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Interview

TAirport: Feuerwehr-Chef erlebte Hubschrauber-Absturz live am Fenster

Flughafen-Feuerwehrchef Thomas Barke: „Meine Familie gehört zum Hamburg Airport.“

Flughafen-Feuerwehrchef Thomas Barke: „Meine Familie gehört zum Hamburg Airport.“ Foto: Gehm

Seit mehr als 30 Jahren ist Thomas Barke bei der Flughafen-Feuerwehr am Hamburg Airport. Er blickt zurück auf die härtesten Einsätze und unvergesslichsten Erlebnisse.

Von Dagmar Gehm Sonntag, 02.02.2025, 05:50 Uhr

Hamburg. TAGEBLATT: Den Berufswunsch vieler Kinder, einmal Feuerwehrmann zu werden, haben Sie tatsächlich umgesetzt…

Thomas Barke: Mit 13 Jahren bin ich im Ruhrgebiet zur Jugendfeuerwehr gegangen. Als ich 1984 als Zeitsoldat zur Bundeswehr in Hamburg kam, habe ich dort den Brandschutz übernommen. Das hat sich dann wie ein roter Faden durch mein Leben gezogen. Insgesamt bin ich seit 33 Jahren am Flughafen beschäftigt, davon 18 Jahre als Leiter der Flughafenfeuerwehr.

Wie sind Sie am Flughafen gelandet?

Nach acht Jahren Bundeswehr wollte ich die Ausbildung zum Techniker nachholen, musste dafür aber ein Jahr überbrücken. Da entdeckte ich eine Stellenanzeige für Abfertigungspersonal am Flughafen. In dem Job als Rampagent habe ich übrigens die beiden letzten Delfine von Hagenbeck mit in den Flieger nach Ungarn verfrachtet. Sie haben sich dabei durch Schnattern richtig unterhalten.

Der Wechsel zur Flughafenfeuerwehr war dann ein logischer Schritt?

Genau! Als ich erfuhr, dass die Flughafenfeuerwehr Mitarbeiter sucht, bin ich zum damaligen Leiter Klaus-Dieter Speckhahn rübergegangen. Der hat gleich einen Kollegen gerufen und gesagt: „Zeig unserem neuen Mitarbeiter mal die Wache!“ Bevor ich 1996 als Feuerwehrmann hier anfangen konnte, musste ich aber erst mal die Grundausbildung machen. Die habe ich gern gemacht, denn wer einmal beim Flughafen arbeitet, den lässt er nicht mehr los.

Im Laufe der 33 Jahre am Flughafen haben Sie sicher viel erlebt, auch Dramatisches…

Am tragischsten war 2002 der Absturz des SAR71-Rettungshubschraubers am Lademannbogen, den wir live am Fenster des Schulungsraums miterlebt haben. Wir haben gar nicht den Alarm abgewartet, sondern sind sofort mit den Löschfahrzeugen zu der großen, schwarzen Rauchwolke gefahren. Man ist dann völlig darauf fokussiert und blendet alles andere aus - wie in einem Tunnel. Doch für die fünf Besatzungsmitglieder der Bell UH-1 D konnten wir leider nichts mehr tun.

Wie haben Sie und Ihre Kollegen das schreckliche Erlebnis verarbeitet?

Weil der Flughafenpastor Björn Kranefuß gerade im Urlaub war, haben wir eine Seelsorgerin von der Hamburger Feuerwehr zu uns gebeten. Einige junge Kollegen von uns hatten lange, lange mit den Eindrücken zu kämpfen gehabt. Ich selbst habe gleich am nächsten Tag weitergearbeitet. Anders ist es bei Schwerverletzten, die ums Überleben kämpfen müssen, besonders wenn es Kinder sind. Aber innerlich darauf vorbereiten kann man sich nicht.

Gab es auch Ereignisse zum Abheben?

Ein Highlight war 2011 die Zusammenarbeit mit dem Miniatur Wunderland für den Flughafen Knuffingen. Auch die Feuerwehr wurde nachgebaut. Wir haben dafür die original Blaulichtfrequenz für die Z8 Löschfahrzeuge geliefert. Unvergessen waren auch die erste Landung des Lufthansa A380 und die Eröffnung der Emirates Lounge, zu der Scheich Maktoum von den Arabischen Emiraten persönlich anreiste. Auch bei der Eröffnung der S-Bahn-Station Hamburg Airport und des Terminals 1 hatten wir immer das große Privileg, den Brandschutz abzunehmen.

Das beeindruckendste Erlebnis?

Das war definitiv der G20 Gipfel 2017 in Hamburg. Zusätzlich zum normalen Flugbetrieb standen wahnsinnig viele Regierungsmaschinen hier. Auch für die US-Präsidentenmaschine Air Force One hatten wir alles vorbereitet. Dafür haben die Amerikaner unsere Projektgruppe spontan zu einem Testflug mit einem Chinook-Hubschrauber zu den Alsterwiesen eingeladen. Das war genial!

