Zähl Pixel
Chronik

TAuf den Spuren der Vergangenheit: Spannende Geschichten aus 800 Jahren Issendorf

Die Issendorfer Schmiede um 1924. Anbauerstelle mit der Schmiedewerkstatt links im Bild. Abgebildet ist die Familie Meyer, rechts der letzte Issendorfer Schmied Johann Meyer.

Die Issendorfer Schmiede um 1924. Anbauerstelle mit der Schmiedewerkstatt links im Bild. Abgebildet ist die Familie Meyer, rechts der letzte Issendorfer Schmied Johann Meyer. Foto: Sammlung Familie Kröger

800 Jahre Dorfgeschichte auf mehr als 600 Seiten. Etliche Issendorfer sind gespannt auf die umfangreiche Dorf-Chronik. Warum die Buch-Erscheinung auf sich warten lässt und welche Überraschungen die Spurensuche dem Autorenteam bescherte.

Von Susanne Laudien Samstag, 23.12.2023, 12:50 Uhr

Issendorf. 800 Jahre Issendorf - höchste Zeit für eine Chronik, fanden etliche Bewohner in dem 450-Seelen-Dorf, die anlässlich des großen Orts-Jubiläums 2019 etwas ganz Besonderes auf die Beine stellen wollten. Doch die spontane Idee entpuppte sich bei der Umsetzung zu einer spannenden, aber auch längeren Reise in die Vergangenheit.

Immer aufwendiger und zeitintensiver wurde das geplante Buch-Projekt. Viele Issendorfer können es inzwischen kaum abwarten, die Chronik endlich in ihren Händen zu halten. Einige bestellten das Buch sogar schon vor der Fertigstellung. Doch zum geplanten Erscheinungstermin 2020 mussten die Autoren des Arbeitskreises die wartenden Dorfbewohner vertrösten. Die unfertige Chronik umfasste da bereits über 200 Seiten.

Der große Dorfstein von Issendorf erinnert an den Ursprung als Ezelendorp.

Der große Dorfstein von Issendorf erinnert an den Ursprung als Ezelendorp. Foto: Daniela Viets-Peters

„Wir stießen auf immer mehr spannende Geschichten, die in Archiven und bei vielen Gesprächen mit Zeitzeugen und Nachkommen auf den Höfen in Issendorf ans Tageslicht kamen und unbedingt Erwähnung finden mussten“, sagt Edda Eckhoff, Vorsitzende vom TTC Issendorf. Sie stieß in ihren Recherchen über Issendorf, das als klassisches Bauerndorf Ezelendorp vor 800 Jahren erstmals Erwähnung fand, auf erstaunliche Dokumente, die unter anderem auch die Verwechslung der Orte Issendorf und Eckel im Landkreis Harburg belegen. Bei der damaligen Form Egelendorf soll es sich um eine Falschschreibung für Ezelendorp (Issendorf) gehandelt haben, da das kleine g und das kleine z im 16.und 17. Jahrhundert sehr ähnlich geschrieben wurden, heißt es in dem Buch „Die Ministerialen der Grafschaft Stade im Jahre 1219 und ihre Familien“ von Artur Conrad Förste von 1975. Selbst für Historiker war die Geburtsstunde von Eckel unklar. „Dennoch feierten die Eckeler zur gleichen Zeit 800-jähriges Jubiläum wie wir in Issendorf“, sagt Eckhoff.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es 33 Höfe in Issendorf, heute sind es noch fünf

Die Issendorfer Fotografin Sabine Kröger gehört ebenfalls zur Arbeitsgruppe und auch sie investiert nach wie vor viel Zeit in die Recherchen, insbesondere zu den Höfen und dessen Familien. Zu alteingesessenen Familien wie Ropers, Fitschen, Dammann, Viets und anderen betrieb sie Ahnenforschung und beleuchtete spannende Zusammenhänge.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es 33 Höfe in Issendorf, zu denen auch die Schule und die alte Schmiede zählten - inzwischen sind es nur noch fünf. „Wir wollen ein lebendiges Buch über Issendorf herausbringen, das auch den nächsten Generationen Einblicke in die Dorf-Historie bietet“, sagt Michael Järnecke, der für Redaktion, Lektorat und Buchgestaltung zuständig ist. Das Wissen über die Vergangenheit gehe sonst verloren. Zudem soll die Chronik auch Lücken schließen, da manches bereits in Vergessenheit geraten sei, etwa durch den Verlust der Schulchronik, die nach Schließung der alten Dorfschule nicht mehr auffindbar war.

Sie haben sich Großes vorgenommen (von links): Michael Järnecke, Daniela Viets-Peters, Friedrich Dammann, Frank Kröger, Edda Eckhoff und Sabine Kröger.

Sie haben sich Großes vorgenommen (von links): Michael Järnecke, Daniela Viets-Peters, Friedrich Dammann, Frank Kröger, Edda Eckhoff und Sabine Kröger. Foto: Susanne Laudien

Harsefelds Ex-Bürgermeister Friedrich Dammann ist ebenfalls in dem umfangreichen Buchprojekt involviert. In Archiven hat er Akteneinsicht genommen und alte Schriftstücke gesichtet, die teils noch in der alten Schrift Sütterlin geschrieben waren, die von Nazis erst als deutsche Schrift gefeiert und dann von ihnen verboten wurde.

