern.

Obstbauzentrum Esteburg schickt Probelieferung nach Indien

Zeitgleich mit dem Obstforum Niederelbe verkündete die indische Regierung unter Premier Narenda Modi im Amtsblatt, dass Deutschland in die Liste der importfähigen Länder für Äpfel aufgenommen worden sei. Die Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO) hatte mit den Bundesbehörden intensiv mit Indien die Einfuhrbedingungen verhandelt.

Nach dem Einreichen der offiziellen Interessensbekundung, mehreren Bereisungen und der Klärung aller phytosanitären Regelungen - tierische und pilzliche Schädlinge dürfen nicht nach Indien eingeschleppt werden - wurden 20 Probelieferungen von exportinteressierten BVEO-Mitgliedern auf die Reise geschickt. Das bundeseigene Julius-Kühn-Institut und das Obstbauzentrum Esteburg waren beteiligt. Wichtig war den Indern der Gentechnik-frei-Stempel. Auch die Kühlkette müsse gesichert sein. Das muss beim Anladen in Indien nachgewiesen werden.

Dachkirschen sollen Äpfeln folgen

„Indien ist ein wichtiger Wachstumsmarkt“, freut sich BVEO-Geschäftsführer Dr. Christian Weseloh über den positiven Ausgang des Marktöffnungsverfahrens. Die deutsche Botschaft habe eine wichtige Rolle vor Ort gespielt. Maximal fünf bis zehn Prozent einer Ernte könnten in den Export gehen. Die Asiaten bevorzugen rotschalige Äpfel wie Red Prince.

Indien ist mit zwei bis drei Millionen Tonnen der fünftgrößte Apfelproduzent der Welt. Der Anbau selbst macht allerdings nur 2,4 Prozent der Obstproduktion aus und konzentriert sich auf die vier nordwestlichen Provinzen am Himalaya. Dort schaffen 800 bis 1600 Kältestunden einen ausreichenden Kältereiz für die Blütenbildung. Inder lieben laut Weseloh große rote oder grüne Äpfel. Dazu gehören lokale Sorten wie der Kashmiri Apfel, aber auch Weltsorten wie Granny Smith, Red Delicious, Fuji oder Honeycrisp. Plantagen der Kleinbauern sind im Schnitt knapp zwei Hektar groß.

Die BVEO will die Öffnung weiterer Märkte vorantreiben. In China zogen die Serben an den Deutschen vorbei - auch die Weltpolitik spielt eine Rolle beim Apfel-Handel. Neben Indien und Äpfeln „sind auch andere Weltregionen und Sonderkulturprodukte für den Export interessant, beispielsweise Premium-Süßkirschen für den asiatischen Raum“, ergänzt Weseloh. Es gelte, weitere Absatzchancen zu schaffen.

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