Welches war die schwierigste Situation, die Sie am Flughafen bewältigen mussten?

Im Winter 1996 ist ein Fluglotse nach Dienstschluss auf der Umlaufstraße in den Graben gefahren. Durch Zufall wurde er nach zwei Stunden von einer Streife entdeckt. Es war eine schwierige Bergung nachts mit schwerem Gerät, weil wir immer wieder abrutschten.

Gibt es eigentlich bei der Feuerwehr auch eine Art Feuertaufe für die Neuen?

Statt Feuertaufe hatten wir früher eine männliche Schaufensterpuppe, die unsere Einsatzklamotten trug. Die haben wir in das Bett der neuen Kollegen gelegt, so dass der Eindruck entstand, dass das Zimmer besetzt sei und sie sich in der Tür geirrt hätten. Die meisten sagten „Entschuldigung“ und saßen dann die ganze Nacht im Fernsehraum. Auch die Wassertaufe gibt es nicht mehr. Damals wurden im Sommer in den Fahrzeughallen richtige Wasserschlachten veranstaltet.

Ist denn noch irgendein Ritual erhalten geblieben?

Ja, wenn jemand geht. Dann hole ich ihn morgens von zu Hause ab, wie letztens einen Kollegen von Lüneburg. Nach der großen Verabschiedung mit Abschlussfahrt über das Start- und Landesystem wird er mit einem Löschfahrzeug nach Hause gefahren. Das steht mir bei meiner Pensionierung in vier Jahren auch bevor.

Was verbindet Sie neben der Feuerwehr mit dem Flughafen?

Meine Familie gehört zu den sogenannten Airport Familys. Mein großer Sohn ist bei der Bundespolizei am Hamburg Airport, meine Schwiegertochter und die Mutter meiner Schwiegermutter beim Roten Kreuz, der Stiefvater meiner Schwiegertochter beim Zoll...

Wie kommen Sie mit dem unregelmäßigen Schichtdienst klar?

Meine Frau war gar nicht so unglücklich über meine 24-stündige Abwesenheit, weil sie dann ihr Lieblingsprogramm im Fernsehen gucken konnte. Wenn ich heute noch ab und zu 24 Stunden am Stück Dienst habe, komme auch ich bestens damit klar. Man arbeitet ja nicht rund um die Uhr. In der Bereitschaftszeit kann man zum Beispiel Sport machen. Wir haben Fahrräder, Rudergeräte, können im Sommer Beachvolleyball spielen.

Mit welchen Neuerungen ist die Flughafenfeuerwehr 2025 am Start?

Aktuell wird die Löschfahrzeugflotte für mehr Sicherheit und Nachhaltigkeit erweitert. Drei hochmoderne Flugfeldlöschfahrzeuge des Typs Z8 wurden im November 2024 geliefert, das vierte kommt im Laufe des Jahres. Der Hamburg Airport investiert dafür rund 4,8 Millionen Euro.

Zur Person – von der Bundeswehr zur Feuerwehr

Thomas Barke, geboren am 26. März 1964 in Hagen, aufgewachsen in Schwerte (NRW), absolvierte von 1979 bis 1982 eine Ausbildung zum Modellbauer in einer Gießerei. Von 1984 bis 1992 war er bei der Bundeswehr als Ausbilder in der Grundausbildung und als Waffenmechaniker in der Luftwaffe tätig. Im Anschluss arbeitete er von 1992 bis 1996 am Hamburg Airport in der Flugzeugabfertigung und als Rampagent. 1996 wechselte er zur Hamburger Flughafenfeuerwehr, die er seit 2006 leitet. Darüber hinaus engagiert sich Thomas Barke seit 2011 als stellvertretender Vorsitzender des Werkfeuerwehrverbands Nord und war von 2014 bis 2024 dessen Vorsitzender. Seit 2006 ist er Mitglied im Ausbildungsausschuss der freiwilligen Feuerwehr sowie der Berufsfeuerwehr (SHW), wo er als Prüfungsmitglied in den Bereichen Feuerwehrausbildung, Grundlehrgang, Brandmeister und Brandinspektoren tätig ist. Thomas Barke ist verheiratet, Vater von zwei Söhnen und lebt in Schleswig-Holstein.

Persönlich – Seychellen und Speicherstadt

Ich brenne für die Feuerwehr, weil... es für mich keinen schöneren Beruf gibt und ich jeden Tag neu dazulerne.

Den Beruf des Feuerwehrmanns empfehle ich, weil... es ein sehr abwechslungsreicher Beruf ist und jeder Einsatz anders.

Wenn ich das Rad der Zeit zurückdrehen könnte, würde ich... alles wieder genauso machen.

Wenn mich das Fernweh packt, fliege ich... in mein zweites Zuhause – die Seychellen.

Meine Lieblingsorte in Hamburg sind außer dem Flughafen... die Speicherstadt und die Hafencity (alt und neu).

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