TUrteil nach 23 Jahren: Buxtehuder Baggersee-Mörder muss lebenslang in Haft
Zum Prozessauftakt im März 2024 verdeckte der Angeklagte sein Gesicht hinter Büropappe. Jetzt hat das Landgericht Stade den Mann zu lebenslanger Haft verurteilt. Foto: Sulzyc
Im September 2002 wurde ein Mann am Baggersee bei Ovelgönne erschossen. Das Landgericht Stade hat jetzt einen 43-Jährigen für die Tat verurteilt.
Buxtehude. Im sogenannten Baggersee-Mordprozess von Buxtehude hat das Landgericht Stade ein Urteil gesprochen: Wegen Mordes muss ein 43-Jähriger lebenslang in Haft.
Nach Auffassung der 2. Großen Strafkammer hat der Mann in der Nacht zum 11. September 2002 an einem Baggersee in der Buxtehuder Ortschaft Ovelgönne einen 27-Jährigen dreimal mit einem Gewehr in Kopf und Oberkörper geschossen. Die Tat ereignete sich an einem Waldweg im Anschluss an ein Grillfest.
Geständnis bereits im September 2024
Im Verfahren hatte der 43-Jährige die Tötung bereits im September 2024 zugegeben. Er habe nur ein Bein treffen wollen, sagte er damals vor Gericht aus. Tatsächlich sei aber laut einem Gerichtsmediziner der erste Schuss tödlich gewesen. Zwei weitere Schüsse habe er wie in Trance abgegeben, schilderte der Hauptangeklagte vor mehr als einem Jahr die Tat.
Ständige Beleidigungen und Furcht vor dem im Milieu bekannten Schläger seien die Gründe gewesen, warum er den Mann erschossen habe, sagte der 43-Jährige damals.
Das Mordopfer galt als starker Boxer, der in einer Clique im Raum Bergedorf bei Streitigkeiten schlichtete. Die Polizei ging bei den Ermittlungen 2002 davon aus, dass der später Ermordete in Drogengeschäfte verwickelt war. Deshalb war damals in Medien schnell von einem „Mafia-Mord“ die Rede.
War die Tat geplant?
Trotz des Geständnisses zog sich das Gerichtsverfahren mehr als ein Jahr lang hin. Grund: Der Verurteilte gilt als psychisch krank. Im Mittelpunkt stand deshalb die Frage, ob seine belastenden Aussagen auf einem tatsächlichen Erlebnis basieren - oder auf wahnhaften Vorstellungen.
Landgericht Stade
T Baggersee-Mord: Angeklagter will Stimmen von Außerirdischen gehört haben
Am Ende sei die Kammer zu der Auffassung gelangt: Im Kern sei das, was der 43-Jährige gesagt habe, auch so passiert, sagte Petra Linzer, Sprecherin des Stader Landgerichts, auf TAGEBLATT-Nachfrage. Die Version, dass die Tat sich spontan ergeben habe, habe ihm die Kammer aber nicht abgenommen. Stattdessen gehe das Gericht von einer geplanten Tat aus.
Verurteilter kann nach 15 Jahren frei kommen
Eine besondere Schwere der Schuld hat das Gericht im Verfahren nicht festgestellt: Damit sei nach 15 Jahren Haft eine vorzeitige Entlassung möglich, so Linzer. Gegen das Urteil könne noch Revision eingelegt werden. Das sei bisher nicht geschehen, sagte die Gerichtssprecherin am Montag.
Baggersee-Mordprozess dauert an
Der Baggersee-Mordprozess ist indes noch nicht beendet: Das Urteil gegen den 43-Jährigen erfolgte in einem abgekoppelten Verfahren. In einem Parallelverfahren müssen sich drei Männer, heute 41, 43 und 46 Jahre alt, wegen gemeinschaftlichen Mordes verantworten. Alle drei Beschuldigten sitzen in Haft.
Die Staatsanwaltschaft wirft den drei Angeklagten vor, gemeinsam mit dem jetzt Verurteilten die Tat geplant zu haben. Sie sollen das Opfer in den Waldweg gelockt haben, damit es dort erschossen werden könne.
Angeklagter machte wiedersprüchliche Aussagen
In seinem Geständnis aus dem September 2024 hatte der nun Verurteilte die drei anderen Angeklagten jedoch entlastet: Sie hätten den später Ermordeten nicht in den Wald gelockt, sagte er. Vielmehr hätten sie zum Zeitpunkt der Tötung das Fest bereits verlassen.
Landgericht Stade
T Nach fast 22 Jahren: Auftakt im Buxtehuder Baggersee-Mordprozess
Nur: In einem Bekennerschreiben aus dem Jahr 2023 an die Polizei in Hamburg hatte der nun Verurteilte zuvor die drei anderen Angeklagten beschuldigt, an der Tat beteiligt gewesen zu sein - und damit das Gerichtsverfahren nach 22 Jahren erst ausgelöst. Später nahm er zwar das Bekennerschreiben zurück. Die Polizei nahm die Ermittlungen dennoch wieder auf.
So lange dauert der Prozess noch
Die drei anderen Angeklagten waren bereits kurz nach der Tat im Jahr 2002 in den Fokus der Ermittler geraten. Damals reichten die Beweise aber nicht aus, um Anklage zu erheben.
Der Baggersee-Mordprozess begann im März 2024. Der vorläufig letzte Verhandlungstag ist für den 12. Dezember 2025 vorgesehen.
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