Durch seine Übersetzungen der Schriftstücke brachte Dammann überraschendes Material von 1800 bis 1972 mit der Samtgemeindebildung sowie auch zu Schulen und Lehrern in Issendorf zu Tage. Dammann ist die vierte Generation einer Bürgermeister-Familie und hat zusätzlich über seinen Großvater Spannendes über Issendorf erfahren. Aber auch die Kirchenbücher geben interessante Hinweise zur Vergangenheit in Issendorf - und unter anderem auch die Erkenntnis, dass Frauen dort lediglich mit Vornamen Erwähnung fanden und ihre Abstammung daher nur schwer recherchierbar ist.

Auch die Frage, welche Rolle die Familien von Issendorf im Ort früher spielte, findet durch einen Beitrag von Manfred Rathjen in der Chronik gebührend Berücksichtigung, da Issendorf früher Stammsitz des Adelsgeschlechts von Issendorff war. Das Geschlecht gehörte dem Bremischen Uradel an, benannt nach dem Stammhaus (ursprünglich Etzelenthorp, dann Issendorf). Mit Hermannus de Etsellendorpe wurde die Familie 1233 und 1236 urkundlich genannt.

Seit Jahren kursiert die Sage einer mysteriösen Burg

Doch die Geschichte des Ortes hat noch viel mehr zu bieten. Denn die Gräber aus der Stein- und Bronzezeit, die Issendorf umgeben, zeigen, dass es früher Siedlungen auf dem heutigen Issendorfer Gebiet gegeben haben muss, sagt Daniela Viets-Peters. Die ältesten Gräber sind fast 5500 Jahre alt. In den Gräbern wurden bereits Schätze wie Urnen oder Schmuck gefunden. Das Großsteingrab Issendorf war eine megalithische Grabanlage der jungsteinzeitlichen Trichterbecherkultur bei Issendorf, das 1741 zerstört wurde.

Der Knaller wären jetzt noch fundierte Erkenntnisse zur alten Issendorfer Burg, die als Sage seit Jahren im Ort kursiert, hofft das Autoren-Team. Archäologen vermuten, dass auf dem „Burgplatz“ in Issendorf einmal eine Burg aus Holz gestanden haben soll. Mündlich soll überliefert worden sein, dass sie nordwestlich zwischen der Gastwirtschaft Ropers und der Weide des Bauern Erich Lemmermann gelegen haben soll. Allerdings existieren keinerlei Überreste. Dennoch sind viele von der Existenz der Burg überzeugt.

Beiträge von Issendorfer Vereinen und Feuerwehr

Etliche Dorfbewohner lieferten Beiträge für das umfangreiche Buchprojekt. Dazu gehören auch die Vorstände der ansässigen Vereine wie Daniela Viets-Peters vom Schützenverein, Joachim Geldner vom Spielmannzug Issendorf 2008 e.V. und Frank Kröger von der freiwilligen Feuerwehr. Die Liste der weiteren Autoren ist lang und reicht von Dietrich Alsdorf, „Auf den Spuren der von Poppenborstel“, bis Antonia Zahn-Weber über „Frauen in Issendorf“. Heiko Kania etwa lieferte Auszüge zu dunklen Kapiteln wie Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene, Flüchtlinge und Vertriebene im Studel des Zweiten Weltkrieges. Aber auch mehrere plattdeutsche Beiträge und viele persönliche Erlebnisse bieten unterhaltsame Erzählungen.

Im Laufe der Spurensuche kam eine spannende Geschichte nach der anderen dazu. Lediglich Corona bremste das Buchprojekt zeitweise komplett aus - und sorgte für Verzögerung im Zeitplan. Inzwischen ist das Werk bereits auf 600 Seiten gewachsen. Dirk Behrens, Grafiker, Historiker und Lehrer, unterstützt derzeit den Arbeitskreis bei der Fertigstellung der umfangreichen Chronik.

Die Akteure würden sich über weitere Helfer in dieser Phase der Buchgestaltung, etwa beim Korrekturlesen und ähnlichen Tätigkeiten sehr freuen. Einen konkreten Erscheinungstermin möchte das Team lieber noch nicht nennen, um die wartenden Dorfbewohner nicht wieder zu enttäuschen. „Es wird aber nicht mehr lange dauern“, versichert Michael Järnecke - und ergänzt: „Je mehr freiwillige Helfer noch zu uns kommen, desto schneller kann die umfangreiche Chronik fertiggestellt werden.“

Aufnahme von 1941 in der Dorfstraße 7 in Issendorf. Zu sehen ist Familie Viets.

Aufnahme von 1941 in der Dorfstraße 7 in Issendorf. Zu sehen ist Familie Viets. Foto: Sammlung Familie Viets

Weitere Artikel

Worth-Höfe: Einweihungsfeier in Ahlerstedt erst ab Samstag

In der Ausgabe des Mittwochsjournals vom 10. September hat sich ein Fehler eingeschlichen: Die Einweihungsfeier der neu gestalteten Ortsmitte Ahlerstedt findet ausschließlich am Samstag und Sonntag, 13. und 14. September, statt. Nicht wie angegeben bereits am Freitag.