TAltkloster in Gefahr: Das macht diesen Buxtehuder Stadtteil so besonders

Das von Wald und grün geprägte Altkloster war für seine schöne Luft bekannt und ein beliebter Ausflugs- und Wohnort: Die um 1900 erbauten Villen an der Stader Straße sind Zeugnis dieser Zeit. Foto: Weselmann
Altkloster ist nicht einfach nur ein Teil von Buxtehude. Er nimmt in seiner Bedeutung für die Entwicklung der Stadt eine besondere Rolle ein. Ein wertvoller Teil ist jetzt aber in Gefahr.
Buxtehude. Altkloster markiert die Keimzelle der Stadt Buxtehude. Von den Siedlungsanfängen bis heute hat der Stadtteil die Entwicklung der Hansestadt auf vielfache Weise geprägt. Die vom Viver eingerahmte Altstadt ist heute zwar sichtbares Zentrum von Buxtehude. Der Ursprung dieser im 13. Jahrhundert durch Erzbischof Giselbert von Brunkhorst zur Gebietssicherung errichteten Stadtfestung im Moor liegt aber lange zuvor an anderer Stelle begründet: in einer Geestrandsiedlung rund zwei Kilometer flussaufwärts der Este.
Erwähnung findet diese Siedlung in einer Urkunde von Otto I. aus dem Jahre 959 unter dem Namen „Buochstadon“ und 1135 dann als „Buchstadihude“. In diesem alten Buxtehude wurde Ende des 12. Jahrhunderts ein Benediktinerinnenkloster gegründet. Dieses entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Frauenklöster im Süderelbebereich. Die geistliche Stiftung mit der dazugehörigen Siedlung wurde später Altkloster genannt. Derweil ging der Name Buxtehude im Laufe der Zeit auf die jüngere Stadtfestung im Moor, dem heutigen Zentrum, über.
Streit zwischen Buxtehude und Altkloster
Lange waren Buxtehude und Altkloster eigenständig. Erst nach einem Jahrzehnte andauernden, von beiderseitigen Kontroversen über mögliche Vor- und Nachteile geprägten Verhandlungsprozess kam 1931 schließlich die Eingemeindung. Für die Vereinigung war sogar eine Veränderung der Kreisgrenzen vonnöten. War Altkloster vorher dem Landkreis Stade zugeordnet, gehörte es dann wie Buxtehude zum damaligen Landkreis Jork.

Ausschnitt der Kurhannoverschen Landesaufnahme aus dem 18. Jahrhundert. Foto: Niedersächsisches Landesarchiv, Stade
Kaum jemand hat die Ortsgeschichte von Altkloster so intensiv erforscht wie Antje Ghosh. Ihre Untersuchung zu den Umständen der Eingemeindung fördert zugleich Besonderheiten von Altkloster zutage. Auf dessen Boden sind spannende Kapitel der Stadtentwicklung verortet.
Erster aktenkundiger Umweltskandal
Die Historikerin lebt in Altkloster und hat zum Beispiel die Geschichte der hier einst ansässigen Winterschen Papierfabrik als bedeutendes Beispiel für die industrielle Revolution aufgearbeitet. Ein Feuer sorgte für die zwischenzeitliche Schließung, verbunden mit einer hohen Arbeitslosigkeit in der Gemeinde. Das Unternehmen steht außerdem für den ersten aktenkundigen Umweltskandal im Zuge der Industrialisierung der Stadt.

Die alte Papiermühle in Altkloster im Jahr 1821 - vor dem Umbau zur Fabrik in den Jahren ab 1840. Foto: Stadtarchiv Buxtehude
Antje Ghoshs Arbeit gibt auch Aufschluss zu einer früheren Auseinandersetzung zwischen Buxtehude und Altkloster über die Rechte zum Sandabbau. Für seine bauliche Erweiterung im Moor brauchte Buxtehude den Sand von der Geest. Die umstrittene Sandkuhle lag auf dem Gebiet des heutigen Jahnstadions und diente vor ihrem Nutzen als Sportstätte zunächst als Pferderennbahn. Hinweis auf die damalige Attraktion für Betuchtere gibt der heutige Straßenname „An der Rennbahn“.
Villen zeugen von Altklosters Erholungswert
Klar wird zudem, warum der Standort für den 1962 eingeweihten Krankenhausbau auf dem Bullenberg nicht von ungefähr kam. Diese Idee war bereits im Zuge der Eingemeindungsbemühungen Thema. Wegen des gesunden Klimas war Altkloster bekannt für seinen Erholungswert und die schöne Luft.
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Mit der Eröffnung der Niederelbebahn 1881 wurde der zugehörige Wald für Hamburger zum beliebten Ausflugsziel mit Gasthäusern wie Hoheluft (heute Begegnungsstätte) und Kurhotel Waldburg an der Stader Straße (heute steht hier das gleichnamige Seniorenheim) und dem auf vielen Postkartenmotiven zu findenden Waldschloss an der Hauptstraße.

