TZwei Monate Baustelle: Das passiert gerade im Steinkirchener Gotteshaus

Ein Blick durch die Kirchenbaustelle. Foto: Buchmann
Gelb-bräunlich verfärbte Wände, aufgeplatztes Mauerwerk: Die Kirche in Steinkirchen ist sanierungsbedürftig. Nach dem Sommer soll sie in neuem Glanz erstrahlen.
Steinkirchen. Ruckelnd und ratternd bewegt sich der riesige Metallarm durch die Luft, schiebt den Liftkorb eng an einer weiß-goldenen Holzskulptur vorbei. Bei der Baustelle mitten in der St. Martini et Nicolai Kirche in Steinkirchen ist Fingerspitzengefühl gefragt. Doch die aufgeplatzten Wunden in den Kirchenwänden zeigen: Die Sanierung ist dringend nötig.
Seit Anfang Juli ist die evangelische Kirche in Steinkirchen geschlossen. Der Grund: Von sämtlichen Wänden in der alten Saalkirche platzt die Farbe ab. Stellenweise hat sich die weiße Farbe gelb-bräunlich verfärbt. Pastor Uwe Junge sieht eine Sanierung als notwendig an. „Zuletzt wurde die Kirche in den 60er Jahren gestrichen“, sagt er. Gemeinsam mit Kirchenvorsteher Wilfried Heinsohn betreut Junge die Baustelle im Kircheninneren.
Von Altarschmuck bis Wandlampen: Alles musste raus
Fünf Jahre mussten die Pastoren und der Kirchenvorstand die Sanierung vorbereiten. Denn historische Kirchen wie in Steinkirchen unterliegen aufwendigen Prüfungen und verlangen viele Absprachen. Beispielsweise mussten die Steinkirchener im Vorfeld mit dem Amt für Bau- und Kunstpflege aus Bremerhaven klären, welche Farben die Maler für die Kirchenwände nutzen dürfen. Auch Anfragen für Hochzeiten, Taufen oder Konzerte mussten Junge und sein Kollege Olaf Prigge ablehnen oder verschieben. „Vielen ist die Tradition wichtig, in derselben Kirche zu heiraten wie ihre Familien“, sagt Junge. Die Gottesdienste teilen sich derweil auf die fünf anderen Kirchen im Alten Land auf.

Unter den Holzbalkonen bröckelt schon länger die Farbe von der Wand. Foto: Buchmann
Woher die Verfärbung an den Wänden kommt, konnten die Prüfer nicht herausfinden, sagt Junge. Klar ist jedoch: Sie breitet sich aus. Auch das Mauerwerk darunter ist angegriffen, sagt Wilfried Heinsohn. Besonders stark fällt dies unter den Holzbalkonen an der Nordseite auf, wo bereits die Farbe in großen Striemen abgeplatzt ist und dunkle Flecken im Gemäuer offenbart.

Ein Blick durch die Kirchenbaustelle in Richtung Altar. Foto: Buchmann
Bevor die Maler loslegen konnten, musste die Kirche komplett ausgeräumt werden - vom Altarschmuck bis zu den Wandlampen. „Aktuell lagern wir alles im Gemeindehaus“, sagt Pastor Junge. Die Mitglieder der Feuerwehr hätten beim Ausräumen dankenswerterweise mit angepackt.
Hubsteiger passt gerade so durch die Kirchentür
Was nicht aus der Kirche geräumt werden konnte, mussten die Steinkirchener vor möglichen Schäden schützen. Die alten Kirchenbänke können nicht demontiert werden, sagt Junge. Deshalb arbeite die beauftragte Malerfirma Wellbrock aus Drochtersen im hinteren Kirchenbereich mit Stahlgerüsten.

Die Kirche hat zuletzt vor gut 50 Jahren einen frischen Anstrich bekommen. Foto: Buchmann
Rund um den Altar können die Maler mit einem mobilen Hubsteiger mitsamt Liftkorb die hohen Arbeitsstellen erreichen. „Wir hatten Glück, der Hubsteiger hat gerade so durch die Tür gepasst“, sagt Heinsohn und zeigt mit sich fast berührenden Handflächen, wie eng es war. Damit der Hubsteiger sich frei bewegen kann, musste der schwere Deckenleuchter mit Spanngurten zur Seite gebunden werden.
Besonderer Schutz für die Schnitger-Orgel
Einen Kirchenschatz mussten die Steinkirchener besonders schützen: die Arp-Schnitger-Orgel von 1687. Schnitger hat in der Zeit zwischen 1677 und 1719 nachweislich an acht der zehn Altländer Orgeln gearbeitet. Der Orgelbauer, begraben in der Kirche in Neuenfelde, war in der Zeit des Barocks der Bedeutendste seiner Zunft in Norddeutschland. Er schuf mehr als 160 große Orgeln weltweit – rund 30 haben die Jahrhunderte überdauert.

Im hinteren Bereich der Kirche müssen die Handwerker wegen der Kirchenbänke mit Gerüsten arbeiten. In grüne Folie eingepackt: die Schnitger-Orgel. Foto: Buchmann
Damit die Kirchgänger weiterhin Freude an den Pfeifenklängen haben, hat ein Fachunternehmen sie drei Tage lang eingehaust, also in Folie eingepackt. Mit einem Messgerät hat Heinsohn die Feuchtigkeit im Folieninneren immer im Blick, die darf 75 Prozent nicht übersteigen.
Holzwurm frisst sich durch Altarkrone
Dass aktuell ein Hubsteiger in der Kirche steht, nutzen die Steinkirchener effizient aus. „Ein Restaurator wird die Altarkrone bearbeiten“, sagt Pastor Junge. Vor zwei Jahren habe man herausgefunden, dass sich ein Holzwurm durch einen Teil der Abdeckung gefressen hat.
Die Sanierungskosten betragen 60.000 Euro. Allein für die Wände brauchen die Maler gut 150 Liter einer speziellen Silikatfarbe. Dank einer großzügigen Spende kann die Kirchengemeinde die teure Sanierung stemmen, sagt Pastor Junge. Bis Ende August soll die Kirche voraussichtlich geschlossen bleiben. „Danach wollen wir die Wiedereinweihung mit der Gemeinde feiern“, sagt Pastor Junge.
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