TAldadas wollten nicht warten: Syrische Familie startet mit Bäckerei durch

Gebäck ist das Kerngeschäft der Aldadas (von links): Yaser Aldada, Vater Safwan, Younes Aldada und Yasin Aldada. Es fehlen Youssef Aldada, die Schwestern Yara, Yousra und Judy sowie die Mutter der sieben Geschwister. Foto: rp
Arbeiten statt warten, sagen sich die Aldadas 2019 und eröffnen eine eigene Bäckerei in Bremerhaven – zwei Jahre nach ihrer Flucht aus Syrien. „Von nix kommt nix“, sagt Sohn Yasin. Und die Familie will mehr.
Bremerhaven. Den syrischen Bürgerkrieg im Rücken kam die Familie Aldada über Land und Wasser nach Bremerhaven. Spät im Jahr 2016 hat sie es geschafft. 2017 ziehen sie in eine Flüchtlingsunterkunft in der Wiener Straße. Wie soll es jetzt weitergehen, fragt sich Vater Safwan Aldada. Seine vier Söhne und drei Töchter brauchen eine Zukunft. Und die liegt in Bremerhaven.
Der studierte Bauingenieur Sawfan Aldada arbeitet zwei Monate als Ein-Euro-Jobber in der Stadt. In der Unterkunft gibt es nichts zu tun. Als Ingenieur betreute er Bauprojekte in Nordafrika. Wird er seinen Beruf auch in Deutschland ausüben können?
„Meine Unterlagen wurden vom Amt nicht anerkannt“, sagt Safwan Aldada auf Arabisch. Sein Sohn Yasin übersetzt. Das Jobcenter bietet Safwan eine Umschulung an. Für ihn bedeutet das Warten in Behörden und Hoffen auf Bewegung. „Bis ich damit fertig bin, bin ich in Rente“, denkt er sich und trifft eine Entscheidung für die Familie: „Wir warten nicht im Jobcenter wie die anderen“, erinnert sich der 58-Jährige.
Stammkunden schätzen den starken Kaffee der Aldadas
Für die Familie beginnt ein neues Leben in Bremerhaven: Die Kinder gehen in die Schule und lernen schnell Deutsch. Zwei Jahre nach ihrer Ankunft in Bremerhaven eröffnet Ematha, das erste Geschäft der Familie in Bremerhaven. „Von nix kommt nix“, sagt Yasin mit einem breiten Lächeln. Der 25-Jährige ist seit 2019 mit dabei.
„Du kannst Deutsch, ich kann backen, Yaser macht Pizza. Lass uns eine Bäckerei aufmachen, anstatt zu Hause auf Hilfe zu warten“, fasst Safwan Aldada den Entschluss von damals zusammen. Der Rest der Familie packt mit an.

Das feine arabische Gebäck fertigt Safwan Aldada jeden Morgen in der Backstube an. Foto: rp
Am 1. März 2019 öffnet Ematha das erste Mal die Türen. Gegen Widerstände, trotz Warnungen anderer. Eine Bürgschaft macht das Café an der HinrichSchmalfeldt-Straße gleich neben dem Leher Stadtpark möglich.
Bald gibt es Ematha seit sechs Jahren. Hinter der gläsernen Theke liegt feines Gebäck, an der Wand hängen Spender mit Kaffeebohnen, vor den breiten Fenstern finden etwa 15 Leute Platz. Es duftet nach süßem Kuchen. „Die Leute kommen auch wegen des starken Kaffees zu uns“, erzählt Yasin. Die Stammkunden der Aldadas kommen aus den Stadthäusern, aus der Nachbarschaft und auch von weiter her. „Unser Gebäck ist weniger süß, das ist angenehmer für die Kunden“, sagt Yasin. „Baba macht weniger Zucker rein:“
Der Bürgerkrieg vernichtet das Geschäft in Syrien
Das Bäckerhandwerk beherrscht Safwan Aldada meisterlich. Es wurde ihm in die Wiege gelegt. In Syrien waren alle Aldadas Bäcker, Großeltern, Onkels, Cousins, schon immer. Nicht nur in Safwans Heimatstadt Hama, die nördlich von Homs liegt. Auch in der Hauptstadt Damaskus gab es eine gut laufende Aldada-Bäckerei. Der Krieg vernichtete das Geschäft größtenteils.
In Bremerhaven ist Sawfan am Morgen der Erste in der Backstube. „Um drei oder vier Uhr am Morgen geht es los“, erzählt Yasin. „Baba backt dann und wir unterstützen ihn, wo wir können.“
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Wenn der Laden um 10 Uhr öffnet, steht der älteste Bruder Yaser hinter der Theke. Yasin kümmert sich währenddessen um das Geschäftliche. Wenn der jüngere Bruder Younes von der Schule kommt, löst er Yaser ab. Ihre drei Schwestern Yara, Yousra und Judy unterstützen, wo sie können, wenn sie nicht in der Schule sind, genau wie der vierte Bruder Yousef.
Ematha soll größer werden in Bremerhaven
Alle Aldada-Kinder tragen ein Y im Namen. Im Namen des Cafés steckt ihre syrische Heimatstadt Hama. Ematha hieß der Ort vor mehr als tausend Jahren. Heute ist die Stadt bekannt für ihre historischen Wasserräder aus Holz. Das Wahrzeichen steckt im Logo der Bäckerei.
Sieben Jahre nach der gefährlichen Flucht aus Hama läuft das Geschäft in Lehe. Zwischenzeitlich hatten die Aldadas sogar ein zweites Geschäft im alten Karstadtgebäude. Mit der Schließung des Kaufhauses mussten sie die zweite Filiale aufgeben.
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Das Kerngeschäft liegt in Lehe – und erreicht von hier auch andere Städte. Bremen, Hannover, sogar nach Dänemark fährt der Transporter der Bäckerei. Besonders auf Hochzeiten ist das Aldada-Gebäck gefragt. Und deshalb hegt Safwan Pläne für die Zukunft. Ematha soll in einen größeren Laden umziehen. Denn in Bremerhaven liegt die Zukunft der Familie.
„Bremerhaven ist besser als Berlin“
„Als wir hier angekommen sind, haben die Leute gesagt, ‚Bremerhaven ist tot, warum seid ihr hergekommen?‘ Wir haben nicht darauf gehört und haben angefangen zu arbeiten. Heute sage ich, Bremerhaven ist besser als Berlin“, sagt Safwan Aldada.
Von Heimat zu sprechen, ist für den 58-Jährigen dennoch schwierig. „Wenn ich an Heimat denke, denke ich an meine Verwandten, die sind aber über die ganze Welt zerstreut.“
Für den 25-jährigen Yasin ist die Familie in Bremerhaven das Wichtigste. „Ich könnte weg, aber ich kann nicht ohne Familie. Wir haben in allen schweren Situationen zusammengehalten und von Gott hier eine Chance bekommen.“