Früher Gasthaus, heute Begegnungsstätte: die Hoheluft an der Stader Straße. Foto: Weselmann
Die erhaltenen Altbau-Villen an der Stader Straße - einst gerne Pension oder Zuhause für wohlhabende Buxtehuder und Hamburger - sind Zeugnis dieser Zeit. Im Zuge eines Sanierungsprogramms in den 1990er Jahre und der aktuellen Nachverdichtung sind viele der früher ortsbildprägenden und geschichtsträchtigen Gebäude inzwischen verschwunden. Öffentliche Hinweise auf die vielschichtige Bedeutung Altklosters gibt es bis auf eine Tafel an der Stelle des alten Klosterhofs in der Klosterstraße kaum. „Das müsste im Ort viel deutlicher sichtbar gemacht werden“, sagt Antje Ghosh. Ihr fehlt zum Beispiel ein Hinweis auf die Papierfabrik.
Durch den enormen Zuzug nach dem Zweiten Weltkrieg boomte die Besiedelung im Süden der Stadt. Altkloster wurde abermals zur wegweisenden Keimzelle. Aus dem als Nebenpredigtstelle der St.-Petri-Kirche gedachten Gemeindehaus am Schafmarkt heraus entstand 1964 die Schwestergemeinde St. Paulus. Geteilt werden die Kirchengemeinden durch die Bahnlinie, wo schon früher die Grenze zwischen Buxtehude und Altkloster lag.
Möglichkeiten des Zusammenkommens sind in Gefahr
Altkloster hat sich bis heute ein eigenes Identitätsgefühl bewahrt. Darin gründet eine weitere Besonderheit, die allerdings gerade Gefahr läuft, verloren zu gehen - und damit vieles, was Altkloster lebendig hält. Als die Stadt Buxtehude dem alljährlichen Flohmarkt rund um den Schafmarkt aufgrund von Personalmangel eine Absage erteilte, brachte das engagierte Bürger auf den Plan. Die wollten das Ende der Traditionsveranstaltung nicht einfach hinnehmen. Aus einem breiten Bündnis von Vertretern in Altkloster ansässiger Vereine wurde daraufhin der Bürgerverein Altkloster gegründet.
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Der hat sich seit seiner Gründung nicht nur dem Flohmarkt angenommen, sondern weitere Veranstaltungen und Aktionen auf den Weg gebracht - immer mit dem Ziel, den Stadtteil lebendig und lebenswert zu halten. Wirtschaftliche oder politische Interessen verfolgt er bewusst nicht. Aufstellen des Maibaums, Tag der Vereine in Altkloster, Laternenumzug, adventlicher Nachmittag, Weihnachtsbaumaktion - im Vordergrund aller Ideen steht der Gedanke des Zusammenkommens.
Vorstand des Bürgervereins braucht Unterstützung
Dieser Gedanke der Verbundenheit trägt den Bürgerverein, der bemerkenswerte 270 Mitglieder zählt. „Und dieses Miteinander und Zugehörigkeitsgefühl macht für mich Altkloster aus“, sagt Vorstandsmitglied Dietmar Thoden. Stadt, Politik und treue Sponsoren stützen das Engagement, und die Events werden im Stadtteil gerne angenommen. Mit deren Vor- und Nachbereitung steht der Vorstand allerdings relativ allein da. „Es ist immer rappelvoll und kommt gut an, aber wir brauchen mehr Leute, die sich verbindlich mit uns engagieren wollen“, sagt Vereinsvorsitzende Nina Freudenthal. Als positives Beispiel nennt sie die Crew, die sich der Weihnachtsbaum-Aktion angenommen hat.
Die Vorstandsaufgaben liegen seit Jahren in denselben Händen. „Wenn wir es nicht machen, ist da sonst keiner“, sagt Thoden. Er möchte seine Arbeit als 2. Vorsitzender weiterführen. Damit ist der Fortbestand des Vereins zunächst gesichert. Die nächste Mitgliederversammlung am morgigen Sonnabend, 9. März, um 15 Uhr im Schützenheim wird trotzdem mitentscheidend sein.
Nina Freudenthal macht klar: „Mein Herz hängt daran und ich will auch weitermachen. Aber dafür muss sich etwas ändern.“ Sie nimmt die Versammlung und das kommende Jahr, bis zur Neuwahl ihres Postens, als Gradmesser - ob das Engagement des Bürgervereins so noch gewollt sei von den Altklosteranern und ob andere künftig mit anpacken und gestalten. Wenn keine weiteren Aktiven mit neuen Impulsen hinzukommen, dann wird dieses Jahr wahrscheinlich das letzte sein.

Das von Wald und grün geprägte Altkloster war für seine schöne Luft bekannt und ein beliebter Ausflugs- und Wohnort: Die um 1900 erbauten Villen an der Stader Straße sind Zeugnis dieser Zeit. Foto: Weselmann